Zum Promotionsstudium


Entschließung des 179. Plenums vom 9. Juli 1996



Einleitung

A. Ausgangslage

  1. Statistische Daten und 'Promotionskulturen'
  2. Probleme bei der Doktorandenausbildung
  3. Graduiertenkollegs
  4. Internationale Aspekte

B. Empfehlungen

1. Allgemeines

  • Ziel, Zweck und Dauer der Promotion
  • Das Graduiertenkolleg als Modell zur Beseitigung struktureller Defizite

2. Doktorandenstatus und Zentren für Doktorandenstudien

  • Allgemeiner Doktorandenstatus
  • Zentren für Doktorandenstudien

3. Doktorandenstudien

  • Ziel und Zweck von Doktorandenstudien
  • Organisationsform von Doktorandenstudien

4. Weitere hochschulpolitische Maßnahmen:

  • Verantwortung der Universität für die Doktorandenausbildung
  • Anpassung der Promotionsordnungen
  • Internationale Aspekte

Anmerkungen

 


Einleitung


Zur forschungsbezogenen Ausbildung der Doktoranden [1] hat die HRK in ihrem 1992 einstimmig beschlossenen "Konzept zur Entwicklung der Hochschulen in Deutschland" bereits einige Anregungen im Zusammenhang mit Überlegungen zur Studienreform an Universitäten gegeben. Vorrangig ist nach Auffassung der HRK eine Aufteilung und Abstimmung zwischen grundständigem Studium einerseits sowie berufsorientiertem Weiterbildungsstudium oder wissenschaftlichem Aufbau- und Vertiefungsstudium andererseits.


"Wissenschaftliche Vertiefung und Spezialisierung kann in einem das Modell des Graduiertenkollegs aufnehmenden, auf die Promotion gerichteten, an eine besondere Zulassung gebundenen Aufbau- und Vertiefungsstudium erfolgen." [2] Dieser Zielsetzung wird im folgenden Rechnung getragen.


A. Ausgangslage


1. Statistische Daten und 'Promotionskulturen'


Aufgrund unterschiedlicher Zeitpunkte und Verfahren der Erfassung der Doktoranden liegen keine präzisen statistischen Aussagen über die Gesamtzahl der Doktoranden und über die Dauer von Promotionen in deutschen Universitäten vor. Hingegen gibt es zur Anzahl der Doktorprüfungen offizielle Angaben des Statistischen Bundesamtes (vgl. nachstehende Tabelle).


(Hinweis: Aufgrund der Umbruchsituation in den östlichen Bundesländern und der 1992 erstmaligen Erfassung der dortigen Hochschulen in der Prüfungsstatistik ist nicht auszuschließen, daß die Prüfungszahlen dieser Hochschulen nicht vollständig erfaßt sind.)


Bestandene Doktorprüfungen in Deutschland 1992:

InsgesamtInsgesamt ohne HumanmedizinHumanmedizin
alte Bundesländer
20.038 [3]      12.834   7.204
nachrichtlich: Zahlen für 198012.222       6.835   5.387
neue Bundesländer und Berlin-Ost  1.400       1.198     202
Deutschland gesamt21.438      14.032   7.406

Setzt man für die so ermittelten 14.032 in Deutschland im Jahre 1992 bestandenen Promotionen außerhalb der Humanmedizin jeweils im Durchschnitt eine Dauer von vier bis fünf Jahren an (s. u. 'Promotionsdauer'), dürfte 1992 die Gesamtzahl der Doktoranden - ohne Humanmedizin - bei über 60.000 gelegen haben. Hinzu kommt eine unbestimmbare Anzahl Doktoranden, die ein Promotionsvorhaben aus unterschiedlichen Gründen abbrechen.


Die überwiegende Mehrheit aller Doktoranden (nach Einschätzung des Wissenschaftsrates derzeit etwa zwei Drittel [4]) wechselt nach dem Abschluß der Promotion in Tätigkeitsfelder außerhalb der Universität.


In einem Beschäftigungsverhältnis befanden sich 1992 nach Berechnung des Wissenschaftsrates [5] in den Universitäten der alten Bundesländer etwa 41.000 Doktoranden, in denen der neuen Bundesländer etwa 3.000. In den außeruniversitären Forschungseinrichtungen waren insgesamt etwa 4.500 Doktoranden beschäftigt. 1994 wurden etwa 8.500 Doktoranden mit Stipendien gefördert.


Für einen Teil der Doktoranden in Beschäftigungsverhältnissen liefern die Statistiken der von der DFG geförderten Sonderforschungsbereiche zwischen den Fachgebieten korrelierbare Daten zur Promotionsdauer [6]. Demnach betrug zwischen 1988 und 1992 die mittlere Dauer als Medianwert einer Promotion in Ingenieur­wissenschaften 5,3 Jahre, in Geistes- und Sozial­wissenschaften 4,75 Jahre, in Biowissenschaften 4,2 Jahre, in Mathematik/Naturwissenschaften 4,0 Jahre und im Durchschnitt aller Fachgebiete (ohne Medizin) 4,3 Jahre.


Das Durchschnittsalter deutscher Promovierter bei bestandener Prüfung 1991 (in den alten Bundesländern) liegt als Medianwert in Sprach- und Kultur­wissenschaften bei 32,9 Jahren, in Ingenieur­wissenschaften bei 32,6 Jahren, in Rechts-, Wirtschafts- und Sozial­wissenschaften bei 31,4 Jahren und in Mathematik/Naturwissenschaften bei 30,9 Jahren [7].


Die Promotionsintensität (d.h. die Zahl der Promotionen in Prozent der Absolventen universitärer Diplom-, Magister- und Staatsprüfungen, ohne Lehrämter, jeweils vier Jahre zuvor) korrespondiert mit dem Anstieg der Absolventenzahlen und hat sich im Laufe der letzten 15 Jahre fast nicht verändert. Im Durchschnitt (ohne Medizin) promoviert etwa jeder fünfte Absolvent. Für 1992 ergaben sich in ausgewählten Fächern für Deutsche in den alten Bundesländern folgende Werte (in Klammern die bestandenen Promotionen in absoluten Zahlen) [8]:

Sprach- und Kultur­wissenschaften15,0 % (1.661)
darunter:Theologie9,4 % (188)
Germanistik19,9 % (283)
Psychologie9,0 % (177)
Erziehungswissenschaften9,2 % (213)
Rechts-, Wirtschafts- und Sozial­wissenschaften9,7 % (1.908)
darunter:Politik- und Sozial­wissenschaften15,4 % (258)
Rechtswissenschaft11,6 % (948)
Wirtschaftswissenschaft7,6 % (687)
Mathematik, Naturwissenschaften41,7 % (5.384)
darunter:Mathematik20,1 % (245)
Informatik12,0 % (173)
Physik47,0 % (1.006)
Chemie83,5 % (1.998)
Biologie55,9 % (1.335)
Geowissenschaften (ohne -graphie)34,7 % (281)
Agrar-, Forst- und Ernährungs­wissenschaften21,6 % (491)
Ingenieur­wissenschaften15,4 % (1.446)
darunter:Maschinenbau22,8 % (839)
Elektrotechnik14,1 % (371)
Architektur1,8 % (25)
Bauingenieurwesen10,3 % (114)

In Humanmedizin werden Dissertationen meist studienbegleitend erarbeitet. Die Promotionsintensität beträgt auf dasselbe Bezugsjahr 1992 berechnet 64,0 Prozent (6.939); auch dieser Prozentsatz ist über die Jahre fast konstant geblieben (1980: 63,9 Prozent (5.161)).


Den hohen Schwankungen zwischen den einzelnen Fächergruppen und Studienbereichen entsprechen unterschiedliche Promotionsgepflogenheiten. Das Monopol der Universität auf Verleihung des Doktorgrades sowie der Erwerb des Doktorgrades als grundsätzliche Voraussetzung für eine Hochschulleh-rerlaufbahn bedeuten nicht, daß die Promotionsprofile bzw. die Graduiertenförderung der einzelnen Fakultäten und Fächer einheitlich oder unbeeinflußt vom außerhochschulischen Umfeld wären.


Nicht nur die traditionellen Fakultäten Theologie, Jurisprudenz und Medizin haben jeweils unterschiedliche 'Promotionskulturen' herausgebildet, sondern auch die jüngeren Fakultäten oder Disziplinen, wie etwa die Ingenieur- oder Agrarwissenschaften. Bei den Naturwissenschaften nimmt die Chemie mit einer Promotionsintensität von 83,5 Prozent eine Sonderstellung ein, weil die Promotion regelmäßig Eingangsvoraussetzung auch in der Industrie geworden ist.


In allen Fakultäten erwachsen Dissertationsprojekte aus Fragestellungen der Praxis und des Arbeitsmarktes für Promovierte. Eine nicht geringe Zahl von Promotionen entsteht aus Erwägungen, daß die Promotion dem beruflichen Erfolg förderlich ist; in solchen Dissertationen werden vielfach Routineprobleme ohne Anspruch auf nachhaltigen wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt bearbeitet. Dies gilt vor allem für die Dissertationen in der Medizin [9], in der jedoch in den letzten Jahren - nicht zuletzt aufgrund des Anstiegs naturwissenschaftlich ausgerichteter Themenstellungen - zunehmend wissenschaftlich bedeutsame Dissertationen erstellt werden.


Vor allem in Fächern mit besonders hoher oder niedriger Promotionsrate ist in den letzten Jahren die Promotionsintensität verstärkt zum Gegenstand hochschulpolitischer Diskussionen geworden.


2. Probleme bei der Doktorandenausbildung


In der Diskussion über Verbesserungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten in der Doktorandenausbildung werden sehr häufig folgende fachübergreifende und überregional zu beobachtende Probleme genannt:


Es fehlt ein dem Studentenstatus nachfolgender Doktorandenstatus.Soweit Landeshochschulgesetze Regelungen treffen, werden Doktoranden entweder als Studierende eingeschrieben oder als wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt. Der hochschulrechtliche Status eines Doktoranden ist weder in den Hochschulgesetzen noch in den Grund- und Immatrikulationsordnungen der Universitäten vorgesehen.Vielfach ist deswegen der Beginn des Promotionsvorhabens unklar; Themenvergabe und Betreuungsverpflichtung sind unzureichend abgesprochen.Hierin liegen wesentliche Ursachen für überlange, ggf. auch scheiternde Promotionsvorhaben.


Die Erstellung der Dissertation erfordert eine thematische Spezialisierung zur exemplarischen Bewältigung einer Forschungsaufgabe mit der Gefahr, daß Doktoranden überspezialisiert werden.Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sie bei unzureichender Betreuung in einem größeren Forschungsprojekt eine spezielle, thematisch randständige Teilaufgabe zur Bearbeitung übertragen bekommen.


In weniger drittmittelintensiven Fächern, vor allem in den Kultur­wissenschaften, arbeiten die Doktoranden vielfach isoliert bei unzureichender Betreuung. Der wissenschaftliche Meinungsaustausch ist (dadurch) unterentwickelt. Dies kann dazu führen, daß die Themenstellung verfehlt, unangemessene Forschungsmethoden gewählt, der erreichte Arbeitsstand nicht richtig eingeschätzt und Ergebnisse im ersten Anlauf nicht professionell dargestellt werden.


Klassische Formen der Betreuung wie Doktorandenkolloquien und Oberseminare reichen häufig nicht aus, weil diese in der Summe zu selten, zu unverbindlich oder zu unstrukturiert angeboten werden und weil sie nur unzureichend die fachübergreifende, interdisziplinäre Bearbeitung größerer Themenbereiche fördern. Da die Betreuung eines Doktoranden durch mehrere Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fächern eher selten ist, kommen der Vermittlung einer breiten Methodenkenntnis sowie einer vertieften fachübergreifenden Orientierung (die im Hinblick auf den Arbeitsmarkt und eine spätere wissenschaftliche Tätigkeit von besonderer Bedeutung ist) zu geringe Bedeutung zu. Dies ist einer der Gründe für die nachlassende Attraktivität deutscher Hochschulen für die postgraduale Ausbildung ausländischer Studierender.


Der Umfang der von Doktoranden zu erbringenden Dienstleistungen ist oft übermäßig hoch, verursacht durch die - nach Fächern unterschiedlich - unzureichende Personalausstattung der Universitäten. Während die Einbeziehung des Doktoranden in einen größeren Projektzusammenhang und ein größeres Team hilft, das Qualifizierungsprofil in Ergänzung zur Dissertation abzurunden, werden Doktoranden doch vielfach auch mit qualifizierungsfremden Dienstleistungen belastet, wodurch die Promotionsdauer verlängert wird, ohne die Einsatzmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern [10].


Je weniger Berufs- und Karrierechancen der Arbeitsmarkt eröffnet, desto größer ist die Tendenz der Doktoranden, die Laufzeiten von Stellen und Stipendien zu akkumulieren, um somit Einkünfte zu sichern. Dies führt vielfach zu sehr umfangreichen Dissertationen. Mit zunehmender Promotionsdauer allerdings sinken die Chancen auf dem Arbeitsmarkt [11].


Das Promotionsabschlußalter ist mit über 30 Jahren im internationalen Vergleich hoch. Die aus den genannten Gründen regelmäßig überlangen Promotionsdauern sind hierfür jedoch nur eine unter vielen Ursachen. In diesem Zusammenhang sind das in Deutschland relativ hohe Einschulungsalter, das 13. Schuljahr, überlange Studienzeiten bis zum ersten Studienabschluß sowie der Abschluß einer Berufsausbildung im dualen System bei rund einem Viertel aller Studienanfänger an Universitäten zu nennen.


3. Graduiertenkollegs


Um diese Probleme zumindest in Teilbereichen zu lösen, haben die Universitäten in den letzten Jahren vor allem das Förderinstrument 'Graduiertenkolleg' eingesetzt [12].


Nach den Förderbestimmungen der DFG sind Graduiertenkollegs langfristige, aber nicht auf Dauer angelegte Einrichtungen der Hochschulen zur Förderung des graduierten wissenschaftlichen Nachwuchses (Doktoranden) durch Beteiligung an der Forschung. Doktoranden sollen in Graduiertenkollegs die Gelegenheit finden, im Rahmen eines systematisch angelegten Studienprogramms ihre Promotion vorzubereiten und an ihrer Dissertation in einem umfassenden Forschungszusammenhang zu arbeiten, wobei eine interdisziplinäre Ausrichtung des gemeinsamen Forschungs- und Studienprogramms erwünscht ist.


Die Kollegiaten bearbeiten ihre individuellen Dissertationen, die von einem oder mehreren der an einem Graduiertenkolleg beteiligten Hochschullehrer betreut werden. Sie besuchen außerdem jeweils festgelegte und von den Hochschullehrern gemeinsam getragene und durch Gastwissenschaftler ergänzte Lehrveranstaltungen. Diese umfassen neben spezifischen Lehrveranstaltungen auch Praktika, Austauschaufenthalte in auswärtigen Instituten oder Labors sowie kleinere, z. T. von den Kollegiaten selbst organisierte Workshops.


Die Ausbildungsprogramme der einzelnen Graduiertenkollegs wirken sich positiv auf den Fortgang der Dissertation aus:

  • In der Anfangsphase der Promotion gelingt die wissenschaftliche Orientierung schneller.

  • Über den wissenschaftlichen Stellenwert der erreichten Resultate herrscht größere Sicherheit, weil die Kollegiaten sie nicht nur mit ihren Betreuern, sondern auch untereinander, meist in speziellen Veranstaltungen, diskutieren; die Kollegiaten lernen somit frühzeitig, ihre Arbeiten der Kritik auszusetzen und konstruktive Anregungen für die Arbeit anderer zu geben.

  • Die größere fachliche Sicherheit führt zu einer präziseren und zügigeren Darlegung der erzielten Ergebnisse und zu einer verkürzten Vorbereitungszeit auf die mündliche Prüfung.

  • Die DFG hat festgestellt, daß sich die Studienprogramme in Graduiertenkollegs aufgrund der unterschiedlichen Fachkulturen erheblich unterscheiden, daß sich jedoch hinsichtlich der Kriterien 'Zeitstruktur', 'Veranstaltungsstatus' und 'Veranstaltungsart' das Fazit ziehen läßt, "daß sich die Einteilung des Studienprogramms in eine Eingangs-, eine Haupt- und eine Endphase - entweder zeitlich für alle Beteiligten festgelegt oder aber in Form eines individuellen Baukastensystems - als sehr erfolgreich herausgestellt hat.

    Innerhalb der einzelnen Phasen findet eine Kombination von Pflicht-, Wahlpflicht- und Wahlveranstaltungen statt, wobei von einer verbindlichen Semesterwochenstundenzahl von durchschnittlich vier bis sechs Stunden auszugehen ist. Von zentraler Bedeutung ist die Durchführung einer durchgehenden, obligatorischen, im Wochen- oder 14-Tage-Rhythmus stattfindenden Veranstaltung, um dem Diskussionszusammenhang Kontinuität zu verleihen und eine regelmäßige Betreuung zu gewährleisten.

    Darüber hinaus werden je nach Fachbereich die unterschiedlichsten Veranstaltungsarten eingesetzt, sehr häufig Ringvorlesungen, Seminare und Praktika. Die Durchführung von Blockveranstaltungen aller Art (von der internen Klausursitzung des Kollegs bis zum international ausgerichteten Symposium) wird von den Kollegs aufgrund der auch durch die gemeinsame Vor- und Nachbereitung entstehenden starken Konzentrationswirkung immer mehr präferiert. Die Kollegiaten sind intensiv an der Planung und Durchführung der Studien- und Gastwissenschaftlerprogramme beteiligt, einige Programmelemente gestalten sie häufig in eigener Selbständigkeit." [13]

Die in Graduiertenkollegs ausgebildeten Doktoranden verfügen in aller Regel über die von ihnen erwarteten Fähigkeiten und Kompetenzen; sie zeichnen sich tendenziell aus

  • durch eine (vor allem methodisch) breitere Orientierung und eine Affinität zu interdisziplinärem Arbeiten;

  • durch eine ausgeprägtere Fähigkeit zu Teamwork und Eigeninitiative;

  • durch große kommunikative Kompetenz und ein produktives Verhältnis zu einem kompetitiven Umfeld;

  • durch überdurchschnittliche wissenschaftliche Leistungen im eigenen Fachgebiet;

  • durch eine mit Blick auf die gegebenen Rahmenbedingungen, bewältigten Studieninhalte und erworbenen Kompetenzen akzeptable (aber verkürzungsfähige) Promotionsdauer von durchschnittlich 3,9 Jahren;

  • durch eine besondere Aufgeschlossenheit gegenüber einer Tätigkeit im Ausland.

Die HRK hat vielfach die große Bedeutung des Förderinstruments 'Graduiertenkolleg' für die Nachwuchsförderung wie auch für die Forschungsförderung in den Hochschulen betont und bereits in ihrer Plenarstellungnahme "Zu neuen Organisationsformen bei der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses" [14] von 1992 die Möglichkeiten dieses Förderinstruments zur Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit in der Dokto-randenausbildung unterstrichen [15].


4. Internationale Aspekte


Die Doktorandenausbildung wird weltweit zunehmend unter internationaler Perspektive organisiert. Dabei nimmt das in den USA bestehende System der 'graduate education' (das in bezug auf das wissenschaftliche Niveau allerdings sehr unterschiedlich ausgestaltet ist) eine gewisse Modellfunktion ein [16]. Eines der Ziele der Bemühungen um Verbesserung der Doktorandenausbildung in den letzten Jahren ist die Förderung der internationalen Mobilität der Doktoranden, um einerseits das Qualifikationsprofil des eigenen wissenschaftlichen Nachwuchses zu erweitern und andererseits selbst international attraktive wissenschaftliche Schwerpunkte auf- oder auszubauen und international bekannt zu machen [17].


Die HRK betont in diesem Zusammenhang, daß die Doktorandenausbildung in Deutschland auch in Graduiertenkollegs auf dem Diplom- oder Magistergrad, bei Studierenden mit ausländischem Studienabschluß auf dem B.A.-, M.A.- oder M.Sc.-Grad oder anderen äquivalenten Graden mit entsprechenden Aufbau-/Doktorandenstudien aufbaut. Zur näheren Ausgestaltung der Doktorandenausbildung ausländischer Studierender in Deutschland verabschiedet die HRK zeitgleich die Entschließung "Attraktivität durch internationale Kompatibilität - Zulassung ausländischer Studierender insbesondere zu Graduierten- und Promotionsstudien in Deutschland", um die Kompatibilität der deutschen mit ausländischen Studienstrukturen zu verbessern.


Die Wissenschaftsminister der EU-Mitgliedsstaaten Belgien, Dänemark, Frankreich, Niederlande und Deutschland verständigten sich im November 1992 in der "Gemeinsamen Erklärung über die Ausbildung von Wissenschaftlern", daß sie sich unbeschadet der innerstaatlichen Kompetenzverteilung bemühen werden, "die Voraussetzungen für eine größere Transparenz und eine Annäherung der bestehenden Systeme der Ausbildung von Wissenschaftlern zu verbessern, und zwar unter besonderer Berücksichtigung der Dauer der Ausbildung und der Qualität der Doktorarbeiten".


Seit dem Treffen der Forschungs- und Bildungsminister der EU im Juli 1994 werden Doktoranden auch in dem im Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung angesiedelten EU-Mobilitätsprogramm HCM/TMR gezielt gefördert. Im Rat wie in der Kommission der EU sind seitdem spezifische Bestrebungen fortgesetzt worden, über eine Sachverständigengruppe einschlägige Daten zur Graduiertenausbildung zu erheben, zur Einrichtung europäischer Promotionsnetze beizutragen und konzertiert Methoden für die Evaluierung der Qualität von Promotionsstudien zu fördern [18].


Die Confederation of European Union Rectors' Conferences (deren Mitglied die HRK ist) hat 1991 empfohlen, ein "Europäisches Doktorat" als Zusatzzertifikat zu dem von einer Mitgliedshochschule verliehenen Doktorgrad einzuführen. Im Gebiet der Biotechnologie wird derzeit ein Pilotprogramm für einen "Doctor Europaeus/Europaea" vorbereitet [19]. Im März 1996 hat die Confederation Empfehlungen zur Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern verabschiedet.


Darin wird betont, daß aufgrund der Differenzierung und Spezialisierung in der Forschung und der Kosten für Forschung die Notwendigkeit zur fachlichen Schwerpunktbildung in den Universitäten zunimmt und daß deshalb im Intereresse einer soliden und fachlich breiten Ausbildung der Austausch von Doktoranden in grenzüberschreitenden Netzwerken von Universitäten und Forschungseinrichtungen zu intensivieren ist. Die Confederation hat empfohlen, daß Doktoranden mindestens ein halbes Jahr in einer Universität oder einem Forschungsinstitut im Ausland verbringen sollten. Damit kann nicht nur ein Beitrag zur Verbesserung der Dokto-randenausbildung, sondern auch zu einer besseren Vernetzung der Universitäten und Forschungseinrichtungen in Europa geleistet werden.


In den britischen Hochschulen, die wichtige Partner der deutschen Hochschulen in Forschung und Nachwuchsausbildung sind, ist in den letzten Jahren die Funktion des PhD im Sinne einer Harmonisierung mit dem US-System neu definiert worden, "to mean the achievement of an 'amount of re- search that a competent and reasonably diligent candidate can do in three years'. It is intended to establish the candidate as being capable of independent research, rather than as someone having already contributed extensively to new knowledge ... In keeping with the revised perception of the PhD as training for research, many university departments now provide more or less formal courses, especially during the first year of research, more or less formally assessed, in order to bring the candidate up to the forefront of existing knowledge in his or her chosen field of study, and in the relevant methods of research." [20]


B. Empfehlungen


I. Allgemeines


a. Ziel, Zweck und Dauer der Promotion


Die Promotion dient dem Nachweis der Befähigung zur selbständigen wissenschaftlichen Arbeit durch eine originäre Forschungsleistung. Zur Selbständigkeit gehört auch der Nachweis kommunikativer Kompetenz, um im beruflichen Alltag als Wissenschaftler innerhalb und außerhalb der Hochschulen bestehen zu können.


Kultusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz haben in ihrer Gemeinsamen Erklärung zur Umsetzung der Studienstrukturreform vom August 1993 erklärt: "Berufsfertigkeit für Wissenschaft als Beruf wird in der Universität selbst durch die Promotion, möglichst in einem postgradualen Studium, erworben, indem eine selbständige Forschungsleistung (Dissertation) erbracht werden muß." [21]


In der Dissertation ist ein inhaltlich abgegrenztes Thema mit angemessenen Methoden so zu bearbeiten, daß dabei ein wissenschaftlicher Erkenntniszuwachs entsteht. In ihrer Gesamtheit tragen - wenn auch nach Fächern unterschiedlich - Dissertationen in erheblichem Maße zum wissenschaftlichen Fortschritt bei. Dies wird auch durch das starke Interesse außeruniversitärer Forschungseinrichtungen an Doktoranden belegt. Das Forschungsprofil einer Universität bzw. der Fakultäten/Fachbereiche wird zu einem großen Teil durch die Forschungsleistungen der Doktoranden bestimmt. Das Promotionswesen ist somit Teil des Forschungsbereichs einer Universität.


Die Promotion bestätigt eine individuelle Qualifikation. Das Promotionsrecht umfaßt daher für die Universität auch die institutionelle Verantwortung, die persönliche wissenschaftliche Qualifizierung der Doktoranden bestmöglich zu gestalten. Dementsprechend ist es Aufgabe der Universitäten, ihrer Fakultäten/Fachbereiche und damit ihrer Professoren, die wissenschaftliche Selbständigkeit der Doktoranden aktiv und unmittelbar zu fördern. Dies bedeutet Vermittlung und Erwerb einer wissenschaftlichen Kompetenz, die der Beschleunigung des wissenschaftlichen Fortschritts und auch der zunehmenden Interaktion zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit angemessen sein muß. Erforderlich ist die Herausbildung einer fortdauernd wirksamen Fähigkeit, schnell wechselnde Themenstellungen und ständig komplexer werdende Fragestellungen fachübergreifend zu definieren und mit adäquater Methodik zu bearbeiten. Die Befähigung der Doktoranden zur selbständigen wissenschaftlichen Arbeit ist daher über die Erstellung der Dissertation hinaus wesentliches Ziel einer Promotion. Die Dissertation als unverzichtbarer Nachweis eigenständiger Forschungsleistung bleibt Kernstück der Promotion.


Auf der Basis des (universitären) Diploms sollte nach Auffassung der HRK für eine Promotion regelmäßig ein Zeitraum von drei Jahren vorgesehen werden [22]. Ausnahmen nach oben wie nach unten sollten aber nach Maßgabe der bearbeiteten Themen und Methoden wie auch der Vorbildung der Doktoranden möglich sein.


b. Das Graduiertenkolleg als Modell zur Beseitigung struktureller Defizite


Die oben beschriebenen Probleme der Doktorandenausbildung,

  • fehlender Doktorandenstatus,
  • unzureichende Betreuung, besonders in fachübergreifender Hinsicht,
  • über die notwendige Spezialisierung in der Dissertation hinausgehende Verengung der Forschungsqualifikation der Doktoranden,
  • Isolation bei der Erarbeitung der Dissertation,
  • Übermaß an z. T. qualifizierungsfremden Dienstleistungen,
  • Akkumulation von Laufzeiten von Stellen und/oder Stipendien

weisen auf strukturelle Schwächen der Doktorandenförderung in Deutschland hin.


Diese Strukturprobleme haben zum Teil schon die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hochschulen in der weltweiten Konkurrenz um Nachwuchswissenschaftler beeinträchtigt, denn höchstqualifizierte in- und ausländische Doktoranden orientieren sich dorthin, wo ihnen die besten Rahmenbedingungen geboten werden. Dieser Trend verstärkt sich durch eine mangelnde Kompatibilität der deutschen Doktorandenausbildung mit dem (weltweit zum Maßstab genommenen) angelsächsischen System der 'graduate education' und 'graduate schools'.


Um die genannten Probleme in der Doktorandenausbildung abzubauen, 'training for research' als einen Leitgedanken der Doktorandenförderung zu stärken und die Doktorandenausbildung in Deutschland international wettbewerbsfähig zu erhalten, können die positiven Erfahrungen mit dem Förderinstrument "Graduiertenkolleg" als Ansatzpunkt für Verbesserungsmaßnahmen dienen.


Die hohe und bestehende Finanzierungsmöglichkeiten weit übersteigende Nachfrage der Universitäten nach Einrichtung von Graduiertenkollegs zeigt, daß entsprechende Initiativen primär nicht auf die (gemessen am Gesamthaushalt einer Hochschule geringe) finanzielle Förderung, sondern auf strukturelle Vorteile abzielen, nämlich auf die mit diesem Förderinstrument verbundene profilbildende Schwerpunktsetzung in Forschung und Lehre sowie auf die damit einhergehende konzentrierte Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses.


Zielführend sind die mit den Graduiertenkollegs in den Universitäten bereits eingeführten strukturellen Maßnahmen wie

  • besondere Auswahl der Doktoranden und Aufnahme als Kollegiaten durch mehrere Hochschullehrer,
  • strukturierte Lehrangebote und
  • intensive Betreuung der Doktoranden durch mehrere Hochschullehrer.

2. Doktorandenstatus und Zentren für Doktorandenstudien


a. Allgemeiner Doktorandenstatus


Um die Betreuung aller Doktoranden sicherzustellen (und auch um alle Doktoranden statistisch zu erfassen), empfiehlt die HRK, einen förmlichen Doktorandenstatus für alle Doktoranden einzuführen [23].


Der Doktorandenstatus sichert die Mitgliedschaft aller Doktoranden in der Hochschule, gewährleistet ihren Zugang zu Einrichtungen der Hochschule und räumt Unsicherheiten in Haftungsfragen aus. Damit wird auch die institutionelle Verantwortung der Universität für die Doktorandenausbildung dokumentiert.


Auch wenn im Interesse des wissenschaftlichen Fortschritts und der Zusammenarbeit zwischen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen eine Dissertation extern und von der Hochschule weitgehend unbetreut erarbeitet wird, sollte keine Ausnahme vom Doktorandenstatus und von der Verantwortung von Fakultät und Universität als Institution für die Verleihung des Doktorgrades gemacht werden.


Deshalb ist die Annahme als Doktorand mit der Feststellung der formalen Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen zur Promotion von der späteren Zulassung zur Promotion bei Vorlage der Dissertation zu trennen und in einem transparenten Verfahren durchzuführen. Die Promotionsordnungen sollten deshalb vorsehen, daß das Gesuch um Annahme als Doktorand bereits vor Beginn der Arbeit an der Dissertation an einen für das betreffende Fach zuständigen Auswahlausschuß zu richten ist [24]. Der Auswahlausschuß sollte über eine Annahme als Doktorand positiv nur entscheiden, wenn die in der Promotionsordnung festgelegten formalen Voraussetzungen erfüllt sind und ein Hochschullehrer die Betreuung der Arbeit unter Angabe des vorläufigen Arbeitstitels bestätigt hat.


Zwei Jahre nach der Annahme sollte der Doktorand im Benehmen mit seinem Betreuer dem fachlich zuständigen Auswahlausschuß über den Stand der Dissertation berichten. Über Verlängerungen des Doktorandenstatus sollten vor Ort jeweils geeignete Verfahren entwickelt werden.


b. Zentren für Doktorandenstudien


Um unter internationaler Ausrichtung die forschungsbezogene Ausbildung ("training for research") derjenigen Nachwuchswissenschaftler, die Wissenschaft und Forschung ins Zentrum ihrer beruflichen Lebensplanung stellen, nachhaltig zu fördern, empfiehlt die HRK, in Anlehnung an das Modell 'Graduiertenkolleg' in den Universitäten 'Zentren für Doktorandenstudien' ('Doktorandenkollegs') einzuführen. Dies sollte in autonomer Verantwortung der einzelnen Universitäten im Sinne einer Ergänzung und im Wettbewerb mit den bestehenden Formen der Doktorandenausbildung und -betreuung (Oberseminar, "Doktorvater") geschehen.


Zentren für Doktorandenstudien sollen die strukturellen Vorteile von Graduiertenkollegs - ggf. auch von 'graduate schools' nach angelsächsischem Vorbild - auf weitere Bereiche der Universitäten ausdehnen. Sie sollen aktive Nachwuchsförderung und Forschungsförderung miteinander verbinden und das Profil der sie tragenden Forschungsschwerpunkte stärken und öffentlich machen. Sie sollten bei der hochschulinternen Mittelverteilung besonders berücksichtigt werden (vgl. unten 4. a).


Je nach Größe, Anzahl und Art der Forschungsschwerpunkte bestimmter Fakultäten können mehrere Zentren innerhalb einer Fakultät oder kann ein Zentrum über mehrere Fakultäten (ggf. verschiedener Universitäten) organisiert sein. Die spezifische Organisationsform ist den anderen profilbildenden Maßnahmen der jeweiligen Universitäten anzupassen. Empfehlenswert sind die Vertretung des Zentrums nach außen und das Management des Zentrums nach innen durch einen von den Professoren auf Zeit gewählten und mit festgelegten Vollmachten ausgestatteten Sprecher. Insoweit dieser auch Verwaltungsarbeit übernimmt, sollte er möglichst in bezug auf andere Aufgaben, z. B. Lehrverpflichtung, angemessen entlastet werden.


Der Sprecher des Zentrums berichtet regelmäßig den Dekanen der beteiligten Fakultäten/Fachbereiche, dem Prorektor/Vizepräsidenten und/oder der Senatskommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs. Die Senatskommission bereitet Empfehlungen zur Fortsetzung bzw. Beendigung von Zentren an den Akademischen Senat vor, der darüber abschließend entscheidet.


Für die Einrichtung hochschulübergreifender Zentren für Doktorandenstudien sollten vertragliche Absprachen zwischen den beteiligten Hochschulen getroffen werden.


Einer kompetitiven Auswahl und Zulassung der Doktoranden kommt entscheidende Bedeutung zu [25]. Die HRK empfiehlt deshalb eine bundesweite, ggf. auch EU-weite Ausschreibung, um im Wettbewerb hochqualifizierte Nachwuchswissenschaftler für die Zentren zu gewinnen. Über die Zulassung als Doktorand sollte nach folgenden Kriterien entschieden werden:

  • Qualität und Umsetzbarkeit des Promotionsvorhabens aufgrund einer Projektskizze (die ggf. mit dem Hauptbetreuer abgesprochen werden kann)
  • Ergebnis eines Auswahlgesprächs, das die projektspezifische Qualifikation nachprüft
  • Examensnote (bei abgeschlossenem Studium vor Aufnahme der Arbeit an der Dissertation)
  • Kurze Studiendauer in Grund- und Hauptstudium bezogen auf die individuell bewältigten Studieninhalte und persönlichen Lebensumstände (Umfang der Haupt- und Nebenfächer sowie der Wahlveranstaltungen; Berücksichtigung von Ausbildungszeiten im Ausland; Zeitaufwand für Kindererzieung; etc.)
  • Ortswechsel (der grundsätzlich positiv gewürdigt werde sollte).

Über die Aufnahme als Doktorand in das Zentrum entscheidet das Zentrum als Organisationseinheit (nicht der Doktorvater alleine). Die aufgenommenen Doktoranden erhalten den Doktorandenstatus. Das Zentrum als Einheit ist - handelnd für die Fakultät oder die beteiligten Fakultäten - auch für die Betreuung verantwortlich, die einem Hauptbetreuer - in der Rolle des Doktorvaters - und ggf. weiteren Betreuern übertragen wird (Mehr-Fach-Betreuung).


Die Aufnahme des Doktoranden sollte unter Bestätigung des Promotionsvorhabens so geregelt werden, daß daraus für den Doktoranden Anrecht auf und Sicherheit der Betreuung erwachsen. Der Doktorand seinerseits verpflichtet sich, zu festgelegten Terminen über seine Arbeit zu berichten und das mit ihm abgesprochene Ausbildungsprogramm (s. u. 3.) einzuhalten. Eventuell notwendige Testatvorschriften und Prüfungsanforderungen sind förmlich festzuhalten.


Auf der Basis der Berichte entscheidet das Zentrum aufgrund autonom festgelegter Verfahrensregeln über die Verlängerung der Zugehörigkeit zum Zentrum und des Doktorandenstatus.


3. Doktorandenstudien


a. Ziel und Zweck von Doktorandenstudien


In den Zentren angebotene Doktorandenstudien [26] sollten als strukturiertes Angebot vom Beginn der Doktorandenphase an abnehmend bis zur Einreichung der Dissertation die wissenschaftliche Selbständigkeit der Nachwuchswissenschaftler fördern und das Qualifikationsprofil in Ergänzung zur Dissertation abrunden. 'Doktorandenstudien' sollen die methodischen Ansätze und sachlichen Ergebnisse der einzelnen Dissertationen jeweils in einen größeren thematischen Zusammenhang bringen und einer fachlichen Überspezialisierung wie auch einer persönlichen Isolierung der Doktoranden entgegenwirken.


Sie sollen in engem Zusammenhang mit dem individuellen Promotionsvorhaben und ohne unnötige Verlängerung der Promotionsdauer die Kompetenz der Nachwuchswissenschaftler in methodischer, fachlicher und fach-übergreifender Hinsicht erweitern, die Teamfähigkeit stärken und einen effizienten Arbeitsstil vermitteln.


Die zu vermittelnden Schlüsselqualifikationen sind vor allem:

  • methodenkritische Fähigkeiten im Sinne einer Urteilsfähigkeit bezüglich des Verhältnisses zwischen Themenstellung/Projektinhalt und Methodenwahl,
  • Fähigkeit, die benachbarte, aber auch die entferntere Forschungsliteratur bzw. Fachdiskussion bezüglich Relevanz und Qualität kritisch zu würdigen und einzuschätzen,
  • fachliche und fachübergreifende Kompetenz zumindest über das engere Fachgebiet hinaus,
  • Fähigkeit, schriftlich wie mündlich Forschungsresultate zu kommunizieren bzw. zu präsentieren,
  • Befähigung zur Selbstorganisation in wissenschaftlicher Arbeit,
  • hinreichende Lehrfähigkeit [27] und hochschuldidaktische Kenntnisse.

Da diese Qualifikationsmerkmale im Grundsatz für alle Doktoranden gelten, sollte auch für diejenigen, die nicht förmlich Mitglieder des Doktorandenzentrums sind, eine enge Bindung an diese Zentren und eine Einbeziehung in die Doktorandenstudien vorgesehen sein (z.B. "Gaststatus").


b. Organisationsform von Doktorandenstudien


Bei der Festlegung des curricularen Angebots ist sowohl den unterschiedlichen individuellen Promotionsvorhaben der Doktoranden und Forschungsschwerpunkten der Professoren als auch der nach außen zu dokumentierenden Unverwechselbarkeit der (Zentren für) Doktorandenstudien Rechnung zu tragen.


Deshalb empfiehlt es sich, das Themenspektrum der für Doktoranden vorgesehenen Veranstaltungen möglichst in Form mehrerer eigenständiger "Module" im Sinne des Baukastenprinzips aufzubauen, die eine Feinabstimmung in bezug auf interdisziplinäre Zusammenarbeit erlauben. Zum einen können Betreuer und Doktoranden daraus ein jeweils geeignetes, aber stets systematisch strukturiertes Programm kombinieren, zum anderen können bestimmte Lehrangebote für einen Zeitraum zum profilbildenden Pflichtprogramm eines Zentrums für Doktorandenstudien gemacht werden.


Die Organisationsformen sollten den wissenschaftlichen Anliegen angemessen sein:


Wenn Nachwuchswissenschaftler oder Professoren aus verschiedenen Fachgebieten oder Fakultäten gemeinsam an einer spezifischen Thematik arbeiten und dafür jeweils spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten aus den anderen Fächern erwerben oder vermitteln, sind vor allem Tutorien mit relativ wenig Mitgliedern erfolgversprechend.


Wenn methodische oder inhaltliche Kenntnisse von grundlegender und allgemeiner Bedeutung einer relativ großen und homogen vorgebildeten Adressatengruppe vermittelt werden sollen, bieten sich Seminare (Kurse) für einen größeren Adressatenkreis als Veranstaltungsart an.


Für Forschungsschwerpunkte, in denen eine größere Zahl von Themenfeldern und Wissenschaftler aus mehreren verschiedenen Wissenschaftsbereichen zusammengeführt werden, so daß die gegenseitige Kommunikation von Ergebnissen und Fragestellungen die Gemeinsamkeit der Forschungstätigkeit bestimmt, können auch Vorlesungen bzw. Vorlesungsreihen oder Fachtagungen eine geeignete Veranstaltungsart darstellen.


In der Praxis werden überwiegend Mischformen zu entwickeln sein. Dafür kommen neben den klassischen Unterrichtsformen auch Exkursionen, Sommerakademien, Wochenend-Workshops und andere Veranstaltungsarten in Frage. Dazu sollten Gastwissenschaftler einbezogen werden. Manche Veranstaltungen lassen sich in (gemäß der in Graduiertenkollegs bewährten) Eigeninitiative der Doktoranden organisieren. Blockveranstaltungen bewirken regelmäßig eine hohe Intensität der Zusammenarbeit; sie erlauben eine intensive Vor- und Nachbereitung und lassen sich besser als andere Veranstaltungen in Forschungsarbeit und Terminpläne der Beteiligten einpassen.


In jedem Fall sollten Organisationsformen gewählt werden, die auch das interdisziplinäre Fachgespräch zwischen den beteiligten Professoren fördern. Ferner empfiehlt es sich, möglichst enge Verbindung zu Forschungskollegs und Forschergruppen/Sonderforschungsbereichen zu pflegen.


4. Weitere hochschulpolitische Maßnahmen


a. Verantwortung der Universität für die Doktorandenausbildung


Die finanzielle Lage der Hochschulen hat die HRK an anderer Stelle ausführlich dargelegt [28]. Mit Sorge sehen die Hochschulen, daß aufgrund mangelnder Grundfinanzierung und begrenzter Drittmittel die Forschungsbedingungen für Doktoranden in außeruniversitären Forschungseinrichtungen, zunehmend auch in Industrielabors, oder in ausländischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen vergleichsweise so viel attraktiver geworden sind, daß inzwischen - vor allem in den Biowissenschaften - eine "Auswanderung" von Doktoranden zur Erarbeitung ihrer Dissertationen eingesetzt hat.


Dieser Trend muß umgekehrt werden. Nur wenn mit mittelfristiger Verläßlichkeit innerhalb der Universitäten hinreichend Mittel zur Verfügung stehen, um Lehre und Nachwuchsförderung in enger Verbindung mit qualifizierter Forschung durchzuführen, werden Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft in Deutschland auf Dauer hinreichend innovativ und wettbewerbsfähig bleiben. Länder und Bund sind aufgefordert, die Universitäten auch zur Doktorandenausbildung hinreichend auszustatten. Dazu gehören nicht zuletzt eine angemessene Anzahl und Dotierung einschlägiger Stipendien (nach Landesgraduiertenförderung oder Begabtenförderung) sowie für Doktoranden in Frage kommende Stellen aus der Grundausstattung oder finanziert aus Drittmitteln.


Die Hochschulen nehmen mit der Einführung des Doktorandenstatus sowie der profilbildend und schwerpunktstärkend wirkenden Zentren für Doktorandenstudien ihre Verantwortung für die Verbindung von Forschung und Nachwuchsausbildung mehr als bisher wahr.


Eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Wirtschaft auch im Bereich der Doktorandenausbildung muß diesem Ziel keineswegs zuwiderlaufen, solange Forschung und Ausbildung der Doktoranden wissenschaftsorientiert nach Vorgaben der Universität durchgeführt werden.


Die forschungsbezogene Ausbildung von Doktoranden aufgrund einer kompetitiven Zulassung in Zentren für Doktorandenstudien und Graduiertenkollegs bringt nicht nur den Doktoranden Vorteile einer intensiven interdisziplinären und zeitlich berechenbaren Betreuung. Sie bietet auch strukturelle Vorteile für die Universität und ihre Fakultäten/Fachbereiche, indem hochqualifizierte junge Wissenschaftler in einem transparenten Verfahren gewonnen und dadurch international wettbewerbsfähige, profilbildende Schwerpunkte in Forschung und Nachwuchsförderung gegründet oder gestärkt werden können.


Der Aufbau von Zentren für Doktorandenstudien in den Universitäten erfordert entsprechende Entscheidungen der Hochschulleitungen und der Hochschulgremien. In diesem Zusammenhang erinnert die HRK an ihre Empfehlungen von 1993 zur Bildung von Forschungsschwerpunkten, die beim Aufbau von Zentren für Doktorandenstudien analog Anwendung finden können:"In Zukunft wird dem Wettbewerb unter den Hochschulen und damit auch in den Hochschulen mehr Bedeutung als bisher zukommen. Die Notwendigkeit zur transdisziplinären Zusammenarbeit nimmt auch in den Geistes- und Sozial­wissenschaften ständig zu.


Deshalb wird es unausweichlich sein, daß die Hochschulen als Institutionen nicht nur weiterhin als Forschungsträger angesehen werden, sondern sich selbst mehr als bisher auch als Forschungsförderungsorganisation verstehen und zu entsprechendem Handeln kommen ... In der Hochschule sollten ... zentrale Pools für Räume, Personal und Sachmittel eingerichtet werden, aus denen leistungsbezogen und befristet Ressourcen zur Verfügung gestellt werden." [29]


Aufgrund auch ausländischer Erfahrungen kommt der Poolbildung in den Geistes- und Sozial­wissenschaften - aber keineswegs nur dort - besondere Bedeutung zu [30]. In diesen Fächern sind Professoren nicht regelmäßig in größeren Teams oder organisierten Forschungsschwerpunkten tätig. Doktoranden arbeiten bislang überwiegend verhältnismäßig isoliert voneinander an ihren Promotionsvorhaben. Auch werden Drittmittel in vergleichsweise geringerem Umfang eingeworben (bzw. stehen in geringerem Umfang zur Verfügung). Der Synergieeffekt einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Professoren und Doktoranden in Zentren für Doktorandenstudien dürfte daher in den Geistes- und Sozial­wissenschaften relativ groß sein.


Die nach Qualität und Umfang von Betreuung und Lehrangebot zu bemessende, leistungsorientierte Vergabe zentraler Mittel in den Hochschulen sollte aufgrund der Erfahrungen mit Graduiertenkollegs hinreichend Mittel für die Bereitstellung geeigneter Räume beinhalten und dem Zentrum möglichst zu einer eigenen "Adresse" verhelfen. Die Zentren für Doktorandenstudien sollten darüber hinaus ein eigenständiges Antragsrecht auf hochschul- und landesinterne Fördermittel erhalten, die kompetitiv zur Verfügung gestellt werden sollten.


Die Gewinnung von Stipendiaten, die sich voll auf ihr Promotionsvorhaben konzentrieren, kann den Aufbau eines Zentrums erleichtern. Das Land als Träger der Universitäten kann dabei mit der Zuweisung von Stipendien gemäß Landesgraduiertenförderungsgesetz unterstützend tätig werden. Die Begabtenförderungswerke sollten in der Aufnahme von Doktoranden in ein Zentrum für Doktorandenstudien ein aussagekräftiges Entscheidungskriterium für eine Förderzusage erkennen. Die Gewinnung von Stipendiaten aus anderen EU-Mitgliedsstaaten, deren Anzahl in deutschen Universitäten nicht zufriedenstellend ist, kann wesentliche Anreize zur Stärkung der internationalen Zusammenarbeit geben.


Bei der Stellenausstattung der Zentren ist darauf zu achten, daß für Doktoranden ein Anreiz geschaffen wird, zügig zu promovieren. Hierbei ist den unterschiedlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Fächer und Hochschulstandorte Rechnung zu tragen. So könnte es sich je nach Art der fachlichen und finanziellen Gegebenheiten als angebracht erweisen,

  • bei der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen hinreichend Zeit für die Arbeit an der Dissertation einzuräumen (Beschränkung der Dienstaufgaben auf qualifizierungsnahe Tätigkeiten) und Stellen so zu befristen, daß eine zügige Promotion ermöglicht wird,
  • Stellen zu teilen, um - etwa in den Geisteswissenschaften - eine größere Anzahl von Doktoranden beschäftigen zu können, oder
  • die aufeinanderfolgende Förderung von Doktoranden aus verschiedenen Finanzierungsquellen einzuschränken.

b. Anpassung der Promotionsordnungen


Die Einführung des allgemeinen Doktorandenstatus und der Aufbau der Zentren für Doktorandenstudien (mit kompetitiver Zulassung) erfordern vielerorts eine entsprechende Anpassung der Promotionsordnungen (vgl. B. 2. a.).


Da Doktorandenstudien einer Überspezialisierung der Doktoranden entgegenwirken sollen, sind sie regelmäßig im Ansatz auch fachübergreifend angelegt. Deshalb sollten die Promotionsordnungen alternativ zu Haupt- und Nebenfachprüfungen auch Kollegialprüfungen ermöglichen, bei denen nicht einzelne Fächer, sondern der Inhalt eines interdisziplinären Doktorandenstudiums Prüfungsgegenstand ist.


Der Disputation, die auch kommunikative Fähigkeiten und interdisziplinäre Kenntnisse bewertet, sollte daher grundsätzlich gegenüber dem Rigorosum der Vorzug gegeben werden. Die Disputation sollte allerdings inhaltlich über die bloße Verteidigung der Dissertation hinausgehen und im Sinne der obigen Empfehlungen und korrespondierend mit den vom Prüfungskandidaten individuell besuchten Lehrveranstaltungen, insbesondere den Pflichtveranstaltungen, prüfen und bewerten, inwieweit der Kandidat Kenntnisse und Fähigkeiten im Umfeld der Dissertation erworben hat und anzuwenden in der Lage ist. Grundsätzlich sollte die Disputation öffentlich erfolgen.


Um die Wertschätzung der Promotion zu erhöhen, empfiehlt die HRK, gemäß internationaler Gepflogenheit die Rollen von Betreuer und Gutachter bei der Begutachtung der Dissertation zu modifizieren. Die Promotionsausschüsse (oder andere in Frage kommende Kommissionen) sollten auf Vorschlag des Betreuers jeweils einen weiteren Gutachter der Universität und von einer anderen Hochschule bestellen. Ist nur ein Fachvertreter am Ort, können die beiden weiteren Gutachter auswärtig sein. Auch sollte es möglich sein, daß eine Promotionskommission abweichend von den Vorschlägen des Betreuers über die beiden weiteren Gutachter bzw. bei Ablehnung der Bitte um Übernahme einer Gutachterfunktion über Alternativen entscheidet.


Ein genehmigter Promotionsstudiengang bietet im übrigen die Möglichkeit, hochschulintern die Lehrdeputate der betroffenen Dozenten den neuen Erfordernissen anzupassen.


c. Internationale Aspekte


In den führenden Industriestaaten sind Doktorandenstatus und Doktorandenstudien ebenso wie die Beteiligung externer Gutachter bei der Bewertung der Dissertation üblich. Insofern können die Empfehlungen dazu beitragen, die Doktorandenausbildung in deutschen Universitäten international kompatibel und transparent zu machen und die Hemmschwelle für eine Promotion in Deutschland für ausländische Graduierte, die wie in ihrem Heimatland eine hilfreiche und fachlich solide Betreuung sowie ein strukturiertes Studienangebot erwarten, zu senken. Die Ersetzung des Rigorosums durch die Disputation, in der den spezifischen Vorhaben und Fähigkeiten der Prüflinge besonders Rechnung getragen werden kann, ist ebenfalls geeignet, die Mobilität nach Deutschland zu fördern.


Die Empfehlungen sollten von den Universitäten in Zusammenarbeit mit den Ländern auch aus diesem Grund unverzüglich umgesetzt werden.


Ergänzend empfiehlt die HRK, beim Aufbau von Zentren für Doktorandenstudien die Angebote nationaler und internationaler Forschungsförderungs- und Mobilitätsprogramme zu berücksichtigen und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten zu nutzen. Mit ausländischen Partnern sollten - ggf. im Rahmen vertraglich vereinbarter Netzwerke - gemeinsame Studienangebote und Austauschprogramme entwickelt werden.


Die internationale Attraktivität eines Lehrprogramms kann durch fremdsprachige Lehrangebote, durch geeignete Deutschkurse sowie durch die Möglichkeit des Einreichens einer fremdsprachigen Dissertation wesentlich gesteigert werden [31].


Zulassungsfragen sollten, im Einklang mit EU-Recht und den spezifischen qualifikationsbezogenen Anforderungen des Auswahlausschusses bzw. des Zentrums, jeweils in einer Einzelfallprüfung entschieden werden. Die Anerkennung ausländischer und inländischer Examensnoten sollte im Interesse des wissenschaftlichen Fortschritts möglichst am Inhalt und demzufolge an der Gleichwertigkeit, nicht der Gleichheit des Studiums orientiert vorgenommen werden.


 


Anmerkungen


[1] Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Text gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.


[2] HRK, Dokumente zur Hochschulreform 75/1992, S. 29 (2. Auflage 1993, S. 17).


[3] Die 1992 in den alten Bundesländern mit Erfolg abgelegten Doktorprüfungen verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Fächergruppen:

DeutscheAusländerinsgesamt
Sprach- und Kultur­wissenschaften  1.661   193    1.854
Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwiss.  1.908   158    2.066
Mathematik und Naturwissenschaften  5.384   393    5.777
Medizin  7.447   288    7.735
darunter:
Humanmedizin, einschl. Zahnmedizin (6.939)  (265)   (7.204)
Veterinärmedizin  (508)   (23)      (531)
Agrar-, Forst- und Ernährungswiss.   491    71       562
Ingenieur­wissenschaften  1.466   262     1.728
Kunst und Kunstwissenschaften    259    14       273
Sport      38      5         43
Insgesamt 18.654 1.384    20.038

Insgesamt haben 5.754 Frauen (28,7 Prozent der Gesamtanzahl 20.038) 1992 in den alten Bundesländern die Doktorprüfung bestanden.


[4] Vgl. Wissenschaftsrat, "Empfehlungen zur Neustrukturierung der Dokto-randenausbildung und -förderung", Drs. 2040/95, S. 7.


[5] Vgl. Wissenschaftsrat, l.c., S. 24 ff.


[6] Vgl. DFG, "Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Sonderforschungsbereichen: Promotionen in den Jahren 1988 bis 1992", Dezember 1993.In den Sonderforschungsbereichen herrschen gute Promotionsbedingungen, so daß die nachfolgend genannten Werte im allgemeinen eher höher als niedriger liegen.


[7] Vgl. Wissenschaftsrat, l.c., Übersicht 5.


[8] Vgl. Wissenschaftsrat, l.c., Übersicht 2. Vgl. auch hier Anmerkung 3) und Tabelle 1.


[9] Vgl. Wissenschaftsrat, "Empfehlungen zur klinischen Forschung in den Hochschulen", 1986:"Die Qualität klinisch-medizinischer Dissertationen erreicht nach dem Urteil von Fachkennern im Regelfall nicht das Niveau naturwissenschaftlicher Diplomarbeiten und ist erst recht mit den Promotionsleistungen anderer Disziplinen nicht vergleichbar. Erst in jüngster Zeit zeichnen sich - verbunden mit einem Rückgang der Promotionsquote - Tendenzen einer Niveauverbesserung ab." (S. 28)."Der Wissenschaftsrat hält es für dringlich, daß die Hochschulen künftig vermehrt in systematischer Weise forschungsorientierte Fortbildungsangebote für den klinisch-wissenschaftlichen Nachwuchs entwickeln." (S. 44).


[10] Bei abnehmender Promovendenzahl besteht die Gefahr, daß sich die Promotionszeiten sogar verlängern, weil die Hochschullehrer weiterhin ein bestimmtes Volumen an Forschungsleistungen (laufende Anträge etc.) erbringen wollen oder müssen.


[11] In den Hochschulen werden mit Blick auf das Arbeitsklima in einer Gruppe/einem Institut/einem Sonderforschungsbereich etc. regelmäßig große Anstrengungen unternommen, Doktoranden bei wissenschaftlichen Dienstleistungen unabhängig von der Art ihrer Finanzierung - Stipendien, Haushaltsstellen, Drittmittelstellen - gleich zu behandeln (Gleichbehandlungsprinzip). Dadurch wirken sich die unterschiedlichen Finanzierungsformen für Doktoranden auf die Verpflichtungen zu Dienstleistungen und damit auf die Promotionsdauer nur in abgeschwächtem Maße aus.


[12] Mit Stand 17.6.1996 werden 262 Graduiertenkollegs von der DFG gefördert (15 weitere sind bis zu diesem Zeitpunkt ausgelaufen). Darin werden 2.709 Doktoranden mit Stipendien, weitere 529 Doktoranden mit erhöhten Stipendien (Informatik, Ingenieur­wissenschaften) gefördert; zusätzlich erhalten 292 Postdoktoranden ein Stipendium. In 214 Graduiertenkollegs, die auf eine Umfrage der DFG antworteten, gibt es zusätzlich weitere 1.872 Doktoranden und 319 Postdoktoranden, die als "Kollegiaten" in den Graduiertenkollegs arbeiten, aber nicht von der DFG finanziert werden. Insgesamt sind somit zum Stichtag ca. 5.200 Doktoranden in Graduiertenkollegs der DFG eingebunden. Mit der dreijährigen Bewilligungsperiode werden in 1996 im Durchschnitt pro Jahr ca. 400 TDM von der DFG vergeben.


[13] DFG, "Graduiertenkollegs - Studienprogramme und Statistik 1995", Bonn 1995, S. 24.


[14] In: HRK-Arbeitsbericht 1992, Bonn 1993, S. 113 ff.


[15] Die genannte Plenarstellungnahme (vgl. 14) bezieht sich ursächlich auf den Bericht "Postgraduate Research Training today: Emerging structures for a changing Europe" des 'Temporary International Consultative Committee on New Organisational Forms of Graduate Research Training', Chairman Prof. David de Wied, Netherlands Ministry of Education and Science, The Hague, October 1991.


[16] Das in den USA bestehende System der 'graduate education' weist eine deutliche Trennung zwischen dem ersten qualifizierenden Abschluß (in der Regel mit dem B.A.-Grad) und der Graduiertenausbildung auf. Die 'graduate education' wird in der Regel an einer anderen Universität fortgesetzt und erfordert in jedem Falle eine erneute Zulassung (Graduiertenstatus). Einige Studienrichtungen werden erst auf Graduiertenniveau angeboten. Vielfach wird zur Promotion nur zugelassen, wer zuvor im Rahmen des Graduiertenstudiums eine nach dem Bachelor-Grad weitere Qualifikation, z. B. dem Master-Grad, erworben hat. Mit Blick auf den Erwerb des Master-Grades wie auch des PhD-Grades (oder jeweils entsprechender Grade) werden in aller Regel Pflicht-, Wahlpflicht- und Wahlveranstaltungen angeboten, die mit jeweils angemessenen Prüfungsleistungen abzuschließen sind.Die Doktorandenausbildung im US-Hochschulsystem ist zweifach verankert. Einerseits gehören Ph.D.-Programme zu den einzelnen Departments/Fachbereichen, andererseits sind sie Teil der Graduate School, einer gesamtuniversitären Verwaltungseinheit, an deren Spitze ein Dean steht, der zumeist auch Vizepräsident für Forschungsangelegenheiten der Hochschule ist. Die Graduate School legt insbesondere die Zulassungskriterien des Graduiertenstudiums fest.


[17] Nach Auffassung des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (vgl. Brief vom 9.6.1995 an die HRK) finden vor allem die Ingenieure unter den ausländischen Graduierten nicht die von ihnen gesuchten Studienangebote für Graduierte.


[18] Ergänzend ist festzuhalten, daß die von der EU-Kommission geförderte 'Aktion Jean Monnet' für solche Hochschulen der EU-Mitgliedsstaaten bestimmt ist, die einen vollständigen Studienzyklus, d. h. Grund-, Haupt- und Graduierten-Studium, anbieten.


[19] Die Confederation of European Union Rectors' Conferences ist zusammen mit anderen internationalen Organisationen, Wirtschaftsunternehmen und Hochschulen Mitglied der 1995 gegründeten, in Luxemburg ansässigen Assoziation 'Higher Education in Biotechnology' (HEduBT). Diese Trägerorganisation ist bestrebt, im Interesse der Industrie, der Europäischen Kommission und auch der Hochschulen im Sinne des o. g. Beschlusses der Europäischen Rektorenkonferenz Curricula und Prüfungen, einschließlich Promotionen, innerhalb Europas zu harmonisieren (nicht: zu vereinheitlichen). Die HEduBT bereitet derzeit ein Pilotprogramm für ein europäisches Doktorat in Biotechnologie vor.


[20] Lord Flowers, University of London, "PhD Study in Britain", in: "Proceedings of the Conference of the Hungarian Accreditation Committee and its Advisory Board", Budapest, 1993, S. 24 f.


Brian Flowers fährt fort: "This is easier to arrange in the natural sciences where there may be many students pursuing similar interests, but is being encouraged in the humanities also. Performance in course work is usually taken into account in deciding whether a candidate may proceed from provisional registration to confirmed registration at the end of the first year of research."


[21] KMK und HRK, "Umsetzung der Studienstrukturreform", 3. erweiterte Auflage 1995, S. 6.


[22] Vgl. Plenarentschließung "Zu neuen Organisationsformen bei der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses" vom 6.7.1992, in: HRK-Arbeitsbericht 1992, Bonn 1993, S. 113 ff.


[23] Vgl. die Empfehlungen zur Einführung des Doktorandenstatus in der Plenarstellungnahme "Empfehlungen zur Verhinderung von Unregelmäßigkeiten bei Erwerb und Verleihung akademischer Titel (insbesondere Promotionsbetrug und Titelhandel)", in: HRK-Arbeitsbericht 1994, Bonn 1995, S. 215 ff.


[24] Die Promotionsordnungen der TU Dresden beinhalten jeweils auch einen Paragraphen "Annahme als Doktorand".Das Universitätsgesetz des Landes Baden-Württemberg bestimmt in § 54 (4): "Wer die Zulassungsvoraussetzung nach Abs. 3 erfüllt und die Anfertigung einer Dissertation beabsichtigt, kann unter Angabe seines in Aussicht genommenen Themas bei der Fakultät die Annahme als Doktorand beantragen. Mit der Annahme wird die grundsätzliche Bereitschaft ausgedrückt, eine solche Dissertation als wissenschaftliche Arbeit zu bewerten und den Doktoranden bei der Erstellung der Arbeit zu unterstützen."


[25] Eine Auswahl der Doktoranden nach Qualifikationsgesichtspunkten wird in gewissem Sinne auch bislang schon praktiziert, nämlich einerseits bei der Vergabe von Stellen bzw. der Einwerbung von Stellen für bestimmte Nachwuchswissenschaftler, andererseits bei der Gewährung von Promotionsstipendien.


[26] Doktorandenstudien sind nicht identisch mit den Lehrangeboten, die für Fachhochschulabsolventen, die kein universitäres Diplom erworben haben, angeboten werden, um diesen Absolventen die Zulassungsvoraussetzungen zur Promotion zu vermitteln. Es ist allerdings selbstverständlich, daß den Fachhochschulabsolventen, welche die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt haben, auch der Zugang zu Doktorandenstudien offensteht. (Vgl. HRK: Zur Promotion besonders qualifizierter Fachhochschulabsolventen, in: HRK: Arbeitsbericht 1995, Bonn 1996, S. 53 f.). Dies gilt analog für Absolventen ausländischer Studiengänge, denen der Doktorandenstatus nicht unmittelbar zuerkannt werden kann.


[27] Die Übernahme von Lehraufgaben durch den Doktoranden im Umfang von zwei Semesterwochenstunden in einem dem Promotionsvorhaben nahestehenden Gebiet kann zum Erreichen dieses Qualifikationszieles beitragen.


[28] Vgl. hierzu die Entschließung "Zur Finanzierung der Hochschulen" des 179. Plenums vom 8./9.7.1996


[29] "Zur Forschung in den Hochschulen", Stellungnahme des 170. Plenums der Hochschulrektorenkonferenz, 12. Juli 1993, in: HRK, Dokumente zur Hochschulreform 85/1993; S. 22 ff.


[30] Die HRK hat in ihrer Stellungnahme "Zur Forschung in den Hochschulen" festgestellt: "Zumal in den Geisteswissenschaften besteht ein nachhaltiger Bedarf an disziplin- und fakultätsübergreifender Forschungsorganisationen, wie dies in der Denkschrift "Geisteswissenschaften heute" überzeugend ausgeführt worden ist." Vgl. hierzu l.c., S. 11. Die genannte Denkschrift wurde von W. Frühwald, H. R. Jauß, R. Koselleck, J. Mittelstraß und B. Steinwachs verfaßt und ist 1991 in Frankfurt a. M. erschienen; der Empfehlungsteil ist separat bei BMBF (BMFT) erhältlich. Vgl. auch Anmerkung 20).


[31] Die veterinärmedizinischen Fachbereiche bereiten derzeit Doktorandenstudien in internationaler Abstimmung vor.