„Flagge zeigen in einer Stadt im Wandel“

Die Wissensarena - Auftaktveranstaltung der Kleine Fächer-Woche an der KU Eichstätt-Ingolstadt
Die Wissensarena - Auftaktveranstaltung der
Kleine Fächer-Woche an der KU Eichstätt-Ingolstadt

Die Katholische Universität Eichstätt suchte während der Kleine Fächer-Wochen gezielt den Kontakt zur Stadtgesellschaft. Mit pfiffigen Aktionen sollten neue Zielgruppen für die Universität begeistert werden.

Am Anfang traute Maria Bartholomäus ihren eigenen Augen nicht, aber dann wurde ihr schnell klar: „Die Leute tanzen – das Konzept funktioniert tatsächlich!“ Ein Januartag war es in Eichstätt, auf dem malerischen Marktplatz blieben viele Passanten neugierig stehen. Eine „Silent Disco“ veranstalteten die Studierenden und Lehrenden aus der Musikpädagogik: Sie verteilten drahtlose Kopfhörer an die Passanten, ein DJ legte aktuelle Dancefloor-Musik auf, die nur für jene hörbar wurde, die sich einen Kopfhörer besorgten – „und die Leute haben tatsächlich mitgemacht. Nicht nur Studierende, sondern Passanten aus allen Altersgruppen“, sagt Maria Bartholomäus.

Für die Kleine Fächer-Wochen an der Katholischen Universität in Eichstätt war diese Aktion kennzeichnend: Die Uni näher an die Stadt zu bringen, das war eines der erklärten Ziele des Planungsteams um die Koordinatorin Maria Bartholomäus. „Andere Zeiten, andere Räume“ war die Kleine Fächer-Woche in Eichstätt überschrieben, und dieses Motto nahmen die Veranstalter sehr wörtlich. „Häufig haben wir bei öffentlichen Veranstaltungen, zu denen die Universität einlädt, das gleiche Publikum“, sagt Bartholomäus – „jetzt wollten wir gezielt auch andere Interessentinnen und Interessenten ansprechen.“

Diese Besonderheit hängt mit einigen Charakteristika sowohl der Universität als auch der Stadt Eichstätt zusammen. Die Stadt selbst ist mit ihren knapp 14.000 Einwohnern eher klein; „lange Zeit hieß es, Eichstätt sei keine Universitätsstadt, sondern eine Stadt mit Universität“, so beschreibt es ein Kenner der örtlichen Situation. Und die Universität selbst ist mit ihrem speziellen Profil für die Kleine Fächer-Wochen wie geschaffen: Von den insgesamt 97 Professuren sind 12 im Bereich der Kleinen Fächer verortet. „Wir haben schnell gemerkt, dass viele dieser Professorinnen und Professoren selbst gar nicht wussten, dass sie ein Kleines Fach vertreten“, sagt Maria Bartholomäus lachend – „allein schon deshalb, weil bei uns mit der besonderen Universitätsstruktur und -größe alle Fächer vor den gleichen Herausforderungen stehen, unabhängig von ihrer Größe."

Und so begaben sich die acht Kleinen Fächer, die sich beteiligten, in die Stadt hinaus. Die Lateinamerikastudien etwa veranstalteten ein Science Café in einem Restaurant mit regionaltypischer Küche. „Von Lateinamerika lernen: Der Umgang mit Populismus“ war der Abend überschrieben, und die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warfen aus ihrer Disziplin heraus einen Blick auf die Parallelen und Unterschiede zu Europa. Die Vertreter der Europäischen Ethnologie wiederum luden in ein örtliches Kino ein, jeder Zuschauer bekam einen Laserpointer. Auf der Leinwand liefen in Zusammenarbeit mit der Uni Göttingen Filme von dortigen Studierenden – und die Zuschauer konnten mit ihren Laserpointern darüber abstimmen, wie die Handlung weitergehen sollte. Oder die Wissensarena, die Veranstaltung gleich zum Auftakt: Hierzu lud die Universität in eine Eichstätter Disco ein, beteiligt waren Vertreter aller teilnehmenden Kleinen Fächer – und Besucher aus der Stadt. Als Kooperationspartner konnte die örtliche Tageszeitung gewonnen werden, die ihre Leser schon in den Wochen vorher auf die Veranstaltung hinwies und dazu aufrief, Fragen an die Vertreter der Kleinen Fächer einzureichen. Die wurden dann in der Disco eingespielt und gleich beantwortet – „da war alles dabei“, sagt Maria Bartholomäus, „manche wollten wissen, was man als Absolvent eines Kleinen Faches später beruflich machen könne, andere fragten etwa die Kunstpädagogen ganz dezidiert, wie man Kunst bewerten könne.“

Der Anspruch der Organisatoren der Kleine Fächer-Woche war es, einen Beitrag zu den grundlegenden Veränderungen zu leisten, die nach der Beobachtung von Beteiligten gerade in der Eichstätter Stadtgesellschaft passieren: Zum einen vernetzten sich derzeit die zahlreichen Vereine stärker, die bislang überwiegend für sich alleine arbeiteten. Und zum anderen werde die Verbindung von der Stadt zur Universität unmittelbarer, der jahrzehntelang eingespielte Dualismus werde durchbrochen. „Ein Beispiel ist das Nachhaltigkeitsnetzwerk, das sich gegründet hat, und an das quer durch die Stadt alle denkbaren Akteure eingebunden sind“, sagt Maria Bartholomäus. Indem die Uni bei Aktionen wie der Kleine Fächer-Woche gezielt eine breite Öffentlichkeit anspricht und ihre vielseitige Expertise präsentiert, so ist die Hoffnung der Eichstätter, lassen sich diese aktuellen Veränderungsprozesse aktiv mitgestalten.

Text von Kilian Kirchgeßner