„Spannende Einblicke statt brotloser Kunst"

Florian Carl Eisenblätter - Alumni der Wirtschafts- und Sozialgeschichte.
Florian Carl Eisenblätter - Alumni der Wirtschafts-
und Sozialgeschichte. © Eisenblätter

Nach seinen Erfahrungen in einem Massenfach entschied sich Florian Carl Eisenblätter für ein Kleines Fach – ein Glücksfall, wie er sagt. Dank dieser Weichenstellung hat er inzwischen seinen Traumjob gefunden. Der zweite Alumnibericht in der Reihe.

Vielleicht liegt es an seinem ersten Studienfach, dass es Florian Carl Eisenblätter in die Wirtschaft gezogen hat und nicht, so wie viele seiner einstigen Kommilitoninnen und Kommilitonen, ins Lehramt oder an die Uni: Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, einem Kleinen Fach, zog es den 31-Jährigen für sein Masterstudium – nachdem er zuvor einen Bachelor in Volkswirtschaftslehre gemacht hatte. „Das hat sich für mich ganz natürlich ergeben“, sagt Eisenblätter heute im Rückblick: „Und dann habe ich festgestellt, dass sich die Themenbereiche wunderbar ergänzen.“

Diese Ergänzungsmöglichkeiten kommen ihm jetzt, nach seinem Berufseinstieg, besonders zu Gute: Florian Carl Eisenblätter baut das Historische Archiv der Firma Mast-Jägermeister in Wolfenbüttel auf – der traditionsreiche Likörhersteller hatte Akten und Unterlagen zur Firmengeschichte bislang zwar aufbewahrt, aber nicht erschlossen. Für Eisenblätter ist diese Aufgabe jetzt zum Traumjob geworden, und das Studium der Wirtschafts- und Sozialgeschichte hat ihm den Weg dorthin geebnet.

Dass es der Zufall war, der ihn zu diesem Fach geführt hat, daraus macht er keinen Hehl: „In der Schule hatte ich Geschichte in der Oberstufe sogar ganz abgewählt“, sagt er schmunzelnd. Während seines VWL-Studiums an der Philipps-Universität Marburg belegte er aus reiner Neugier dann zwei Veranstaltungen aus der Wirtschafts- und Sozialgeschichte im Nebenfach – und war begeistert. „VWL ist eben ein klassisches Massenfach, wo die Professoren in sehr großen Hörsälen ihre Vorlesungen halten. In der Wirtschafts- und Sozialgeschichte habe ich dann eine ganz andere Diskussionskultur kennengelernt, die mir deutlich besser liegt“, erinnert er sich. Kleine Seminare und ein unmittelbarer Kontakt zu den Lehrenden – diese Vorteile der Kleinen Fächer haben ihn gleich begeistert.

„Natürlich kamen am Anfang von Freunden und aus der Familie die Warnungen, dass ich mich da mit einer brotlosen Kunst beschäftigen würde“, sagt Florian Carl Eisenblätter. Er ließ sich aber nicht abschrecken – und merkte, dass die Seminare, die er am Anfang belegte, nahtlos anknüpften an die Inhalte aus der VWL: Um die „Flexibilisierung in deutschen Unternehmen der 1970er und 1980er Jahre“ etwa ging es oder, etwas breiter, um die „Geschichte der Konsumgesellschaft“.

„Und dann bin ich in ein Segment hineingerutscht, von dem ich nicht einmal wusste, dass es das überhaupt gibt“, sagt Florian Carl Eisenblätter mit Blick auf den nächsten Zufall in seiner bisherigen Karriere: Er absolvierte ein mehrmonatiges Praktikum bei Volkswagen – dort arbeitete er in der Historischen Kommunikation im Unternehmensarchiv, wo sowohl die klassische Archivarbeit mit der Verzeichnung von Akten zu seinen Aufgaben gehörte als auch die eigenständige Recherche von historischen Themen. „Mir war gleich klar, dass das ein perfekter Bereich für mich ist“, sagt Eisenblätter. Und er profitierte von einem weiteren Vorteil der Kleinen Fächer: „Die Welt der Wirtschafts- und Sozialgeschichte ist sehr klein, man kennt schnell viele Kollegen“, sagt er. Auf diesem Weg hörte er auch von der Aufgabe bei der Firma Jägermeister, wo er wiederum seine breite fachliche Kompetenz mit der Mischung aus Volkswirtschaft und Geschichte einbringen konnte.

„Für mich als Historiker ist das hier ein Eldorado“, schwärmt er jetzt, nach den ersten vier Jahren im Firmenarchiv, von seiner Arbeit. Das Archiv hat er inzwischen zu großen Teilen aufgebaut, es umfasst 500 laufende Regalmeter – jetzt schließt er die Lücken in der detaillierten Verzeichnung. Arbeit genug für die nächsten Jahre gibt es also auf jeden Fall, und schon heute kann Florian Carl Eisenblätter sehr detaillierte Recherchen angehen. Für ihn als Sportfan tauchen da immer wieder spannende Geschichten auf. „Seit Anfang der 1970er Jahre war Jägermeister als Sponsor im Sport unterwegs“, sagt er – etwa im Motorsport und im Bundesliga-Fußball. Da bekomme er einmalige Einblicke hinter die Kulissen, schwärmt er: „Neulich erst habe ich die Korrespondenz unseres damaligen Firmenchefs Günter Mast mit dem Formel-Eins-Weltmeister Graham Hill gefunden – alles im Original erhalten!“

Text von Kilian Kirchgeßner.

Zur Person:
Florian Carl Eisenblätter ist Alumni des Kleinen Faches Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Heute arbeitet er im historischen Archiv der Firma Mast-Jägermeister.