HRK-Positionspapier zur wissenschaftlichen Weiterbildung


Entschließung des 588. HRK-Präsidiums am 7.7.2008



1. Bedeutung und Begriff


Wissenschaftliche Weiterbildung hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Dafür gibt es mehrere Gründe:


Kürzere Innovationszyklen: Der wissenschaftliche und technologische Fortschritt hat sich beschleunigt: Reichte früher ein Studium oft als Grundlage für das gesamte Berufsleben aus, müssen heute Qualifikationen auf den neuesten technologischen Stand gebracht, interdisziplinär ausgebaut und nicht selten auch um völlig neue Fertigkeiten und Fähigkeiten ergänzt werden.


Demographische Entwicklung: Nach dem Ende des prognostizierten Studierendenhochs werden ab 2020 weniger Studierende und damit auch Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen erwartet, bereits jetzt steigt der Anteil älterer Akademikerinnen und Akademiker. Ist es bisher den Arbeitgebern möglich gewesen, aktuelles und innovatives akademisches Wissen durch Neueinstellungen junger Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen zu akquirieren, werden sie künftig verstärkt auf die Weiterqualifizierung von Personen setzen müssen, die bereits im Arbeitsleben stehen.


Umstellung auf gestufte Studienstruktur: Der Bolognaprozess trägt einerseits den o. g. Entwicklungen Rechnung, andererseits verstärkt er deren Wirkungen. Bachelorstudiengänge vermitteln breite fachwissenschaftliche, methodische und überfachliche Kompetenzen und ermöglichen einen frühen Berufseinstieg. Spezialisierungen und der Erwerb weiterer akademischer Grade können sich unmittelbar an ein Bachelorstudium anschließen, können aber auch später, nach einer Phase erster Berufstätigkeit, erfolgen.


Diesen Entwicklungen wird zumindest normativ dadurch Rechnung getragen, dass neben den klassischen Aufgaben von Forschung und Lehre die wissenschaftliche Weiterbildung in allen Hochschulgesetzen der Länder als Aufgabe der Hochschulen verankert ist. Betrachtet man allerdings die staatliche Alimentierung, so stellt man fest, dass der Staat sich hier offenbar weniger in der Pflicht sieht als bei grundständiger Lehre und bei Forschung. Während die akademische Erstausbildung weitgehend aus staatlichen Mitteln erfolgt, soll die wissenschaftliche Weiterbildung vorrangig privat, aus Teilnehmergebühren, finanziert werden. In einem gewissen Widerspruch zum Konstrukt der Kostendeckung durch Teilnehmergebühren steht der Wunsch mancher Länder, die Hochschulen sollten die Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer, ohne das eine entsprechende Kostenübernahme angeboten wird.


Eine Ausweitung des Begriffs der wissenschaftlichen Weiterbildung etwa auf Bachelorstudiengänge würde die staatliche Verantwortlichkeit zu Lasten privater Finanzierung reduzieren.


Das vorliegende Papier konzentriert sich deshalb auf wissenschaftliche Weiterbildung im engeren Sinne, die einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss voraussetzt, - nach Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit erfolgt und - im Hinblick auf die Adressatengruppe inhaltlich und didaktisch-methodisch auf Hochschulniveau entsprechend aufbereitet ist sowie das spezifische Zeitbudget Berufstätiger berücksichtigt (vgl. Bildung schafft Zukunft. Wissenschaftliche Weiterbildung im System der gestuften Studienstruktur. Gemeinsames Papier von BDA, HRK, BDI, 2007, S. 9f.).


Primäre Zielgruppe sind danach Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen mit Berufserfahrung. Ein solch enger Begriff von wissenschaftlicher Weiterbildung, der vor dem Hintergrund der spezifisch deutschen Finanzierungssystematik zu verstehen ist, bedeutet keinesfalls, dass der Aspekt der Durchlässigkeit des Bildungssystems vernachlässigt wird - im Gegenteil: Die Unterstützung lebenslangen Lernens und die Sicherstellung von Durchlässigkeit und Anrechenbarkeit früher erworbener Kompetenzen werden als Aufgabe der Hochschulen insgesamt, sowohl in der Lehre als auch in der Weiterbildung, verstanden.


Das Papier richtet sich an Politik und Hochschulleitungen und gibt Empfehlungen für einen Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung.


2. Situation


Traditionell engagiert sich das hauptamtliche wissenschaftliche Hochschulpersonal mit Unterstützung der Hochschulen stark auf dem Gebiet der Weiterbildung in der Forschung und zwar über die wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Die regelmäßigen Veranstaltungen werden weitgehend von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern getragen, obwohl auch forschendes Personal aus Unternehmen, Kliniken und außeruniversitären Forschungseinrichtungen daran partizipiert. Das Engagement erfolgt ehrenamtlich, die Beteiligten sind intrinsisch motiviert, weil sie sich von dem wissenschaftlichen Austausch einen Erkenntnisgewinn erwarten, der die eigene Forschung und Lehre befruchtet.


Anders verhält es sich bei den Aktivitäten zahlreicher Lehrenden bei anderen Bildungsträgern wie Kammern, Akademien usw. Hier steht in der Regel die Aufbesserung des Gehaltes im Vordergrund. Gemeinsam ist den beiden Fällen, dass die Aktivitäten nicht der Hochschule zugeschrieben werden, auch sind sie nicht Bestandteil einer Strategie der Hochschule.


Wollte eine Hochschule zum Akteur werden, so gründete sie bis vor wenigen Jahren in der Regel eine GmbH, die gelegentlich auch als An-Institut auftrat. Verantwortlich dafür waren Rahmenbedingungen, die es den Hochschulen praktisch nicht erlaubten, ihrem gesetzlichen Auftrag innerhalb der eigenen Institution nachzukommen. So konnte das eigene Personal nicht in Nebentätigkeit beschäftigt werden, bei der Gewinnung externer Dozentinnen und Dozenten war man an nicht marktfähige Lehrauftragssätze gebunden, auch war keineswegs gesichert, dass Einnahmen aus der Weiterbildung in den Hochschulen verbleiben konnten usw. Die meisten dieser Hemmnisse sind inzwischen beseitigt, die Spielräume der Hochschulen sind allerdings länderspezifisch. Der wesentliche Vorteil einer externen Organisationsform liegt heute in der Unabhängigkeit vom Tarifrecht des öffentlichen Dienstes und damit der Möglichkeit, das Personal stärker leistungsabhängig zu bezahlen. Auch spielen Fragen der Studienplatzkapazität und des Einsatzes staatlicher Mittel hier keine Rolle.


Eine Reihe von Hochschulen bietet inzwischen wissenschaftliche Weiterbildung über eine zentrale Stelle innerhalb der Hochschule an. Die Hochschule tritt hier nach außen als Träger in Erscheinung und kann Strategie und Abläufe beeinflussen. Meist gibt es daneben allerdings noch weitere Stellen innerhalb der Hochschule, die Weiterbildung anbieten, und gelegentlich sind die Aktivitäten zentraler Weiterbildungseinrichtungen auf dem Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung im engeren Sinne nicht sehr ausgedehnt.


Erleichtert wird die Entwicklung neuer weiterbildender Studienangebote bei der Kooperation mehrerer Hochschulen, wie das beim Institut für Verbundstudien der Fall ist, das von den nordrhein-westfälischen Fachhochschulen getragen wird. Durchgeführt werden die Studiengänge durch die einzelnen Hochschulen.


Von einem strategisch geplanten, umfassenden und flächendeckenden Angebot wissenschaftlicher Weiterbildung durch die Hochschulen kann zur Zeit nicht die Rede sein. Es ist allerdings zu erwarten, dass im Rahmen des Bologna-Prozesses weiterbildende Masterstudiengänge erheblich an Bedeutung zunehmen. Zahlreiche Hochschulen stellen gegenwärtig fest, dass viele Absolventinnen und Absolventen von Bachelorstudiengängen, gerade in Fächern mit sehr guten Berufsaussichten und attraktiver Bezahlung, zunächst berufliche Möglichkeiten in der Praxis wahrnehmen und eine akademische Weiterqualifizierung erst für einen späteren Zeitpunkt ins Auge fassen, dann allerdings in berufsbegleitender Form. Davon werden für die Hochschule Anstöße ausgehen, sich mit dem Angebot wissenschaftlicher Weiterbildung umfassender auseinander zu setzen.


3. Ursachen


Viele Hochschulen gehen das Thema wissenschaftliche Weiterbildung gegenwärtig noch zurückhaltend an, weil sie Hindernisse in den Rahmenbedingungen sehen, es an Anreizen für Institutionen und Personen fehlt und weil das Thema angesichts zahlreicher Reformvorhaben im Aufgabenbereich von Lehre und Forschung deshalb eine geringere Priorität erhält.


Hindernisse und Unklarheiten in den RahmenbedingungenSchon erwähnt wurde das Problem, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Weiterbildung (ebenso wie im Transferbereich) leistungsabhängig zu bezahlen. Das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes bietet hier keine ausreichenden Spielräume. Hinzu kommen Unklarheiten, inwieweit Mittel der Hochschule und Lehrkapazität für die Weiterbildung eingesetzt werden dürfen. Die gelegentlich geäußerte Erwartung, die wissenschaftliche Weiterbildung könne sich nicht nur selbst tragen, sondern sogar Überschüsse für die Hochschulen erwirtschaften, wurde mit Expertinnen und Experten für wissenschaftliche Weiterbildung erörtert (s. Anhang). Konsens bestand darin, dass diese Erwartung als unrealistisch zu beurteilen ist. Zwar gibt es einzelne Programme und Veranstaltungen, die schwarze Zahlen schreiben, diesen stehen jedoch viele andere gegenüber, bei denen dieses nicht der Fall ist, an denen aber ein hohes gesellschaftliches Interesse besteht. Zu nennen sind hier z. B. spezielle Programme für Migranten oder Wiedereinsteiger sowie die sogenannten PUSH- (Public Understanding of Science and Humanities) und PUR-(Public Understanding of Science) Programme. Auch ist wissenschaftliche Weiterbildung mit erheblichen Kosten und Risiken verbunden: Kosten entstehen bei der Entwicklung, Markteinführung und Durchführung. Ein beachtlicher Kostenanteil muss vorfinanziert werden, ehe Teilnehmergebühren vereinnahmt werden können. Hochschulen sind außerdem verpflichtet, Studiengänge auch dann zu Ende zu führen, wenn die Teilnehmerzahlen einen wirtschaftlichen Betrieb nicht zulassen. Die wissenschaftliche Weiterbildung benötigt deshalb eine Anschubfinanzierung und ein Mindestmaß an laufenden Mitteln, um die Kontinuität zu sichern.


Unsicherheit gibt es auch hinsichtlich des Einsatzes von Hochschulpersonal im Hauptamt. Bei zulassungsbeschränkten Studiengängen befürchten die Hochschulen Klagen abgewiesener Bewerberinnen und Bewerber für grundständige Bachelor- und Masterstudiengänge, wenn sie den Einsatz in der Weiterbildung auf die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen Hochschulpersonals anrechnen.


Fehlende Anreize für Hochschulen und wissenschaftliches Personal Förderlich für eine Hochschulkarriere sind vor allem Erfolge in der Forschung, in zweiter Linie spielt die Qualität der Lehre eine Rolle - zumindest wird dies in letzter Zeit zunehmend gefordert. Die Weiterbildung wird meist als ein davon getrennter Bereich gesehen, der keinen Mehrwert für Forschung und Lehre erbringt. Wie das Engagement im Rahmen der wissenschaftlichen Fachgesellschaften zeigt, kann aber aus einer Verbindung von Forschung und wissenschaftlicher Weiterbildung intrinsische Motivation generiert werden. Unter wirtschaftlichen Aspekten sehen Hochschulen vielfach vor allem die Risiken. Möglichkeiten attraktiver Bezahlung von C-Professorinnen und -Professoren in Nebentätigkeit oder von W-Professorinnen und-Professoren über die Lehr- und Forschungszulage oder einer Verbesserung der Ausstattung über Weiterbildungsdrittmittel werden selten genutzt.


Niedrige Priorität gegenüber Reformvorhaben in Lehre und ForschungDer Bolognaprozess, neue Leitungsstrukturen, die Einführung von Qualitätsmanagementsystemen, Globalhaushalten und kaufmännischer Buchführung sowie die Exzellenzinitiative fordern die Hochschulen in starkem Maße. Angesichts unbefriedigender Rahmenbedingungen und fehlender Anreize wird der wissenschaftlichen Weiterbildung deshalb vielfach eine niedrigere Priorität eingeräumt.


4. Empfehlungen


4.1 Empfehlungen an die Politik


Vor dem Hintergrund der deutschen Finanzierungssystematik werden die KMK-Strukturvorgaben (Ländergemeinsame Strukturvorgaben gemäß § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen [Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.10.2003]) für hilfreich gehalten, um die primäre Verpflichtung des Staates im Hinblick auf die Finanzierung des Erststudiums (Bachelorstudium sowie konsekutives und nicht-konsekutives Masterstudium) sicherzustellen. Das politische Ziel einer Erhöhung der Akademikerquote kann nur erreicht werden, wenn das Erststudium nicht mit kostendeckenden Gebühren belegt wird.


So wie aber in vielen Ländern inzwischen von den Studierenden ein finanzieller Beitrag für das Erststudium erwartet wird, so ist umgekehrt von den Ländern auch ein finanzielles Commitment im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung erforderlich. Wollen Hochschulen nicht nur personen- oder fakultätsspezifische Veranstaltungen in der Weiterbildung anbieten, sondern sich als Hochschule insgesamt des Themas annehmen, auch Studiengänge anbieten und ein längerfristig angelegtes Gesamtprogramm entwickeln, so muss ihre Grundfinanzierung Mittel für eine entsprechende Infrastruktur umfassen. Für Programmentwicklung, Marketing, Organisation und Finanzabwicklung ist dann eine zentrale Serviceeinrichtung erforderlich. Ziel- und Leistungsvereinbarungen können die Finanzierung sicherstellen.Sind Länder an einem stärkeren Engagement ihrer Hochschulen insgesamt oder einzelner entsprechend profilierter Hochschulen interessiert und ermöglichen diesen den Einsatz von wissenschaftlichem Personal im Hauptamt, so muss dies in entsprechenden Vereinbarungen (im Sinne der Empfehlungen der HRK zur Weiterentwicklung des Kapazitätsrechts) rechtssicher fixiert sein. Ansonsten müssen die Hochschulen Klagen abgewiesener Bewerberinnen und Bewerber für grundständige zulassungsbeschränkte Studiengänge befürchten.


Wünschenswert ist außerdem die Schaffung der Möglichkeit, Leitungspersonal in zentralen Serviceeinrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung jenseits der Tarifvereinbarungen für den öffentlichen Dienst leistungsabhängig bezahlen zu können. Die Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung erfolgt primär aus Gebühren, und die finanziellen Spielräume der Hochschule in diesem Bereich sind unmittelbar von diesen Einnahmen abhängig.


Notwendig für den Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung sind angemessene, klare und möglichst einheitliche Rahmenbedingungen seitens der Länder in Bezug auf Nebentätigkeiten, marktgerechte Honorare und Kapazitätswirksamkeit (s. 4.2.1), solange es keine Regelungskompetenz des Bundes gibt.


Aufgrund des Zusammenhangs zwischen wissenschaftlicher Weiterbildung und bundespolitischen Kompetenzen kann außerdem der Bund mit Hilfe von abgestimmten Förder- und Wettbewerbsprogrammen für Impulse sowie Anschubfinanzierungen sorgen, um die Aktivitäten der Hochschulen auf diesem Feld kurzfristig deutlich zu steigern und die Voraussetzungen für nachhaltige wissenschaftliche Weiterbildung zu schaffen.


4.2 Empfehlungen an die Hochschulen


Bei einem klaren auch finanziellen Commitment des Landes kann eine Hochschule wissenschaftliche Weiterbildung vorantreiben durch

  • die Schaffung von Anreizen,
  • Qualitätssicherung,
  • die Entwicklung einer Strategie für wissenschaftliche Weiterbildung und
  • die Einbettung in die Gesamtstrategie der Hochschule.

4.2.1 Anreize


Weiterbildungsteilnehmer haben in der Regel ein knappes Zeitbudget und wollen die für Weiterbildung verfügbare Zeit so gut wie möglich nutzen. Sie stellen deshalb hohe Anforderungen an die Lehrqualität. Aus Sicht der Hochschulen können so von der Weiterbildung Anstöße für die Verbesserung der Qualität der Lehre ausgehen. Für die in der Weiterbildung tätigen Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer ist die Arbeit mit den in der Regel sehr motivierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern oft besonders befriedigend, vor allem dann, wenn sie die beruflichen Erfahrungen der Teilnehmer systematisch einbeziehen und so einen ständigen Einblick in die Entwicklung der Berufsfelder gewinnen. Diese Erfahrungen können für die Weiterentwicklung der Bachelor- und Mastercurricula im Sinne der "employability" genutzt werden.


Über Aufgabenstellungen für Praxisprojekte und Abschlussarbeiten in Unternehmen können sich außerdem Anknüpfungspunkte für gemeinsame Projekte ergeben. Insbesondere die anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung kann davon profitieren. Organisatorisch kann deshalb eine enge Verbindung der zentralen Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung und für Transfer sinnvoll sein.


Der Mehrwert für Lehre und Forschung lässt sich allerdings nur erzeugen, wenn Hochschulpersonal in der Weiterbildung eingesetzt wird. Das setzt klare Rahmenbedingungen seitens des Landes voraus, die auch anderweitige Entlastung und finanzielle Anreize zulassen. Dazu zählt vor allem die Möglichkeit, wahlweise die Weiterbildungstätigkeit auf das Lehrdeputat anzurechnen, oder marktfähige Honorare für Nebentätigkeiten an der eigenen Hochschule zu zahlen. Beide Optionen sollten in allen Ländern rechtlich möglich sein. Die Hochschule hat außerdem bei Bei W-Professorinnen und -Professoren hat die Hochschule die Möglichkeit, neben einer besonderen Leistungszulage aus dem Vergaberahmen das Instrument der Lehr- und Forschungszulage für die Honorierung von Weiterbildungsaktivitäten zu nutzen: Aus den Teilnehmergebühren - also nicht aus dem Topf für besondere Leistungszulagen - zahlt die Hochschule hier eine vereinbarte Zulage für die Dauer der Weiterbildungstätigkeit. Manche Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer sind allerdings - auch im Hinblick auf die dann fälligen steuerlichen Abzüge - weniger an einer Aufbesserung ihres Gehaltes als an einer Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen interessiert. Die Einnahmen aus Gebühren können in diesen Fällen für eine Verbesserung der personellen und sächlichen Ausstattung verwendet werden und kommen auf diese Weise auch der grundständigen Lehre und der Forschung zugute.


Von manchen Weiterbildungsaktivitäten, insbesondere den PUSH- und PUR-Programmen, erwarten die Hochschulen allerdings von vornherein keine relevanten Einnahmen, sondern sie setzen diese Veranstaltungen zu Marketingzwecken ein. Die Steigerung des Bekanntheitsgrades der Hochschule bei den Zielgruppen und eine bessere Verankerung in der Region stehen hier im Vordergrund


4.2.2 Qualitätssicherung


Die Hochschulen haben umfangreiche Erfahrungen mit Qualitätssicherungen in der Lehre. Diese Erfahrungen können auch für die wissenschaftliche Weiterbildung genutzt werden. Die Qualität der Programme wird bei weiterbildenden Studiengängen in der Akkreditierung geprüft und durch fortlaufende Evaluation weiterentwickelt. Hierin ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal von Hochschulen zu sehen. Für die Prüfung von Angeboten unterhalb der Studiengangsebene, also Zertifikatskurse, einzelne Module und Einzelveranstaltungen, gibt es keinen staatlichen Auftrag des Akkreditierungsrates. Die Systemakkreditierung als Gütesiegel für das Lehrangebot einer Hochschule kann aber künftig hilfsweise herangezogen und für das Marketing genutzt werden. Dort wo Akkreditierungsagenturen nicht zuständig sind, können die Hochschulen ihre eigenen Qualitätssicherungssysteme einsetzen und sich auf Einhaltung bestimmter Standards verpflichten.


Im Hinblick auf die Qualität des Weiterbildungsangebots ist es zweckmäßig, die Nachfrageseite bereits in der Entwicklungsphase einzubeziehen. Eine allgemeine Bedarfserhebung ist dabei nur begrenzt aussagekräftig, erfolgversprechender dürfte die Beteiligung von potentiellen Teilnehmerinnen und Teilnehmern und von Unternehmen bei der konkreten Ausgestaltung neuer berufsbezogener Angebote sein. Hilfreich sind dabei kontinuierliche Kontakte der Hochschule bzw. einzelner Fakultäten und Fachbereiche oder Institute zu Unternehmen.


4.2.3 Strategie für wissenschaftliche Weiterbildung


Will sich eine Hochschule des Themas wissenschaftliche Weiterbildung strategisch annehmen, so muss sie entscheiden, wie das Angebotsportfolio aussehen soll. Sowohl unter Profilbildungs- als auch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten wird dabei empfohlen, das Angebot am spezifischen Bildungsauftrag von Hochschulen festzumachen und nicht etwa in Konkurrenz zu Absolventinnen und Absolventen zu treten, die als Trainer, Berater, Coach oder Supervisor ihren Lebensunterhalt verdienen. Zu entscheiden ist über die Angebotsformen und die fachlichen Felder.


Die Angebotsformen umfassen Tagesveranstaltungen, mehrtägige Seminare, Zertifikatskurse und Studiengänge einschließlich weiterbildender Masterstudiengänge. Für Studiengänge ist eine Prüfungsordnung erforderlich, die auch die Zulassungsbedingungen regelt, und der Studiengang wird in den meisten Bundesländern zu akkreditieren sein. Bei einer strategischen Programmplanung können die verschiedenen Angebotsformen kombinierbar im Sinne eines Baukastensystems gestaltet werden. So können in sich abgeschlossene Module einzeln belegt und geprüft werden, eine bestimmte Kombination kann dann in ein Zertifikat oder einen Studienabschluss münden. Eine Hochschule kann sich jedoch auch mit ihrem Angebot auf einen bestimmten fachlichen Bereich konzentrieren und versuchen, auf diesem Feld einen überregionalen Ruf zu erwerben.


Bestandteil der Strategie kann es sein, möglichst viele bereits bestehende Angebote in ein Gesamtprogramm einzubinden, um die Aktivitäten der Hochschule nach außen deutlicher sichtbar werden zu lassen. Erforderlich ist dafür ein attraktives zentrales Unterstützungsangebot, das professionelle Planung, Marketing, Organisation und finanzielle Abwicklung bietet. Um von Fakultäten bzw. Fachbereichen und vom wissenschaftlichen Hochschulpersonal akzeptiert zu werden, muss der Dienstleistungscharakter deutlich werden. Ein Mehrwert für Lehre und Forschung kann nur entstehen, wenn ein kluges Wechselspiel von dezentraler fachbezogener Lehr- und Forschungskompetenz sowie zentralem Service gelingt.


4.2.4 Einbettung in die Gesamtstrategie der Hochschule


Eine Hochschule, die der wissenschaftlichen Weiterbildung einen hohen Stellenwert zumisst, muss sie in die Gesamtstrategie der Hochschule einbetten. So kann eine Hochschule, die sich als Forschungsuniversität versteht, auch ihr Weiterbildungsangebot stark forschungsbezogen, vielleicht auch international, ausrichten. Eine solche Hochschule könnte aber auch darauf setzen, dass ihr guter Ruf auch auf ein umfassend angelegtes Weiterbildungsspektrum ausstrahlt und im Sinne eines Brandings eine entsprechend große Nachfrage erzeugt.


Andere Hochschulen werden betonen, dass sie wissenschaftliche Weiterbildung als Baustein im Prozess des lebenslangen Lernens ansehen. Diese Hochschulen werden Durchlässigkeit als Profilmerkmal betrachten, welche das gesamte Lehrangebot durchzieht und sie werden klare Zugangsmöglichkeiten auch bei nicht-traditionellen Bildungsvoraussetzungen ausweisen. Zu einem solchen Profil passt auch die Entwicklung zielgruppenspezifischer Bachelorstudiengänge, die eine Kombination von Ausbildung und Studium ermöglichen oder auch auf vorangegangene Berufsausbildungen systematisch aufbauen.