Entscheidung zum EU-Finanzrahmen: Forschungsmittel mit Weitsicht investieren

11. Dezember 2020

Gestern haben die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten einen Kompromiss zur Gestaltung des Rechtsstaatsmechanismus bei der zukünftigen Vergabe von EU-Mitteln gefunden. Somit kann das Verhandlungsergebnis zum nächsten siebenjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union noch rechtzeitig zum kommenden Jahr verabschiedet werden. Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Prof. Dr. Peter-André Alt, kommentierte die Entwicklung heute in Berlin:

„Der Bundesregierung ist für ihre unermüdliche Arbeit zu danken, die schließlich diese Einigung ermöglicht hat. Nun haben die Hochschulen für die zukünftige europäische Kooperation im nächsten Jahr Planungssicherheit. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben sich in den Verhandlungen für einen stärkeren Rechtsstaatsmechanismus eingesetzt und dafür gesorgt, dass die von den Regierungen vorgesehenen Kürzungen der Mittel für Bildung, Studierendenmobilität, Forschung und Innovation um 6,2 Milliarden Euro geringer ausfallen als ursprünglich geplant.

Das Parlament hat mit einer zukunftsorientierteren Mittelverteilung im EU-Haushalt Einiges erreicht. Leider bleibt es trotz der beschlossenen Verbesserungen insgesamt bei erheblichen Kürzungen für das Bildungsprogramm Erasmus+ und das Forschungsrahmenprogramm Horizont Europa. Insbesondere die verlorenen 8,5 Milliarden Euro für Forschung und Innovation aus dem europäischen Wiederaufbaufonds bedeuten einen spürbaren Verlust für die Innovationskraft unseres Kontinents.

Jetzt gilt es sicherzustellen, dass die verbleibenden Mittel möglichst gewinnbringend eingesetzt werden. So sollten die vom Europäischen Parlament zusätzlich verhandelten Erasmus+-Mittel von 2,2 Milliarden Euro insbesondere den Europäischen Hochschulallianzen zugutekommen. Damit können paneuropäische Studienangebote aufgebaut und regionale Innovationssysteme in Europa verknüpft werden.

Entscheidend wichtig für die Zukunftsfähigkeit Europas ist eine starke Grundlagenforschung. In der Vergangenheit wurden erhebliche Mittel des Rahmenprogramms in die marktnahe anwendungsorientierte Forschung umgeschichtet. Pandemie-Bekämpfung, Klimaschutz und neue Technologien wie Künstliche Intelligenz boten und liefern zweifellos gute Gründe, verstärkt Forschung mit dem Ziel konkreter Anwendungen zu unterstützen. Auch die Hochschulen bringen sich hier intensiv ein. Dennoch muss die Grundlagenforschung eine Priorität der EU-Förderung bleiben. Sie bildet das Fundament und schafft einen Wissensvorrat, aus dem überhaupt erst innovative Lösungen entwickelt werden können, um künftige Krisen und Herausforderungen zu bewältigen.

Ohne die in der Grundlagenforschung geleisteten Vorarbeiten sind etwa die aktuellen Herausforderungen wie der Umbau der Energieerzeugung und -nutzung mit dem European Green Deal unerreichbar. Auch die für unsere Wirtschaft so wichtigen Sprunginnovationen basieren auf Erkenntnissen der ergebnisoffenen Grundlagenforschung. Deshalb sollte mit den nun verfügbaren zusätzlichen Mitteln der auf die Grundlagenforschung ausgerichtete Teil des Forschungsrahmenprogramms gestärkt und somit eine zuverlässige wissenschaftliche Basis und Kooperationsfähigkeit in verteilter Exzellenz in Europa sichergestellt werden.“