Position der HRK zum Teilzeitstudium


Entschließung des 183. Plenums vom 10. November 1997



Position der HRK zum Teilzeitstudium


Vorbemerkung


Die Hochschulrektorenkonferenz hält es für geboten, sich des Themas Teilzeitstudium anzunehmen und frühzeitig die damit zusammenhängenden Möglichkeiten und Probleme aufzuzeigen. Von bestehenden oder zukünftigen Möglichkeiten des Teilzeitstudiums dürfte allerdings in größerem Umfang erst Gebrauch gemacht werden, wenn - erhebliche - Überschreitungen der Regelstudienzeit sanktioniert werden. Bis dahin wird - ungeachtet vereinzelter Angebote von Teilzeitstudien - eine Notwendigkeit, sich als Teilzeitstudierende/r zu immatrikulieren nicht oder kaum gesehen, zumal dies mit Aufwand und eventuell mit finanziellen Nachteilen verbunden wäre.


Unabhängig von den folgenden Empfehlungen zu einem Teilzeitstudium unterstreicht die Hochschulrektorenkonferenz die Notwendigkeit, in Beratungs- und Orientierungsgesprächen die Studierenden auf die Vorteile eines Vollzeitstudiums wie beispielsweise kürzere faktische Studienzeiten im Hinblick auf die spätere Berufstätigkeit hinzuweisen.


Ausgangslage


Die Fachstudiendauer ist in der Bundesrepublik Deutschland in der Regel höher als in vergleichbaren Bildungssystemen. Eine Ursache hierfür ist, daß das Studium von einer wachsenden Zahl von Studierenden nur noch als Teilzeitstudium wahrgenommen wird. Der traditionelle Studierende, der seine ganze Zeit und Kraft dem Studium widmet, ist vielfach nicht mehr der Normalfall. Das tatsächliche Studierverhalten hat sich aus vielerlei Gründen verändert.


Die Sozialerhebungen des Deutschen Studentenwerkes belegen, daß viele Studierende neben ihrem Studium noch andere Tätigkeiten ausüben oder Verpflichtungen nachkommen, die sie an einem Vollzeitstudium hindern. In erster Linie sind hier Erwerbstätigkeit neben dem Studium und familiäre Belastungen bei Studierenden mit Kindern aufzuführen.


Derzeit gibt es keine gängige und anerkannte Definition des Teilzeitstudiums. Im Rahmen der Sozialerhebungen sucht man dem Phänomen des Teilzeitstudiums mit der Methode der Zeitbudgeterfassung beizukommen. Die Studierenden werden befragt, wie hoch ihr Zeitaufwand für Lehrveranstaltungen, für sonstigen studienbezogenen Aufwand sowie für Erwerbstätigkeit und Jobben ist.


In Orientierung an der für die Arbeitswelt typischen 40-Stundenwoche werden vier Kombinationen von Studium und Erwerbstätigkeit gebildet:

  • Das Vollzeitstudium mit geringer Erwerbsbelastung (Studium mehr als 25 Wochenstunden, Erwerbstätigkeit weniger als 15 Wochenstunden), Vollzeitstudium mit hoher Erwerbsbelastung (Studium mehr als 25 Stunden pro Woche und Erwerbstätigkeit mehr als 15 Stunden pro Woche),

  • Teilzeitstudium mit geringer Erwerbsbelastung (Studium mit weniger als 25 Stunden pro Woche und Erwerbstätigkeit mit weniger als 15 Stunden pro Woche),

  • Teilzeitstudium mit hoher Erwerbsbelastung (Studium von weniger als 25 Stunden und Erwerbstätigkeit von mehr als 15 Stunden pro Woche) [1].

Nach dieser Definition sind in den alten Ländern 6,8% der Studierenden zur Gruppe der Teilzeitstudierenden mit hoher Erwerbsbelastung und 10,8% der Studierenden zur Gruppe der Teilzeitstudierenden mit geringer Erwerbsbelastung zu zählen. In den neuen Ländern können 9,5% der Studierenden zu den Teilzeitstudierenden mit geringer Erwerbsbelastung und 3,4% der Studierenden zu den Teilzeitstudierenden mit hoher Erwerbsbelastung gezählt werden.


Daraus folgt, daß jeder 5. bis 6. Studierende in der Bundesrepublik, insgesamt etwa 350.000 Studierende, ein Teilzeitstudium wahrnehmen. Etwa 1/3 der Teilzeitstudierenden geht in größerem Umfang einer Erwerbstätigkeit nach. Bei Teilzeitstudierenden mit geringer Erwerbsbelastung finden sich überproportional häufig studierende Mütter. Dies ist i n der Dreifachbelastung durch Studium, Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung begründet [2].


In Ergänzung zur Sozialerhebung hat das Bayerische Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung Daten zum Teilzeitstudium aufgrund einer Selbsteinschätzung der Studierenden zu erheben versucht. Es unterscheidet Vollzeitstudierende, die von sich sagen, daß sie den Ansprüchen des Vollzeitstudiums, wie es in den Studien- und Prüfungsordnungen geregelt ist, gerecht werden, Teilzeitstudierende, die sich aus sehr unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage sehen oder Willens sind, ein Vollzeitstudium zu absolvieren, und "Nebenherstudierende", die ihre Lebensmitte außerhalb der Hochschule sehen und sehr reduziert studieren [3]. Sie stehen häufig schon im Beruf und/oder werden durch andere Tätigkeiten überwiegend beansprucht.


Nach den Erhebungen des Bayerischen Staatsinstituts verstehen sich 28% der befragten Studierenden als Teilzeitstudierende, weitere 5% als Nebenherstudierende. Hochgerechnet auf die Gesamtstudentenschaft in Deutschland beliefe sich demnach die Zahl der Teilzeitstudierenden sogar auf rd. 500.000 und die der Nebenherstudierenden auf rd. 90.000. Die Ergebnisse zeigen, daß der Anteil der Teilzeitstudierenden in Großstädten und Ballungsräumen besonders hoch ist. Hier bezeichnen sich bis fast zur Hälfte (35 bis 45%) aller Studierenden als Teilzeitstudenten.


Teilzeitstudierende unterscheiden sich von anderen Studierenden dadurch, daß sie durchschnittlich älter sind als Vollzeitstudierende, häufiger verheiratet sind und öfter Kinder haben als ihre Kommilitonen. Abweichend von der Sozialerhebung sehen sich 3/4 der Teilzeitstudierenden auf den Zuverdienst neben dem Studium unbedingt angewiesen [4]. Sie gaben in der Mehrzahl an, nicht neben dem Studium erwerbstätig zu sein, wenn sie über ausreichende Geldmittel verfügten. Vor allem Studierende mit Kindern werden aus wirtschaftlichen Gründen fast zwangsläufig zu Teilzeitstudierenden. Unter ihnen sind die studierenden Mütter besonders belastet.


Weitere Gründe für ein Teilzeitstudium können die wissenschaftliche Aus- und Weiterbildung neben der Berufsausbildung oder -tätigkeit sein. Neben der Erwerbstätigkeit führen Orientierungs-, Arbeits- und Lernschwierigkeiten, Engagement außerhalb der Hochschulen oder Konsumorientierung zu einer Überschreitung von Regelstudienzeiten [5].


Da die Untersuchungen zum Teilzeitstudium erst in den letzten Jahren entstanden sind, wissen Hochschulen wenig über die - eigenen - Teilzeitstudierenden, über deren Anzahl, über ihre Lebens- und Studienumstände und über ihre Erwartungen an ein von ihnen realisierbares Studium [6]. Infolgedessen werden bisher auch nur von wenigen Hochschulen Teilzeitstudierende als Zielgruppe für besondere Studienangebote oder spezielle Organisationsformen von Studium, Lehre und Prüfungen wahrgenommen.


Die Hochschulstatistik, Studien- und Prüfungsordnungen sowie die aktuellen hochschulpolitischen Diskussionen zur Studiendauer betrachten weiterhin alle Studierenden als Vollzeit-Studierende, obwohl vermutlich 20 - 30% der Studierenden lediglich ein Teilzeitstudium betreiben. Das ist einer der Gründe für die erhebliche statistische Überschreitung der Regelstudienzeiten. Eine realistische Bewertung der Differenzen zwischen realer und Regelstudienzeit setzt daher voraus, daß Teilzeitstudierende als gesonderte Gruppe erfaßt und in der Statistik nicht gemeinsam mit den Vollzeitstudierenden ausgewiesen werden. Nur dann kann ein realistisches Bild der wirklichen Studienzeiten gegeben werden.


1. Studierbarkeit des Lehrangebots und Teilzeitstudium


Die Ständige Kommission für die Studienreform hat im Jahre 1982 eine Stellungnahme zur Dauer des Studiums und zur Studierbarkeit des Lehrangebotes abgegeben, die von WRK und KMK zustimmend zur Kenntnis genommen worden ist. Darin wird der Zeitaufwand für das Studium von Vollzeitstudierenden mit 40-45 Stunden pro Woche angegeben. Unter Berücksichtigung der Vor- und Nachbereitungszeiten ergeben sich Präsenzzeiten von etwa 20 SWS an Universitäten und 20-25 SWS an Fachhochschulen. Die vorlesungsfreie Zeit ist - nach Abzug von sechs Wochen für Urlaub und Krankheit - einbezogen [7]. In Studiengängen, die zahlreiche Laborarbeiten und/oder Praktika umfassen, ergeben sich jedoch häufig höhere Anwesenheitszeiten von bis zu 30 SWS.


Von Teilzeitstudien ist nach dieser Definition des Zeitaufwandes für ein Studium daher erst auszugehen, wenn die Studierenden mindestens einer Halbtagserwerbstätigkeit nachgehen, z. B. im Umfang von 80 Stunden monatlich bzw. 900 Stunden jährlich. Zeiten, die durch gesundheitliche, familiäre o.a. Beeinträchtigungen in Anspruch genommen werden, sich also studienzeitverlängernd auswirken, sind entsprechend zu berücksichtigen. Diese Abgrenzung liegt den nachfolgenden Erörterungen zugrunde.


2. Möglichkeiten zur Einführung von Teilzeitstudiengängen


Die Untersuchungen von HIS und vom Bayerischen Staatsinstitut sowie eine Studierendenbefragung an der Universität Kaiserslautern [8] zeigen, daß die Studiengänge in unterschiedlicher Weise für ein Teilzeitstudium geeignet sind. Aus Kaiserslautern ergibt sich exemplarisch, daß Studiengänge, die lange Präsenzzeiten an Wochentagen in Laboratorien und ähnlichen Einrichtungen erfordern, für Teilzeitstudierende ungeeignet sind. Hierzu gehören insbesondere die Medizin, die Naturwissenschaften und ein Teil der Ingenieur­wissenschaften.


3. Angebote von Teilzeitstudien in Deutschland


a. An der Freien Universität Berlin wurden mit der Satzung für Studienangelegenheiten vom 19.01.1994 Regelungen zum Teilzeitstudium in universitären Studienangeboten eingeführt. Diese basieren auf § 22 Abs. 2 des Berliner Hochschulgesetzes i.d.F. vom 31. Dezember 1993 und beziehen sich auf drei Fälle von Teilzeitstudium:


Zum einen werden für bestimmte Weiterbildungs-Studienangebote ausschließlich Teilzeitstudien angeboten (z.B. Journalistenweiterbildung, Weiterbildendes Studium Medizinische Physik). Zum anderen kann generell wahlweise neben dem Vollzeitstudium ein Teilzeitstudium ermöglicht werden; die Fachbereiche müssen in der Studienordnung und in weiteren Beschlüssen dafür Vorkehrungen treffen. Schließlich kann ein Teilzeitstudium in allen Studiengängen und Studienphasen ohne Zulassungsbeschränkungen aufgenommen werden, auch wenn für ein Teilzeitstudium keine Regelungen vorliegen.


Für ein Teilzeitstudium wird immatrikuliert, wer - in der Regel bei der Rückmeldung - erklärt, daß er/sie im kommenden Semester für das Studium nicht mehr als die Hälfte des Zeitbedarfs für ein Vollzeitstudium aufwenden kann. Semester im Teilzeitstudium werden als ganze Hochschulsemester und als halbe Fachsemester gezählt. Die Fachstudienzeit, auf die sich in Ordnungen festgelegte Studienpläne, Prüfungsfristen und obligatorische Prüfungsberatung und Regelstudienzeit beziehen, "läuft" während des Teilzeitstudiums nur in "halben Schritten weiter".


Da das Teilzeitstudium nur in der Studienordnung geregelt werden soll, hat dies zur Folge, daß Prüfungsordnung und Prüfungsbestimmungen unverändert auch für das Teilzeitstudium gelten. Dies gilt insbesondere auch für die Bearbeitungszeiten von Diplom- und Magisterarbeit.


b. Eine besondere Form des Teilzeitstudiums ist das Fernstudium. In ihm werden Fern- mit Präsenzphasen kombiniert angeboten. Entsprechende Angebote werden seit den 70er Jahren vor allem von der Fernuniversität Hagen, in jüngerer Zeit zunehmend auch von Präsenzhochschulen, beispielsweise von den Universitäten Chemnitz, Dresden und Magdeburg sowie von den Fachhochschulen Brandenburg und Niederrhein unterbreitet.


In zahlreichen Fällen konnte man auf die Erfolge und Erfahrungen der Hochschulen in den neuen Ländern aufbauen. Die Fernstudienform wird als besonders geeignet angesehen, einen berufsbegleitenden Studienzugang zu eröffnen und weiteren Personengruppen, die aus sozialen, gesundheitlichen oder sonstigen Gründen das Präsenzstudium nicht wahrnehmen können, dennoch ein Studium zu ermöglichen. Dabei zeigen sich allerdings auch Probleme der Betreuung sowie eine hohe Fluktuation infolge der zeitlichen Belastung der Studierenden.


c. Weitere Varianten für ein Teilzeitstudium sind Studiengänge [9], bei denen Fakultäten/Fachbereiche nach Absprache mit Unternehmen Studienpläne und Prüfungen so gestalten, daß die Situation berufsbegleitend oder in Teilzeit Studierender berücksichtigt wird.


Der Fachbereich Betriebswirtschaftslehre der Fachhochschule Nürnberg spricht beispielsweise die genaue Organisation eines berufsbegleitenden Studiums individuell mit den Betrieben ab. Auf der Grundlage des gültigen Vorlesungsverzeichnisses wird für jedes Unternehmen ein Zeitplan entwickelt, in dem den Studierenden die Zeiten des Studiums, die Arbeitszeiten im Betrieb sowie Zeiträume für Prüfungsvor- und Nachbereitung vorgegeben werden [10].


4. Angebote für Teilzeitstudien im Ausland


In Großbritannien wird für die grundständigen Studiengänge im Teilzeitstudium die doppelte oder eine noch längere Studienzeit im Vergleich zum Vollzeitstudium vorgesehen; die Lehrveranstaltungen liegen häufig in den Abendstunden. In französischen Hochschulen können Studierende die für ein Studienjahr vorgeschriebenen Module in zwei Jahren erwerben. Allerdings müssen sie eine Bescheinigung des Arbeitgebers über die Erwerbstätigkeit vorlegen.


Auch in den Niederlanden und Schweden gelten besondere Regelungen für das weitverbreitete Teilzeitstudium. So wird in den Niederlanden die Regelstudienzeit für Vollzeitstudierende von vier Jahren für Teilzeitstudierende auf sechs Jahre erhöht [11]. In Schweden werden zahlreiche Lehrveranstaltungen "halbiert", das heißt über den doppelten des für sie vorgesehenen Zeitraums ausgedehnt.


Auch für das Fernstudium bestehen im Ausland bewährte Modelle, beispielsweise die Open University Großbritanniens oder die Centres de Télé-Enseignement Universitaires in Frankreich.


5. Bei der Einführung von Teilzeitstudien notwendige Regelungen


Bei der Einführung von Teilzeitstudien im grundständigen Studium müssen folgende Fragen vorrangig geklärt und entschieden werden:


Soll angesichts des faktischen Vorhandenseins von Teilzeitstudium auch in sog. Vollzeitstudiengängen der Teilzeitstudentenstatus auf freiwilliger Basis gewählt, das Vollzeitstudium also gestreckt oder nur aufgrund festgestellter Berufstätigkeit oder nachgewiesener Kindererziehung gewählt werden können?


Kann die Teilzeitstudienzeit als Ausfallzeit bei der Rentenversicherung und bei der Dienstaltersanrechnung im Beamtenrecht sowie bei der gesetzlichen Krankenversicherung angerechnet werden, auch wenn gleichzeitig über Teilzeitbeschäftigung ein Anspruch anwächst?


Hat für Teilzeitstudierende die studentische Krankenversicherung oder die Krankenversicherung aus dem Arbeitsverhältnis Priorität?


Sollen Teilzeitstudierende geldwerte Vorteile in Form von Ermäßigungen z.B. bei Verkehrstarifen und Kulturangeboten erhalten?


6. Empfehlungen


a. Das Vollzeitstudium ist nach wie vor für die große Mehrzahl der Studierenden die normale Form des Studiums. Ihm ist weiterhin Priorität einzuräumen, denn es ist die effektivste Form, zügig einen ersten berufsqualifizierenden Abschluß zu erwerben [12].


Erreicht werden kann dieses Ziel durch die Verbesserung hochschulinterner Bedingungen: z.B. sollten für Kinder Studierender Betreuungsmöglichkeiten geschaffen bzw. verbessert werden. Auch sollten die Öffnungszeiten von Bibliotheken, Seminaren, Laboren etc. auch den Bedürfnissen von Teilzeitstudierenden weitgehend angepaßt werden.


Wenn sich die Hochschulen dazu entschließen, in fachlich geeigneten Studiengängen Formen des Teilzeitstudiums - als Teile eines regulären Lehrangebots für Vollzeitstudien oder als gesonderte Studienangebote - mit hierauf zugeschnittenen Studienplänen zu initiieren, muß den fächer- und standortspezifischen Bedingungen flexibel Rechnung getragen werden.


b. Die notwendige Flexibilisierung von Studiengängen sollte vor allem durch Modularisierung erreicht werden. Durch Gliederung in thematische zielorientierte Studieneinheiten - Module, die sich über einen festgesetzten Zeitraum erstrecken und Vorlesungen, Übungen, Seminare, Praktika umfassen - kann ein Studium besser strukturiert und für Studierende einerseits transparenter, andererseits flexibler gestaltet werden.


In Verbindung mit einem Leistungspunktesystem, in dem Lehrveranstaltungen und der durch Prüfungen nachgewiesene Wissenserwerb mit Punkten versehen werden, kann ein Studienabschluß - Bachelor und/oder Master/Diplom - durch Summierung der Ergebnisse der einzelnen Module erreicht werden [13]. Solchermaßen aufgebaute Studiengänge ermöglichen Teilzeitstudierenden eine individuelle Streckung ihres Studiums über den üblichen Zeitrahmen eines Vollzeitstudiums hinaus.


Voraussetzung für eine Modularisierung sind deutlich erkennbare und transparente Studiengangstrukturen. Sie umfassen sowohl den Pflicht- und Wahlpflicht- als auch den Wahlbereich. Umfang und Inhalte der einzelnen Module sind im einzelnen zu beschreiben. Gleichfalls sind fachspezifisch die für einen Abschluß erforderliche Anzahl der Module sowie der höchstzulässige Zeitrahmen, innerhalb dessen sie zu erwerben sind, festzulegen.


c. Universitäten und Fachhochschulen sollten den Bedarf an gesonderten Teilzeitstudien seitens der Studierenden und das Interesse oder die Bereitschaft von Unternehmen untersuchen, beispielsweise in dualen Studiengängen mitzuwirken oder ihren Arbeitnehmern über einen längeren Zeitraum ein Teilzeitstudium durch verkürzte Arbeitszeiten zu ermöglichen.


Auf dieser Grundlage ist zu prüfen, ob und in welchen Fällen ein den Bedürfnissen Teilzeitstudierender entsprechendes inhaltlich, didaktisch und organisatorisch ausgestaltetes Studium angeboten und institionalisiert werden kann.


Das Lehrveranstaltungsangebot an einer Präsenzhochschule für Teilzeitstudierende sollte einen breitgefächerten zeitlichen Rahmen vorsehen (einschließlich Abendstunden und Wochenenden). Auch sollten mediengestützte Fernstudienangebote verstärkt entwickelt werden, die eine größere zeitliche und örtliche Flexibilität ermöglichen und daher für berufstätige und Kinder-betreuende Teilzeitstudierende von besonderer Bedeutung sind. Dabei könnten auch entsprechende Module verschiedener Hochschulen kombiniert werden. Eine Verbindung von Präsenz- und Fernstudium ist gleichfalls denkbar.


d. Für Teilzeitstudierende ist insbesondere die Studieneingangs- und regelmäßige fachspezifische studienbegleitende Beratung vorzusehen bzw. zu intensivieren.


e. Berufliche Tätigkeit als Begründung für ein Teilzeitstudium sollte durch Arbeitsverträge oder Vorlage der Steuerkarte nachgewiesen werden. Andere umfangreiche zeitliche Belastungen wie familiäre Verpflichtungen, gesundheitliche Beeinträchtigungen etc. sollten nachprüfbar nachgewiesen werden. Sie sollten Grundlage für die Immatrikulation als Teilzeitstudierende sein.


f. Für Teilzeitstudierende, die aus finanziellen, familiären oder sozialen Gründen ein Vollzeitstudium nicht wahrnehmen können, sollte eine andere Berechnung der Studienzeiten vorgesehen werden, damit ungerechtfertigte Fristsetzungen und Sanktionen vermieden werden können.


In Satzungen der Hochschulen bzw. in Studienordnungen ist festzulegen, wie Studienzeit für Teilzeitstudierende im Vergleich zu Vollzeitstudierenden gezählt wird, um wieviele Semester sich die Regelstudienzeit bis zur Zwischen- und Hauptprüfung bzw. für studienbegleitende Prüfungen verlängert, welcher Studienumfang von Teilzeitstudierenden verlangt wird und wann spätestens die erstmalige Meldung zur Abschlußprüfung erfolgen muß. Auf jeden Fall sollten die Prüfungsordnungen entsprechend gelten. Als Modelle können die Regelungen der Freien Universität Berlin, Fernstudien sowie berufsintegrierende Studiengänge dienen.


g. Bei einer u.a. an Studienanfängerzahlen, Studierenden in der Regelstudienzeit und Absolventen orientierten, leistungs- und belastungsorientierten, formelgebundenen Finanzierung der Hochschulen muß das Teilzeitstudium Berücksichtigung finden.


h. Hinsichtlich der Auswirkungen des Teilzeitstudiums auf materielle Leistungen für Studierende sollte nach den oben beschriebenen Fallgruppen unterschieden werden.


Erhält jemand den Förderungshöchstbetrag nach BAföG, so ist ein Vollzeitstudium zu verlangen und ein Teilzeitstudium auszuschließen.


Bei gesundheitlich Beeinträchtigten, chronisch oder vorübergehend schwer Erkrankten kann nur selten die Einhaltung der Regelstudienzeiten für Vollzeitstudierende verlangt werden. Für sie sind in der Regel in den Prüfungsordnungen Ausnahmen vorgesehen. Sie werden auch nur ausnahmsweise in der Lage sein, einer umfangreichen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Hier sollte der Bezug von Studienförderung nach dem BAföG mit der Möglichkeit der Verlängerung der Förderung (wie zum Teil auch schon gegeben) geschaffen werden.


Darüber hinaus müßte dieser Personenkreis auch die sonstigen materiellen Vorteile des Studierendenstatus in Anspruch nehmen können.


Für Teilzeitstudierende, die familiäre Verpflichtungen (z.B. Kinder) haben, müßten entsprechende Mischlösungen aus BAföG und Sozialhilfe entwickelt werden. Sie könnten den Betreffenden die Möglichkeit eröffnen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und für einen längeren Zeitraum gewisse Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen.


Schlußbemerkung


Unabhängig von allen Regelungen zum Teilzeitstudium müssen die Hochschulen in Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die Studierenden für eine größere Transparenz der Studiengänge und deren Studierbarkeit, z.B. durch Abstimmung und Sicherstellung des Lehrangebotes, Sorge tragen, um einen Studienabschluß innerhalb der Regelstudienzeit realistisch werden zu lassen.


 


Anmerkungen


[1] Das soziale Bild der Studentenschaft in der Bundesrepublik Deutschland, 14. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, Bonn 1995, S. 137


[2] ebd. S. 136 f


[3] E. Berning u.a., Die Studiensituation von Teilzeitstudenten - Das Studienangebot der Hochschulen, Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung, München 1996, S. II


[4] ebd. S. IV


[5] ebd. S. 154 f


[6] ebd. S. VI


[7] Dauer des Studiums und Studierbarkeit des Lehrangebots. Veröffentlichungen zur Studienreform (1982), Heft 12


[8] A. Barz, Th. Miethig, Qualität der Lehre - die Ergebnisse der repräsentativen Studierendenbefragung an der Universität Kaiserslautern im Wintersemester 1992/93, Kaiserslautern Januar 1994


[9] Chr. Konegen-Grenier, Hochschulen und Unternehmen im Ausbildungsverbund, Beiträge zu Gesellschafts- und Bildungspolitik 197, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln 1994, S. 29


[10] ebd. S. 29 ff


[11] E. Berning, S. 182


[12] ebd. S. 16413) vgl.: "Zu Kredit-Punkte-Systemen und Modularisierung" - Empfehlung des Plenums der HRK vom 7. Juli 1997