Empfehlungen zum Dienst- und Tarif-, Besoldungs- und Vergütungsrecht sowie zur Personalstruktur in den Hochschulen


186. Plenum der HRK vom 2. November 1998


Vorbemerkung


I. Professorinnen und Professoren


II. Hochschullehrernachwuchs


III. Wissenschaftliches Personal (wissenschaftlicher Dienst)


IV. Administratives und technisches Personal




Vorbemerkung


Die Hochschulen in Deutschland werden in Zukunft angesichts der Entwicklung der Wissenschaft, der Entwicklung der Studienanfängerzahlen und der Entwicklung der öffentlichen Haushalte sowie des internationalen Wettbewerbs ihre Aufgaben mehr als in der Vergangenheit wettbewerbs- und anreizorientiert erfüllen. In Hochschulen und Politik besteht weitgehende Übereinstimmung, daß nicht zuletzt deshalb das Dienst- und Tarifrecht, Besoldungs- und Vergütungsrecht sowie die Personalstruktur der Hochschulen veränderungsbedürftig sind.


Das am 1. Juli 1997 in Kraft getretene "Gesetz zur Reform des Öffentlichen Dienstrechts" (im folgenden: "Reformgesetz") reicht zur Realisierung dieser Ziele im Hochschulbereich nicht aus, da es sich nicht auf Professorinnen und Professoren bezieht, die als Leistungsträger die Leistungen und die Leistungsfähigkeiten der Hochschulen entscheidend bestimmen. Ferner reichen die Änderungen für das administrative und technische Hochschulpersonal nicht aus.


Die HRK strebt daher für den Hochschulbereich gesonderte Lösungen für ein anreizorientiertes Dienst-, Besoldungs- bzw. Tarifrecht für

  • die Professorinnen und Professoren
  • das übrige wissenschaftliche Personal
  • das administrative und technische Personal an.

Bereits mehrfach hat die HRK empfohlen, personelle und sächliche Ausstattungen für Forschung und Lehre im Rahmen von Berufungs- und Bleibeverhandlungen mit Professorinnen und Professoren leistungsbezogen und deshalb zeitlich befristet zur Verfügung zu stellen. Die KMK ist diesen Empfehlungen kürzlich mit einem entsprechenden Beschluß gefolgt.


Leistungsbezogenheit und zeitliche Befristung sollten auch für einen Teil der persönlichen Vergütung gelten. Dabei ist in den jeweiligen Verhandlungen auch zu prüfen, ob und inwieweit im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen die möglichen Einkünfte aus (genehmigter) Nebentätigkeit im Verhältnis zur Tätigkeit im Hauptamt einzubeziehen sind.


Ziel ist der Aufbau einer flexiblen, von der Hochschule soweit wie möglich selbst zu verantwortenden, aufgaben- und leistungsorientierten Personalentwicklung als ein Instrument für Profilbildung, Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung sowie als Wettbewerbselement im Hochschulsystem. Dieses Ziel und das Gebot der Gleichbehandlung bei gleicher Leistung erfordern zwingend die Angleichung der Vergütung und Besoldung in den neuen Bundesländern an die der alten.


Für die Umsetzung der Empfehlungen in den Abschnitten I., III. und IV. ist neben rechtlichen Änderungen die Einführung von echten mehrjährig verläßlichen Globaldotationen entscheidende Voraussetzung. Die Hochschulen müssen auf der Grundlage der verfügbaren Stellen unter Einbeziehung der tatsächlichen Aufwendungen ausfinanzierte Globalhaushalte mit Dynamisierungsklausel für Vergütungs- und Besoldungsänderungen erhalten.


Darin müssen ihnen auch die Finanzmittel für die üblichen Gehaltssteigerungen/Tariferhöhungen gemäß Besoldungsgesetz und Tarifvertrag, für Beihilfezahlungen, für die "Alterszulagen", für die bisherigen Zulagen für die Berufungs- und Bleibeverhandlungen sowie für den auf die jeweilige Hochschule entfallenden Anteil der staatlichen Altersversorgung zur Verfügung gestellt werden.


Zur Sicherung der Planungsgrundlagen und der Finanzierung sollten Hochschulverträge zwischen Land und Hochschulen mit Ziel- und Leistungsvereinbarungen auch über Studiengänge und Studienplatzangebote geschlossen werden, die hinsichtlich der Finanzierung durch den Haushaltsgesetzgeber, das Parlament, abgesichert sind.


In dem Zusammenhang muß den Hochschulen Dienstherreneigenschaft sowie Tarifhoheit übertragen werden. Dann können sie stärker als bisher Gehaltsstrukturen und Leistungsvergütungen selbständig gestalten und so im Wettbewerb um das beste Personal besser bestehen. Insoweit hält die HRK die Schaffung eines eigenständigen Personalstatuts für alle in den Hochschulen hauptamtlich Tätigen für erforderlich.


Die Vielzahl der Stellentypen für das wissenschaftliche wie das administrative Personal ist zu reduzieren. Für den Angestelltenbereich sollte erwogen werden, daß die Hochschulen sich zu Tarifgemeinschaften - ggf. mit anderen Wissenschafts­organisationen - zusammenschließen und Vereinbarungen über Grundzüge der Gehaltsstrukturen treffen, ohne die notwendige Flexibilität im Einzelfall einzuschränken.


Da für die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen die Leistungen der Professorinnen und Professoren von entscheidender Bedeutung sind, werden in Abschnitt II. Vorschläge zur Neustrukturierung des Qualifikationswegs zur Professur unterbreitet.


I. Professorinnen und Professoren


1. Besoldung


Professoren und Professorinnen werden gegenwärtig überwiegend als Beamte beschäftigt. Deshalb konzentrieren sich die Empfehlungen zunächst auf die Vergütung von Professoren und Professorinnen im Beamtenverhältnis. Im Interesse einer größeren Flexibilisierung von Arbeitszeit (Teilzeittätigkeit), die eine unerläßliche Voraussetzung u. a. für eine bessere Förderung von Frauen in der Wissenschaft ist, von Beschäftigungsdauer und Vergütung wird darüber hinaus eine stärkere Nutzung der z. T. rechtlich bereits zulässigen Optionen auf die Beschäftigung von Professoren im Angestelltenverhältnis empfohlen (s. Abschnitt 2).


Die Professorenbesoldung erfolgt nach geltendem Recht in den C-Besoldungsgruppen in Form eines Grundgehaltes mit einem Familienzuschlag. Alle Besoldungsgruppen sehen aufsteigende Vergütungen vor, die in 15 Stufen alle zwei Jahre - unabhängig von Art und Umfang der Tätigkeit - ansteigen ("Alterszulagen"). Außerdem sieht das geltende Recht Berufungs-, Bleibe- und Sonderzuschüsse vor, die als leistungsbezogene Besoldungselemente im Wettbewerb um die besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewährt werden können.


Insofern wird im gegenwärtigen Besoldungssystem die - nachgewiesene oder erwartete - individuelle Leistung finanziell ausschließlich durch die Berufung und eine dabei mögliche Gehaltssteigerung honoriert. Berufungen erfolgen im Wettbewerb der Hochschulen und ihrer Träger. Dieser Wettbewerb um die Besten und Leistungsstärksten soll mit diesen Empfehlungen gestärkt werden (vgl. auch Resolution des Deutschen Hochschulverbandes vom 28.3.1998, Anlage 1.


Einen Ansatz zu einer noch stärker leistungsorientierten Besoldung sieht die HRK darin, den Anteil der variablen und z.T. zeitlich befristet gewährten Gehaltsbestandteile zu steigern und die bisherigen rein altersabhängigen Anteile zu reduzieren.


Hierzu wird folgendes Modell vorgeschlagen:


Die individuelle Gehaltssteigerung wird weiterhin vorrangig über Berufungen gestaltet. Die finanziellen Spielräume der Hochschulen für Berufungs- und Bleibeverhandlungen werden dabei vergrößert, um Vergütung und Besoldung individuell verhandeln zu können. Deshalb werden die unterschiedlichen Besoldungsgruppen durch ein einheitliches Ausgangsgehalt ("Basisgrundgehalt") mit nach Funktion und Verantwortung variablen, in der Regel befristet vereinbarten Leistungs-, Belastungs- oder Funktionszulagen ersetzt. Dagegen soll das regelmäßige Anwachsen des Gehalts um die Alterszulage entfallen.


Das Basisgrundgehalt kann entweder nach Hochschularten differenziert, z.B. in Höhe der Besoldungsgruppe C 3 an Universitäten und C 2 an Fachhochschulen, Kunst- und Musikhochschulen, oder für alle Hochschularten gleich definiert werden. Das individuelle Gehalt muß auf dieser Basis jeweils im Einzelfall auf Dauer oder befristet in Berufungsverhandlungen - unabhängig von der Hochschulart - verhandelt werden. Eine deutliche, bisher nicht mögliche Anhebung des Basisgrundgehalts kommt z.B. in Betracht, wenn aufgrund der Marktlage die betreffende Person nur so für eine Hochschullehrertätigkeit gewonnen werden kann oder nur eine befristete Tätigkeit in der Hochschule beabsichtigt ist.


Diese besoldungsmäßige Flexibilisierung wird durch den Wegfall von Berufungsaltersgrenzen ergänzt.


Die Familienzuschläge werden Bestandteil der im Einzelfall ausgehandelten Vergütung. Auch die üblichen Gehaltssteigerungen bzw. Tariferhöhungen werden dieser Vergütung unmittelbar und automatisch zugeschlagen.


Die Mittel für Berufungs-, Bleibe- und Sonderzuschüsse sowie "Alterszulagen" sollten nach folgenden Grundsätzen verwendet werden:


a. Die Mittel der "Alterszulagen" werden den Hochschulen als Gesamtsumme im Rahmen der Personalbudgetierung vom Staat zur Verfügung gestellt. In der Hochschule werden sie von der Hochschulleitung auf hochschul- sowie fachbereichs- oder fächergruppenbezogene Besoldungspools aufgeteilt, die für die Erhöhung der Vergütung und die Vergabe von Leistungs-, Belastungs- und Funktionszulagen verwendet werden. Diese Zulagen werden in der Regel für einen Zeitraum von bis zu 6 und nicht unter 3 Jahren, in begründeten Ausnahmefällen auch unbefristet gewährt. Auf diese Weise wird ein häufiger Gehaltswechsel mit unzumutbarer finanzieller Unsicherheit für den Einzelnen vermieden und die Unabhängigkeit der Professorinnen und Professoren gesichert.


b. Die Entscheidung über die Verwendung der Poolmittel oder über dazu notwendige Verfahren und Zuständigkeitsregeln trifft die Hochschulleitung, ggf. auf Vorschlag einer von ihr eingesetzten Kommission, der - auch externe - Professorinnen und Professoren verschiedener Fächergruppen angehören. Die Hochschule regelt intern auch die Festlegung von Höchstbeträgen, die in der Regel im Einzelfall vergeben werden können.


c. Die Berufungs-, Bleibe- und Sonderzuschüsse werden künftig - zumindest teilweise - nur noch befristet mit der Möglichkeit der Verlängerung bei entsprechender Leistung gewährt. Die Verfahrensvorschläge zu den "Alterszulagen" (s.oben a) und b)) gelten entsprechend. Die bisher übliche Praxis, bei Bleibeverhandlungen die Dienstbezüge regelmäßig um 75 Prozent des Betrages anzuheben, um den sich die Dienstbezüge nach dem auswärtigen Berufungsangebot erhöht hätten, sollte zugunsten einer flexiblen, leistungsbezogenen Einzelfallentscheidung aufgegeben werden. Mittel aus diesem Berufungsverhandlungspool sind mit denen des Pools "Alterszulagen", wie auch umgekehrt, deckungsfähig.


d. Um aufwendige bürokratische Verfahren zu vermeiden, sollten für die Vergabe der befristeten Zulagen nur wenige Kriterien herangezogen werden. Sie müssen einfach, handhabbar und transparent sein. Die in der Hochschule festzulegenden Vergabekriterien müssen im Hinblick auf die Akzeptanz in der Hochschule so eng definiert sein, daß nur ein geringer Entscheidungsspielraum gegeben ist.


Deshalb sollten über ein in der Hochschule vereinbartes System ausschließlich herausragende Leistungen in Forschung, Lehre, Selbstverwaltung und Dienstleistung honoriert werden. Insoweit kommen beispielhaft in Betracht:

  • Leistungszulagen

  • in der Forschung: Drittmittel (gewichtet nach Fächergruppen), herausragende Preise, wiss. Gutachtertätigkeiten, z. B. Fachgutachter der DFG und der AIF;

  • in der Lehre: überdurchschnittliche Lehrleistungen, die durch Preise (z.B. Landeslehrpreise) oder Evaluation ausgewiesen sind.

  • Belastungszulagen

  • Betreuung von Studierenden in Lehrveranstaltungen und Prüfungen entsprechend der Zahl der abgenommenen Prüfungen einschließlich studienbegleitender Leistungsnachweise.

Die Vergabeentscheidung könnte durch die Auswertung von Berichten gestützt werden, die Professorinnen und Professoren regelmäßig abgeben. Ein Beispiel aus einer Fakultät der Universität Stanford ist als Anlage 2 beigefügt.

  • Funktionszulagen

  • Sprecherfunktionen in z.B. Sonderforschungsbereichen, Forschergruppen und Graduiertenkollegs, rechtlich eigenständigen und identifizierbaren Forschungsinstituten und -zentren der Hochschulen;

  • herausragender Einsatz für die Hochschule durch Übernahme von Aufgaben mit hoher Verantwortung außerhalb der Hochschule (z. B. Studentenwerk);

  • Übernahme von Hochschulämtern (Rektorat, Dekanat); Tätigkeit in wissenschaftlichen Beratungsgremien, sofern dafür keine anderweitige gesonderte Honorierung erfolgt.

Diese Zulagen werden bei Funktionsübernahme für die Dauer des Amtes oder der Aufgabe gewährt.


Die befristeten Vergütungserhöhungen sind ruhegehaltsfähig. Die entsprechenden Finanzmittel sind den Hochschulen aufgrund einer mittelfristigen Finanzplanung im Rahmen des Personalbudgets verläßlich identifizierbar und zusätzlich zur Verfügung zu stellen (vgl. Vorbemerkung). Die Einführung des neuen Besoldungsmodells setzt den Abschluß neuer dienstrechtlicher Vereinbarungen voraus.


Professoren und Professorinnen, die schon im Amt sind, sollten eine Option erhalten, ihre Verträge im Sinne des neuen Modells zu ändern. Wird von dieser Option kein Gebrauch gemacht, sollte - soweit rechtlich zulässig - das Prinzip der "Besitzstandswahrung mit Abschmelzung" über einen angemessenen Zeitraum (von mindestens 15 Jahren) gelten.


Mit der Orientierung an diesen Grundsätzen würde zum einen eine deutliche Belebung des bisherigen Besoldungssystems erreicht; der Verzicht auf viele variable und ständig wechselnde Elemente würde andererseits sicherstellen, daß kein unangemessener Eingriff in die Freiheit der Wissenschaft und der Wissenschaftler stattfindet und der Grundsatz der amtsangemessenen Besoldung erhalten bleibt.


2. Art der Arbeitsverhältnisse


Grundsätzlich sollte am Beamtenstatus für Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer festgehalten werden, da ein Teil der angestrebten Flexibilität und Qualitätssteigerung auch im Beamtenrecht erreicht werden kann. Gleichwohl erscheint es sinnvoll, dem Professorenamt im Beamtenverhältnis gleichberechtigt als Option die Professur im Angestelltenverhältnis zur Seite zu stellen.


Zwischen Hochschule und Wissenschaftlern bzw. Wissenschaftlerinnen sollte jeweils im Einzelfall vereinbart werden können, in welcher arbeitsrechtlichen Form die jeweilige Professur besetzt wird. Dabei sollte auch eine Regelung über die einvernehmliche Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Möglichkeit der Abfindung aufgenommen werden.


Neben der Vollzeit-Professur sollte verstärkt von der Teilzeit-Professur (im Angestellten-Verhältnis) Gebrauch gemacht werden, da sie Kooperationsmöglichkeiten mit Bereichen außerhalb der Hochschule erhöht. Sie trägt auch dazu bei, nicht nachvollziehbare und nicht transparente Nebentätigkeiten zu vermeiden.


Dies gilt insbesondere für jene Bereiche, in denen sowohl der Staat als auch die Hochschule ein Interesse daran haben, daß Wissenschaftler neben Forschung und Lehre eine praxisbezogene Tätigkeit ausüben, z. B. in der klinischen Medizin und der Architektur. Teilzeitprofessuren können darüber hinaus auch positive Wirkungen für die Familie entfalten.


II. Hochschullehrernachwuchs


Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die sich auf den Hochschullehrerberuf vorbereiten, arbeiten (in der Regel) in befristeten Beschäftigungsverhältnissen oder erhalten Stipendien und stehen insoweit unter großem Bewährungsdruck und in starer Abhängigkeit. Deshalb erscheint es nicht notwendig, für diesen Personenkreis über neue Vergütungsvorgaben zusätzliche Leistungsanreize zu schaffen.


Angesichts des derzeitigen durchschnittlichen Habilitations- und Berufungsalters müssen allerdings die Qualifikationszeiten, beginnend bei der Vorbereitung auf die Promotion (vgl. dazu Empfehlungen der HRK zum Promotionsstudium vom Juli 1996), erheblich verkürzt werden.


Nachwuchswissenschaftler sind oft mehrfach hintereinander in befristeten Dienst- bzw. Arbeitsverhältnissen tätig, die sich häufig über mehr als ein Jahrzehnt erstrecken. Das berechtigte Interesse an einer Existenz- und Familiengründung spätestens im vierten Lebensjahrzehnt läßt so lange Qualifikationsphasen, erst recht weitere befristete Dienstverhältnisse im Regelfall nicht mehr akzeptabel erscheinen.


Dieses Problem erscheint nur dadurch lösbar, daß die - üblicherweise mit der Habilitation - angestrebte zusätzliche wissenschaftliche Qualifikation für die Rekrutierung von Professorinnen und Professoren an Universitäten künftig in vielen Fächern neu und zeitlich kürzer organisiert wird. An der Notwendigkeit einer weiteren Qualifikation nach der Promotion besteht dabei kein Zweifel.


Bei den gesetzlichen Einstellungsvoraussetzungen für Professoren künstlerischer Fächer ist die Analogie zu wissenschaftlichen Professorenstellen mit der Zweiteilung in "besondere Befähigung zu künstlerischer Arbeit" (analog der Promotion) und in "zusätzliche künstlerische Leistungen" (analog Habilitation) verfehlt. Statt dessen ist insgesamt auf hervorragende künstlerische Leistungen von Gewicht im Sinne von eigenständigen und bedeutenden Beiträgen zur Kunst (in der jeweiligen Sparte) abzustellen, die regelmäßig außerhalb des Hochschulbereichs erbracht worden sind.


Hierzu gehört auch Stetigkeit mit einem ausreichend tragfähigem Oeuvre, wofür eine gewisse Zeit künstlerischer Tätigkeit notwendig ist. Mindestzeiten außerhalb des Hochschulbereichs nach dem Abschluß künstlerischer Studien sind daher als Regelvoraussetzung für die Berufung an Kunst- und Musikhochschulen beizubehalten.


Diese Überlegungen gelten in ähnlicher Weise auch für die ingenieurwissenschaftlichen Fächer an Universitäten sowie für die Fachhochschulen.


Für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an Universitäten können unterschiedliche Wege eingeschlagen werden.

  1. Die zusätzliche Qualifikation kann auf einem von selbständiger wissenschaftlicher Tätigkeit bestimmten Qualifikationsweg erreicht werden, wie er auch durch das neue Emmy Noether-Programm der DFG eröffnet wird.

    Nach Abschluß einer überdurchschnittlichen Promotion und evtl. weiteren wissenschaftlichen Leistungen können sich Nachwuchswissenschaftler auf eine auf maximal sechs Jahre befristete (C2 - Professoren-) Stelle mit Aufgaben bewerben, die das gesamte Aufgabenspektrum von selbständigen Hochschullehrern umfaßt (Forschung, Lehre, Nachwuchsausbildung, Weiterbildung, Dienstleistungen) und dadurch die Möglichkeit zur berufsorientierten und eigenständigen Weiterqualifizierung bietet. Diese Qualifizierungsphase kann insoweit an die Stelle des derzeit in den meisten Fächern üblichen Habilitationsverfahrens treten oder auch mit diesem abgeschlossen werden.

    Alternativ oder ergänzend könnte den Inhabern von C 1-Stellen mit dem Ziel der Habilitation größere Selbständigkeit eingeräumt werden. Hierdurch kann erreicht werden, daß

    • die Feststellung der Qualifikation für den Hochschullehrerberuf frühzeitig und zeitnah mit der Übernahme einer entsprechenden Stelle erfolgt,

    • dementsprechend auch die Entscheidung über das Ausscheiden aus dem Hochschulbereich bei fehlender Qualifikation für eine Professur so frühzeitig erfolgt, daß eine Tätigkeit in anderen Berufen möglich bleibt,

    • die Validierung von Qualifizierungsleistungen stärker als bisher durch den akademischen Arbeitsmarkt - d.h. durch die einstellende oder berufende Fakultät bzw. den Fachbereich - vorgenommen wird und nicht, wie derzeit im Rahmen der Habilitation, durch die "Heimat"-Fakultät,

    • die Mobilität künftiger Hochschullehrer und -innen erhöht wird,

    • die Qualifizierung im Rahmen der konkreten Berufsausübung und unter Berücksichtigung des gesamten Aufgabenspektrums von Hochschullehrern erfolgt.

    Dieser Zugangsweg zur Professur ist auch besonders geeignet, qualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen zu fördern, da ihnen damit die Zusammenführung von "akademischer Karriere" und Familienplanung erleichtert wird. Die Übernahme in ein solches befristetes Beschäftigungsverhältnis sollte - muß aber nicht - mit einem Wechsel der Hochschule verbunden sein, d.h. promovierte Wissenschaftler und -innen, die sich als Hochschullehrer qualifizieren wollen, treten in Konkurrenz auf dem freien akademischen Arbeitsmarkt.

    Sämtliche so ausgewiesenen Stellen werden daher öffentlich ausgeschrieben. Die Auswahl unter den Bewerbern erfolgt durch die anstellende Fakultät/Hochschule unter Berücksichtigung der dort vorhandenen oder geplanten Lehr- und Forschungsschwerpunkte bzw. Forschungsstrukturen. Ein weisungsfreies Mentorenverhältnis zu einem oder zwei Hochschullehrern, die eine Mitverantwortung für die weitere wissenschaftliche Entwicklung übernehmen, erscheint sinnvoll.

    Die Mitarbeit in größeren Forschungsstrukturen oder Drittmittelprojekten sollte vertraglich zugesichert und bei der Stellenausschreibung vermerkt werden. Wissenschaftlern in solchen Beschäftigungsverhältnissen (nach Besoldungsgruppen C 1 und C 2) ist die Möglichkeit zu geben, selbständig Forschergruppen zu leiten und eigenständig Forschungsprojekte durchzuführen. Hierzu sind ihnen Grundausstattung sowie ggf. entsprechende Projektmittel zur Verfügung zu stellen.

    Die befristete Beschäftigung sollte regelmäßig 4, jedenfalls 6 Jahre nicht überschreiten. Eine unbefristete Anstellung auf einer Professur kann an einer anderen Hochschule, in eingehend begründeten Ausnahmefällen - wie derzeit - auch an der bisherigen Hochschule nach den üblichen Berufungskriterien erfolgen.

  2. Sofern in bestimmten Fächergruppen am herkömmlichen System der Qualifikation des Hochschullehrernachwuchses über die Habilitation festgehalten wird, sollten gleichwertige wissenschaftliche Leistungen, die auch in einer Tätigkeit außerhalb des Hochschulbereichs erbracht werden können, stärker als bisher anerkannt werden, wie dies im neuen HRG vorgesehen ist.

    Außerdem können und sollen bei Habilitation und Berufung die Anforderungen an den Nachweis der pädagogischen Eignung erhöht werden. Ähnlich wie bei Berufungen sollte den Risiken einer zu engen fachlichen Perspektive innerhalb einer Fakultät durch die verstärkte Beteiligung externer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Habilitationsverfahren entgegengewirkt werden.

III. Wissenschaftliches Personal (wissenschaftlicher Dienst)

  1. Im wissenschaftlichen Dienst muß auch künftig zwischen befristeten Qualifikations- und unbefristeten Funktionsstellen unterschieden werden. Die Zahl der unbefristeten Funktionsstellen ist im Interesse des wissenschaftlichen Nachwuchses so gering wie mglich zu halten.

  2. Funktionsstellen sollen auch künftig je nach Aufgabenstellung entweder als Dauerarbeitsverhältnis oder in längerfristigen Arbeitsverhältnissen ausgestaltet werden. Insoweit wird auf Abschnitt IV. B verwiesen.

  3. Qualifikationsstellen müssen befristet bleiben. Dies ist unerläßlich, soweit die Vorbereitung auf die Promotion bzw. auf eine Professur auf Stellen erfolgt. Hinsichtlich der Befristungszeiten des HRG sollte eine Bestandsaufnahme der Befristungsmöglichkeiten gemacht werden, um entscheiden zu können, ob sie ausreichend oder Änderungen notwendig sind.

IV. Administratives und technisches Personal


Das administrative und technische, sogenannte nichtwissenschaftliche Personal ist für die Erfüllung der primären Hochschulaufgaben (Pflege der Wissenschaft und Kunst in Forschung und Lehre) durch seine Dienstleistungen vielfältiger Art unerläßlich. Die Anorderungen an Technik, Bibliothek und Verwaltung sowie sonstige zentralen Einrichtungen zeichnen sich heute durch eine sehr viel größere Bandbreite an fachlichen und sozialen Kenntnissen und Fähigkeiten aus, als es bisher der Fall war. In zunehmendem Maße werden administratives und technisches Personal, die insgesamt einem Funktionswandel unterworfen sind, mit neuen Techniken, neuen Fragestellungen und mit modernen Methoden und Instrumenten der Organisations- und Personalentwicklung konfrontiert.


A. Auswirkungen auf Besoldung und Vergütung

  1. Die durch das Gesetz zur Reform des Öffentlichen Dienstrechts eröffnete Möglichkeit, Sonderzuschläge zur Sicherung der Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit zu gewähren - § 72 BBesG - ist nicht ausreichend, da sie die Sonderzuschläge auf 10 Prozent des Anfangsgrundgehaltes der jeweiligen Besoldungsgruppe beschränkt. Außerdem dürfen Grundgehalt und Sonderzuschlag zusammen das Endgrundgehalt nicht übersteigen. Eine solche, relativ niedrig angesiedelte Kappungsgrenze ist unzureichend. Vielmehr muß sich die Höhe der Zulage nach der individuellen Leistung und der jeweiligen Marktsituation richten, um flexible Reaktionen zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere für Bereiche, in denen die Hochschulen im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft deutlich geringere Chancen haben (DV-Versorgung und Kommunikationstechnologie, Arbeits- und Umweltschutz, Betriebswirtschaft und Controlling etc.).

  2. Im Tarifbereich sind aus demselben Grund für die Hochschulen die Möglichkeiten zum Abschluß außertariflicher Verträge zu erweitern. Hierzu zählen auch Beschäftigungen im Rahmen von Sonder- und Dienstverträgen sowie der Abschluß von Werkverträgen. Allerdings kann nach dem Besserstellungsverbot des § 44 BHO ein institutioneller Zuwendungsempfänger mit seinem Personal grundsätzlich keine günstigeren Arbeitsbedingungen vereinbaren, als sie für vergleichbare öffentliche Bedienstete gelten. Eine derartige enge Auslegung ist insbesondere im Rahmen der Drittmittelfinanzierung und des Globalhaushaltes nicht akzeptabel, da die Tätigkeit in und für Forschung und Lehre in weiten Bereichen nicht mit Verwaltungsaufgaben im öffentlichen Dienst vergleichbar ist. Außerdem wird diese Beschränkung der Wettbewerbssituation um wissenschaftliches Personal nicht gerecht. Sie sollte deshalb entfallen.

  3. Durch die Einführung von § 42a BBesG ermöglicht das Reformgesetz die Zahlung von Prämien und Zulagen für besondere Leistungen. Die in dieser Norm enthaltene strikte Quotenregelung - die Gewährung von Prämien und Zulagen ist auf 10 % der Beamten eines Dienstherrn beschränkt - ist sachlich nicht zu rechtfertigen, da sie kein Leistungsmerkmal darstellt und wiederum die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen beeinträchtigt.

  4. Nach geltendem Recht sind die Laufbahngruppen weitgehend gegeneinander abgeschottet. Individualleistungen können nur innerhalb des starren Normenkorsetts der Laufbahnverordnung berücksichtigt werden. Deshalb muß eine Änderung des Laufbahnrechts zugunsten eines Berufsweges herbeigeführt werden, der Beschäftigten mit entsprechend nachgewiesener Befähigung und Leistungsbereitschaft eine Überschreitung der Laufbahngrenzen einfacher als bisher ermöglicht und die Starrheit des Beförderungssystems (z.B. Mindestdienstzeiten für die Verleihung bestimmter Ämter) auflockert.

  5. Auch die Tätigkeitsmerkmale im BAT und MTL als Grundlage der Eingruppierung werden den speziellen Erfordernissen der Hochschule nicht gerecht. Individuelle Befähigung und Leistung werden bei den am Laufbahnrecht orientierten Vergütungsgruppen nicht berücksichtigt. Wie beim Besoldungsrecht sind hier durchgreifende Änderungen erforderlich. Es fehlen Tätigkeitsmerkmale, die den gewandelten, heute weitaus anspruchsvolleren Aufgaben in der Verwaltung auf allen Hochschulebenen gerecht werden. In Abgrenzung zu früheren Sekretariatsarbeiten, bei denen es sich meist um reine Schreibarbeiten handelte, wird das Tätigkeitsprofil zunehmend durch zahlreiche Koordinations- und Organisationsaufgaben sowie dadurch geprägt, daß aufgrund größerer Sach- und Fachnähe mehr Verantwortung auf der dezentralen Ebene wahrgenommen wird. Die Tätigkeitsmerkmale und Differenzierungen im Bereich der Datenverarbeitung und in Bibliotheken, in technischen Werkstätten sowie im medizinisch-technischen und biologisch-technischen Dienst sind den Entwicklungen ebenfalls nicht angepaßt worden und deshalb veraltet. Selbst die benutzten Begriffe entsprechen oft nicht dem aktuellem Stand. Insoweit sind offenere Formulierungen erforderlich, die eine flexiblere Zuordnung der Tätigkeiten zulassen.

  6. Die Einsatzmöglichkeiten für studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte für Dienstleistung, Lehre und Forschung müssen auch künftig möglichst flexibel gehalten werden. Eine Einbeziehung in den Geltungsbereich des BAT ist sachlich nicht erforderlich, würde aber ohne zusätzliche Finanzmittel zu einer spürbaren Verringerung der Beschäftigungsmöglichkeiten von studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften führen.

B. Dauer der Arbeitsverhältnisse und Arbeitszeiten

  1. Die Mitarbeiter der zentralen und dezentralen Verwaltungsebenen und technischen Infrastruktureinrichtungen sollen auch künftig überwiegend in Dauerarbeitsverhältnissen beschäftigt werden.

  2. Das geltende Beamten-, Tarif- und Arbeitszeitrecht bietet nicht genügend Flexibilität bei der Festsetzung von Arbeitszeiten (z.B. Arbeitszeitkonten für Jahresarbeit und Lebensalter). Auch berücksichtigen die Überstundenregelungen nicht hinreichend die Anforderungen in den Hochschulen. Zur Verdeutlichung seien folgende Beispiele angeführt:

    • Im Rahmen längerer Reisen und Geländeaufenthalte in Sonderforschungsbereichen fallen auf Grund der vielfältigen Tätigkeiten zwangsläufig täglich Überstunden an, die in ihrem Umfang nicht voraussehbar sind und nicht in das System von BAT und Arbeitszeitrecht passen.

    • In den experimentellen Bereichen müssen viele Dinge (Pflege von Tieren, Pflanzen und Versuchsreihen) oft abends, an Wochenenden und Feiertagen getan werden. Ähnliches gilt für die Kliniken. Das führt häufig zu Auseinandersetzungen mit den Personalräten, die oft mehr Stellen fordern, was aber weder finanzierbar noch wirtschaftlich vertretbar ist.
  3. Die in den Hochschulen (und Forschungseinrichtungen) anstehenden grundlegenden Umstrukturierungen einschließlich Schließung von Betriebsteilen, die zur Qualitäts- und Effizienzsteigerung vorgenommen werden müssen, erfordern die Möglichkeit, personellen Wechsel mit den in der Wirtschaft üblichen Abfindungs- und Übergangsmodalitäten realisieren zu können.

Diese Überlegungen verdeutlichen die Notwendigkeit einer nachhaltigen Flexibilisierung des Tarifrechts für die Hochschulen (und Forschungseinrichtungen) in Deutschland, sei es durch eine Modifizierung des geltenden BAT oder besser durch einen eigenen Wissenschaftstarifvertrag, da die angesprochenen Probleme auch in weiten Teilen der außeruniversitären Forschung mit überwiegend öffentlicher Finanzierung bestehen.


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* liegt der HRK vor