HRK und dbv begrüßen Referentenentwurf zur Reform des Urheberrechts nachdrücklich

17. Februar 2017

Der aktuell diskutierte Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz zur Reform des Urheberrechts wird von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und dem Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) nachdrücklich begrüßt. Die darin vorgesehenen wissenschaftsfreundlichen Änderungen sind die richtige Antwort auf die zunehmende Digitalisierung von Forschung, Lehre und den Methoden des Lebenslangen Lernens und den sich daraus ergebenden innovative Nutzungsmöglichkeiten und neuen technischen Bedingungen.

Es besteht die ernsthafte Gefahr, dass Deutschland ohne entsprechende Reformen zu Gunsten von Bildung, Forschung, Lehre und Unterricht ins Hintertreffen gerät.
 
HRK und dbv nehmen mit großer Irritation wahr, dass Interessenvertreter des Verlagswesens beim Versuch, diese Gesetzesreform zu blockieren, auch zu falschen und irreführenden Behauptungen greifen.
HRK und dbv nehmen wie folgt zu dem Referentenentwurf Stellung:

1.    Separate Erlaubnisregelungen
HRK und dbv begrüßen die im Referentenentwurf vorgeschlagene Einführung von separaten Erlaubnisregelungen („Schranken“) für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke in Unterricht und Forschung sowie für die Kernaufgaben von Bibliotheken, Archiven und Museen. Damit wird deutlich, dass Wissenschaft, Forschung und Bildung andere Ansprüche an ein funktionierendes Urheberrecht haben als etwa kommerzielle Unternehmen aus der Filmwirtschaft oder der Unterhaltungsindustrie.

2.    Pauschalvergütung
Autorinnen und Autoren wissenschaftlicher Veröffentlichungen sollen für die Nutzung ihrer Werke im Rahmen von Lehre und Forschung fair und angemessen vergütet werden. Die vorgesehene pauschale Vergütung soll über die entsprechenden Verwertungsgemeinschaften erfolgen.

3.    Gesetzliche Erlaubnis vor Einzelverträgen
Der vom Gesetzgeber sorgfältig abgewogene Interessenausgleich zwischen Autorinnen und Autoren und Verlagen einerseits und Wissenschaft, Unterricht und Forschung andererseits darf nicht durch einzelne Verlagsverträge unterlaufen werden können. Ansonsten steht zu befürchten, dass jeder Verlag bestimmte Nutzungsformen unterschiedlich regelt. Zudem wäre der nötige Aufwand, vor jeder geplanten Nutzung die jeweiligen Lizenzbedingungen erfragen und beurteilen zu müssen, ein großes Hindernis für reibungslose Forschung und zeitgemäße Lehrformen. Schließlich stünde zu befürchten, dass viele vertragliche Regelungen für Schulen und Hochschulen ungünstig wären und damit zusätzliche Kosten für die öffentlichen Haushalte entstünden.

4.    Text und Data Mining
Verfahren des Text- und Data Mining für bereits erworbene Materialien (Lizenzierungen) müssen erlaubt sein.  Die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür sind zu regeln. Es muss möglich sein, Daten aus von Verlagen erworbenen Datenbanken unterschiedlicher Inhalte auch für Massenanalysen zu verwenden. Gerade für neue Forschungsformen wie etwa die Lebenswissenschaften oder Digital Humanities ist dies von entscheidender Bedeutung.

HRK und dbv unterstützen im Interesse ihrer Millionen Nutzerinnen und Nutzer diese wichtige und ausgewogene Reform. Ein Scheitern aufgrund von Partikularinteressen hätte große Behinderungen und Einschränkungen für die effiziente sowie innovative Lehre und Forschung auch bei Studium und Lebenslangem Lernen zur Folge. Die Reform ist auch notwendig, um die gesellschaftliche Akzeptanz des Urheberrechts, das vielfach als „Verhinderungsrecht“ gesehen wird, zu verbessern und illegale Nutzungen zu Gunsten aller Beteiligten zu minimieren.

Bund, Länder und Kommunen geben derzeit etwas mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr für die Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Werken im Wissenschaftsbereich aus. Davon werden nur rund 2,5 Prozent, nämlich etwa 26,5 Mio. Euro, über Verwertungsgesellschaften ausgezahlt; die überwältigende Restsumme geht direkt an den herstellenden und verbreitenden Buchhandel. Auch nach einer Umsetzung der Urheberrechtsreform ist nicht zu erwarten, dass die Ausgaben für wissenschaftliche Literatur in den nächsten Jahren sinken werden.