Zum Regierungsentwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes


Stellungnahme des 183. Plenums vom 10. November 1997


I.


1. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) begrüßt die Einigung von Bund und Ländern auf eine Novellierung des Hochschulrahmengesetzes (HRG).


Die Mehrzahl der vorgeschlagenen Änderungen entspricht wesentlichen Forderungen der Hochschulen, die in Empfehlungen der HRK aus den vergangenen Jahren dokumentiert sind. Dazu gehören insbesondere die an den Leistungen (und Belastungen) der Hochschulen orientierte staatliche Finanzierung, die dazu notwendige regelmäßige Evaluation von Forschung und Lehre, die Einführung eines Leistungspunktsystems für studienbegleitende Prüfungen, die Möglichkeit der Hochschulen, in zulassungsbeschränkten Studiengängen einen Teil der Studienbewerber selbst auszuwählen, die frühzeitige Orientierung der Hochschulen und der Studierenden über den Studienerfolg bis zum Ende des ersten Studienjahres, die Möglichkeit, in strukturierten, aufeinander folgenden Studiengängen Bachelor- und Mastergrade zu verleihen, sowie der weitgehende Verzicht auf Vorgaben für Organisation und Leitung der Hochschulen.


2. Die HRK betont, daß die vorliegende HRG-Novelle nur ein erster Schritt zur notwendigen Weiterentwicklung des Hochschulwesens ist, mit dem allein viele gravierende Probleme der Hochschulen nicht gelöst werden können. Dringend erforderlich sind insbesondere Neuordnungen der individuellen Studienfinanzierung und des Dienstrechts, die in anderen Bundesgesetzen geregelt sind.


Die HRK erwartet, daß die Länder die ihnen durch ein novelliertes HRG eröffnete Handlungsfreiheit im Zuge der Anpassung ihrer Hochschulgesetze an die Hochschulen weitergeben und ihre Regulierungsdichte zurücknehmen. Die HRK erwartet auch, daß die auch zukünftig notwendige hochschul- und länderübergreifende Koordination von Ländern und Bund im Zusammenwirken mit den Hochschulen und ihrer bundesweiten Vertretung erfolgt.


3. Die HRK fordert die Beteiligten auf, das Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des HRG - wie vorgesehen - im März 1998 abzuschließen.


II.


Angesichts der grundsätzlichen Zustimmung der HRK beschränken sich die Änderungsvorschläge auf wenige Einzelpunkte.


Zu § 2:Zu den Hochschulaufgaben gehören auch Dienstleistungen wie insbesondere die Krankenversorgung.


In § 2 Abs. 1 sollte deshalb folgender Satz 3 angefügt werden: "Sie erbringen Dienstleistungen, insbesondere in der Krankenversorgung."


Zu § 5:Der Novellierungsvorschlag zu § 5 wird den Aufgaben der Hochschulen nach § 2 und den sich aus den §§ 29 ff HRG ergebenden Belastungen nicht gerecht. Die HRK schlägt deshalb folgende Fassung für § 5 vor: "Die staatliche Finanzierung der Hochschulen orientiert sich an den Belastungen und Leistungen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 2."


Zu § 9:Diese Vorschrift soll auch in Zukunft die Koordination der Studienreform auf Bundesebene regeln. Die wesentliche Änderung besteht in der in Abs. 2 eröffneten Möglichkeit, daß die Länder und die HRK anstelle des Instruments der Rahmenprüfungsordnung andere Verfahren zur Qualitäts- und Mobilitätssicherung vereinbaren können, z.B. die Akkreditierung von Studiengängen und Institutionen (vgl. Begründung zu Nr. 8, Buchstabe b). Auch hiermit wird eine Forderung der HRK aufgegriffen.


Die HRK hält es aber für nicht sachgerecht, daß die Hochschulen auch künftig bei der Behandlung grundsätzlicher und struktureller Fragen des Studienangebots i.S.d. § 9 Abs. 1 - anders als die Berufspraxis - nicht beteiligt werden. Weil die Hochschulen nach der Intention des Gesetzentwurfes mehr Autonomie und Eigenverantwortung erhalten sollen, fordert die HRK, daß die Hochschulen bei der Behandlung grundsätzlicher und struktureller Fragen insbesondere über ihre bundesweite Vertretung beteiligt werden.


Im übrigen ruft die HRK in Erinnerung, daß die Hochschulen an Studienreformmaßnahmen auf Landesebene über die Landesrektorenkonferenzen zu beteiligen sind.


Zu § 11:Die HRK hält die differenzierte Festlegung von Regelstudienzeiten für sachlich gerechtfertigt. Sie weist auf die Notwendigkeit hin, bei der Festsetzung von Regelstudienzeiten nach Satz 2, insbesondere für Studiengänge, die nach Satz 1, Ziff. 2, zu einem Diplom- oder Magistergrad führen, die entsprechend den fachlichen Anforderungen für eine internationale Anerkennung erforderlichen Studienzeiten an Universitäten (z. B. Ingenieur­wissenschaften, Physik, Biologie) zu beachten. Die HRK begrüßt ferner, daß für Studiengänge in besonderen Studienformen, wie z.B. Fernstudium oder Teilzeitstudium, andere Regelstudienzeiten festgesetzt werden können.


Zu §§ 18, 19:Die HRK geht davon aus, daß auch bei der Verleihung von Bachelor- und Master-Graden das Leistungsprofil der jeweiligen Hochschulen in angemessener Weise zum Ausdruck kommt. Hierzu sollten auf der Prüfungsurkunde neben der verleihenden Hochschule die wesentlichen Inhalte des Curriculums und die Studienzeit aufgeführt werden ("diploma supplement").


Die HRK betont außerdem, daß grundsätzliche Voraussetzung für die Einführung solcher Grade ein Akkreditierungssystem ist, das alle entsprechenden Studienprogramme einem Überprüfungsverfahren mit internationaler Referenz unterwirft.


Zu § 32:Die HRK unterstützt grundsätzlich die in Abs.3 Ziff.2 lit.b vorgeschlagene Lösung, wenngleich sie hinter den Vorschlägen der HRK zurückbleibt. Die HRK sieht darin aber einen ersten Schritt, die Mitverantwortung der Hochschulen im Zulassungswesen zu stärken.


Zu § 45:Mit der Befristung von Berufungszusagen wird den Hochschulen die Möglichkeit eröffnet, einerseits Anreizsysteme zu schaffen und andererseits ihr Profil in Forschung und Lehre zu schärfen und Schwerpunkte zu bilden. Deshalb sollte die Befristung für alle Berufungszusagen gelten.


Deshalb schlägt die HRK vor, in § 45 Abs. 5 das Wort "grundsätzlich" zu streichen und zu formulieren: "Zusagen über die personelle und sächliche Ausstattung für Forschung und Lehre im Rahmen von Berufungs- und Bleibeverhandlungen sind nach näherer Maßgabe des Landesrechts zu befristen."


Zu §§ 58, 59:In der Vergangenheit hat sich gezeigt, daß die rechtliche Definition der Hochschule als "Körperschaft des öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtung" mit der für staatliche Einrichtungen (Anstalten) weitreichenden Fachaufsicht die Autonomie der Hochschulen erheblich beeinträchtigt hat. Deshalb schlägt die HRK vor, § 58 Abs. 1 Satz 1 wie folgt zu fassen: "Die Hochschulen sind in der Regel staatlich finanzierte Körperschaften des öffentlichen Rechts".


Die HRK begrüßt, daß in § 58 Abs. 1 Satz 2 auch für Hochschulen in staatlicher Trägerschaft privatrechtliche Organisationsformen eröffnet werden. Deren Einführung sollte von den Ländern zumindest in einzelnen Modellversuchen ermöglicht werden.


Als Folge des Änderungsvorschlages zu § 58 Abs. 1 Satz 1 schlägt die HRK vor, in § 59 den Satz 3 ersatzlos zu streichen.


Zu §§ 61 bis 66Die HRK erwartet von den Ländern, daß sie die entstehenden Spielräume für Organisation und Leitung auf der Zentral- und Fachbereichsebene durch landesrechtliche Optionen zugunsten der Hochschulen nutzen. Zu deren Gestaltung hat die HRK Vorschläge in einer gesonderten Empfehlung unterbreitet.