Eckpunkte für die künftige Zusammenarbeit von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen


Entschließung der 2. HRK-Mitgliederversammlung am 27.11.2007



1. Die staatlichen Hochschulen sind Grundpfeiler für die wissenschaftliche, kulturelle, technische und wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutsachland. Sie sind als einzige Stätten der auftragsfreien und projektunabhängigen interdisziplinären Verknüpfung von Forschung und Lehre die wichtigsten Forschungsträger in Deutschland.


2. Die Aufgabe der außeruniversitären Forschung besteht - wie der Wissenschaftsrat mehrfach betont hat - im Wesentlichen in einer ergänzenden Förderung der Grundlagenforschung sowie in der Durchführung ressort- oder industriebezogener Auftragsforschung.


3. Die HRK bekräftigt ihre Auffassung, dass Kooperationen zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen beiden Partnern und dem gesamten Forschungssystem in Deutschland nützen und deshalb sinnvoll sind. Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sind aufeinander angewiesen. Spitzenforschung benötigt Kooperation.


4. Kooperationen setzen Kooperationsfähigkeit der Hochschulen sowohl auf der Leitungsebene als auch auf der Ebene der einzelnen Professur sowie entsprechende Schwerpunktsetzungen in der Hochschule voraus. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die fachliche und geographische Nähe zwischen den potentiellen Partnern sowie exzellenten Forscher und Forscherinnen für das Zustandekommen von Kooperationen entscheidend bleiben.


5. Die Zusammenarbeit muss auf allen Ebenen gestärkt werden. Hierbei geht es darum, die Koordinierung von Forschungsvorhaben zu verstärken und die gemeinsame Nutzung von Forschungsinfrastrukturen zu erleichtern. Hilfreich erscheinen z.B. die Ansiedlung von Forschungsinstituten der Hochschulen und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen an einem Standort oder die Zusammenarbeit in gemeinsamen Forschungszentren.


Gleichzeitig sollte das Zusammenwirken im Personalbereich - vor allem bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses - intensiviert werden. Grundsätzlich bewährt haben sich nach den bisherigen Erfahrungen:

  • gemeinsame Berufungsverfahren,
  • Nutzung des in den außeruniversitären Forschungseinrichtungen vorhandenen Sachverstandes in Fachkommissionen und Gremien der Hochschulen,
  • Beteiligung entsprechend qualifizierter Wissenschaftler/innen aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen an der akademischen Lehre auch in Pflicht- und Wahlpflichtveranstaltungen,
  • Gastforscherstellen oder direkte Beteiligung von Hochschullehrern und Hochschullehrerinnen an FuE-Vorhaben der außeruniversitären Forschungseinrichtungen,
  • Zusammenwirken in der Doktoranden- und Postdoktoranden-Phase (Betreuung und Durchführung von Diplom- und Doktorarbeiten auch in außeruniversitären Forschungseinrichtungen, gemeinsamen Graduiertenkollegs wie z.B. den International Max-Planck-Research-Schools und Helmholtz-Kollegs; gemeinsame Promotionskomitees; Einrichtung gemeinsamer Nachwuchsgruppen),
  • Zugang zur Habilitation und Erteilung der venia legendi auch für wissenschaftlichen Nachwuchs aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen, gemeinsame Berufung der Leiter/innen von Nachwuchsgruppen.

6. Bisher fand die Kooperation überwiegend in Form konkreter Programme statt. Die Kooperation im Sinne strategischer Allianzen mit dem Austausch bzw. der Abstimmung mittel- bis langfristiger strategischer Planungen steht dagegen erst am Anfang. Diese Kooperationsform ist zukunftsweisend und sollte ausgeweitet werden. Flexible, handlungsfähige Netzwerke, (nicht überdimensionierte Großinstitutionen) sind die strategischen Instrumente, die den Herausforderungen der Internationalisierung, der Beschleunigung von Wissensproduktion, der Beteiligung möglichst vieler Wissenschaftler/innen und dem Wettbewerb am ehesten entsprechen.


7. Folgende Grundsätze sind für die Zusammenarbeit zu beachten:

  • Die Kooperationen basieren auf selbst bestimmten vertraglichen Vereinbarungen zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen als gleichberechtigten Partnern unter Anerkennung ihrer unterschiedlichen Wesensmerkmale und Aufgabenstellungen.
  • Zu diesen wesentlichen Unterschieden zählen die auftragsfreie und Projekt-unabhängige interdisziplinäre Verknüpfung von Grundlagenforschung und Lehre der Universitäten mit dem nur dadurch möglichen einheitlichen und kontinuierlichen Auswahl- und Qualifikationssystem (berufsqualifizierende Lehre, Promotion, Berufungsbefähigung). Das Recht, akademische Grade - einschließlich der Promotion - zu verleihen, darf weder unmittelbar noch mittelbar auf die außeruniversitären Forschungseinrichtungen ausgedehnt werden. In den Promotionsverfahren ist eine enge Zusammenarbeit der Universitäten mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen erwünscht. Dies kann auch in der ergänzenden Gestaltung der universitären Promotionsurkunde zum Ausdruck kommen.
  • Zu den wesentlichen Unterschieden zählt andererseits die gegenüber der Hochschulforschung komplementäre außeruniversitäre Forschung, die auftrags- und programmbezogenen ist.
  • Kooperationen sollen die Forschungsvoraussetzungen zugunsten der Hochschulen wie der außeruniversitären Partner stärken. Vorschläge, die auf eine Herauslösung von Forschungseinheiten aus den Hochschulen und auf die Schaffung neuer Einrichtungen hinauslaufen, sind nicht akzeptabel. Die "Filetierung" von Hochschulen mindert auch die Chancen der Studierenden.
  • Bei gemeinsamen Berufungen sollten die Arbeitsverträge von Universität und außeruniversitärer Forschungseinrichtung grundsätzlich dieselbe Laufzeit haben. Nach Ende der wissenschaftlichen Arbeit bei dem einen Partner endet auch der Arbeitsvertrag bei dem anderen Partner mit der Option der Verhandlung über eine Anschlussbeschäftigung.
  • Die Interaktionen zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen bedürfen keiner gesetzlichen Regelung, wohl aber der Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln für gemeinsame Projekte in Kooperationsverbünden. Im Hinblick auf die institutionelle Finanzträgerschaft der Länder für die Hochschulen sollte mit den Länderzuschüssen immer ein Mehrwert für die Hochschulen entstehen.

8. Als Vertragsgrundlage der Zusammenarbeit bietet sich als eine Möglichkeit auch ein Rahmenvertrag zwischen der Hochschule und der "Dachorganisation" der außeruniversitären Forschungseinrichtung an, in dem folgende Bereiche angesprochen werden können:

  • gemeinsame Berufungen
  • Drittmittelbeantragung und -verwendung
  • Schutzrechtsanmeldungen
  • Juniorprofessuren
  • auswärtige Wissenschaftliche Mitglieder
  • Nachwuchsgruppenleitungen
  • gemeinsame Forschungsprojekte
  • Kooperationen bei der Nachwuchsförderung, insbesondere Promotion,
  • Gerätebeschaffung und -nutzung.

Die konkrete Ausgestaltung erfolgt in Einzelverträgen zwischen Hochschule und dem jeweiligen außeruniversitärem Institut.