Allianz der Wissenschafts­organisationen


Gemeinsamer Beschluss vom 29.11.2006


Wir, die unterzeichnenden Vertreterinnen und Vertreter deutscher Wissenschafts­organisationen, sehen die Gewährleistung von Chancengleichheit in der Wissenschaft als unsere strategische Aufgabe an. Unsere Organisationen haben unterschiedliche Aufgaben und Strukturen. Wir sind uns jedoch einig darin, dass Wissenschaftlerinnen, Hochschullehrerinnen oder Wissenschaftsmanagerinnen in Zukunft im Wissenschaftssystem deutlich an Bedeutung gewinnen müssen, da hier ein wichtiges ungenügend genutztes Potential für unsere künftige Leistungsfähigkeit liegt. Durch unsere Zusammenarbeit wollen wir maßgeblich zur Realisierung dieses Ziels beitragen.


Unser Ziel: Die unterzeichnenden Wissenschafts­organisationen werden für die bessere Beteiligung von Wissenschaftlerinnen entsprechende Ressourcen aufwenden. Sie werden verstärkt darauf hinarbeiten, den Frauenanteil bei der Neubesetzung von Entscheidungs- oder Führungspositionen dem jeweiligen Anteil an habilitierten oder entsprechend hoch qualifizierten Wissenschaftlerinnen in den verschiedenen Fächergruppen anzugleichen.


Auf der Ebene des wissenschaftlichen Nachwuchses soll der Anteil an Frauen (die unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Fächergruppen berücksichtigend) deutlich angehoben werden. Besonders in Fächern, die bislang in der Heranbildung von Nachwuchswissenschaftlerinnen zurückstanden (dies betrifft v. a. die Natur- und Ingenieur­wissenschaften), soll der Anteil an Frauen signifikant gesteigert werden.


Die unterzeichnenden Organisationen arbeiten auf folgenden Wegen auf dieses Ziel hin:


Organisationsentwicklung: Jede Organisation wird die Anzahl von Wissenschaftlerinnen in Entscheidungs- oder Führungspositionen ebenso wie ihren Anteil an Gremien und Gutachtungsgruppen deutlich steigern. Insbesondere bei der Besetzung von Entscheidungs- oder Führungspositionen werden qualifizierte Wissenschaftlerinnen noch stärker auch aktiv rekrutiert.


Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die von uns beschäftigten Männer und Frauen wird durch konkrete Maßnahmen verbessert. Hierzu zählen beispielsweise die weitere Etablierung familiengerechter Arbeitszeiten und Rahmenbedingungen sowie die Einrichtung von Dual Career Programmen.


Transparenz: Jede Organisation wird die Öffentlichkeit über die Beteiligung von Wissenschaftlerinnen in ihren Strukturen und Prozessen unterrichten.


Evaluation: In fünf Jahren werden wir die in unseren Organisationen vollzogenen Gleichstellungserfolge einer weiteren Evaluation unterziehen.


Falls erforderlich, werden zur Erreichung des Gesamtzieles auch Programme zur Förderung von Wissenschaftlerinnen aufgelegt. Jede Organisation wird zudem alle existierenden Möglichkeiten und Programme zur Gleichstellungsförderung in vollem Umfang und unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben ausnutzen.


Mit welchen auf ihre jeweiligen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen abgestimmten Maßnahmen und Instrumenten und/oder selbst gesetzten Etappenzielen die unterzeichnenden Organisationen das gemeinsam artikulierte Ziel erreichen wollen, ist im Anhang beschrieben.


Die unterzeichnenden Organisationen fordern andere Organisationen auf, sich dieser Offensive anzuschließen.


 


Köln, den 29. November 2006


Selbstverpflichtungen der unterzeichnenden Organisation


Deutsche Forschungsgemeinschaft
Fraunhofer Gesellschaft
Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren
Hochschulrektorenkonferenz
Leibniz-Gemeinschaft
Max-Planck-Gesellschaft
Wissenschaftsrat


Deutsche Forschungsgemeinschaft


Steigerung der Repräsentanz von Wissenschaftlerinnen im WissenschaftssystemVerstärkte Mitwirkung von Wissenschaftlerinnen in den Fachkollegien


Derzeit sind 11,6 Prozent der Mitglieder der Fachkollegien Wissenschaftlerinnen.


Nach den nächsten Wahlen im Herbst 2007 sollen Wissenschaftlerinnen in den Fachkollegien zumindest in dem Umfang vertreten sein, der ihrer Repräsentanz unter den Professoren entspricht. Der Senat strebt jedoch eine darüber hinausgehende Übernahme von Verantwortung durch Wissenschaftlerinnen an. Sein Ziel ist es deshalb, Wissenschaftlerinnen bei der Aufstellung der Kandidatenliste im kommenden Frühjahr mit einem Anteil von 18 Prozent zu beteiligen. Die vorschlagsberechtigten Fachgesellschaften, die Mitglieder der DFG, die Leibniz Preisträgerinnen und Preisträger sowie der Stifterverband wurden inzwischen vom Präsidenten gebeten, den Senat durch möglichst viele überzeugende Nominierungen von Wissenschaftlerinnen in die Lage zu versetzen, das von ihm beschlossene Ziel zu erreichen.


Der Senat hat ferner eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die - möglichst innerhalb eines Jahres - Konzepte zur Erreichung folgender Ziele entwickeln soll.


Verstärkte Einbindung von Wissenschaftlerinnen bei der Besetzung von Gremien und in allen Begutachtungsprozessen Stärkere Beteiligung von Wissenschaftlerinnen in allen Förderverfahren (ggf. durch Änderung der Rahmenbedingungen)Intensivierung der Betreuung von Nachwuchswissenschaftlerinnen.


Fraunhofer-Gesellschaft


Die Fraunhofer-Gesellschaft strebt eine führende Stellung bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Chancengleichheit und zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit an. "Mehr Frauen in die angewandte Forschung" ist ein Leitmotiv der Fraunhofer-Gesellschaft. Sie will den Anteil weiblicher Beschäftigter in allen Bereichen stärken, in denen Frauen unterrepräsentiert sind. Um dieses Ziel zu erreichen, sind bei allen Vorhaben und Programmen die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Männern und Frauen zu berücksichtigen. Daraus werden sowohl für die Personalrekrutierung als auch für die gesamte Beschäftigungsdauer Maßnahmen zur Verbesserung der Chancengleichheit abgeleitet.


Mit vier Themenschwerpunkten wollen wir den seit den 90er Jahren erfolgreich eingeschlagenen Weg fortführen, besonders im wissenschaftlichen Bereich unseren Frauenanteil zu erhöhen:


Nachhaltige Nachwuchsförderung im Rahmen des Roberta-Projekts


Um frühzeitig die Begeisterung für technische Berufe und Studiengänge bei Mädchen zu wecken, entführt das vom Fraunhofer IAIS initiierte Forschungsprojekt "Roberta" Schülerinnen ab 10 Jahren in die faszinierende Welt der Roboter. Bisher wurden mit 220 Lehrkräften an die 2400 Schülerinnen mit Roberta-Kursen unterschiedlicher Länge erreicht. Die Fraunhofer-Gesellschaft will das geweckte naturwissenschaftliche Interesse bei engagierten Roberta-Schülerinnen mit einem speziellen Nachwuchsförderprogramm verstetigen, um so die Nachwuchsforscherinnen frühzeitig an Fraunhofer zu binden.


Mentoring-Programm für weibliche Nachwuchskräfte in den Fraunhofer-Instituten


Die Fraunhofer-Gesellschaft veranstaltet seit vielen Jahren Mentoring-Programme für unterschiedliche Zielgruppen. 2005 und 2006 stand das Mentoring-Programm TANDEMplus zur Förderung von Wissenschaftlerinnen auf dem Weg zur Professur in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fachbereichen an staatlichen Hoch-schulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen im Vordergrund.Um zukünftig den weiblichen Wissenschaftsnachwuchs frühzeitig in ihren Karriere-bestrebungen optimal zu unterstützen, wird die Fraunhofer-Gesellschaft ein institutsübergreifendes Mentoring-Programm in ihr Personalentwicklungsprogramm aufnehmen.Als Mentorinnen und Mentoren sollen auch Fraunhofer-Alumni den Mentees zur Seite gestellt werden.


Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit


Viele Best-Practice-Beispiele von Fraunhofer-Instituten zeigen das vielfältige Engagement der Fraunhofer-Gesellschaft bei Kinderbetreuungsangeboten, die es mit unterschiedlichen Schwerpunkten an Fraunhofer-Standorten wie München, Stuttgart, Freiburg, Karlsruhe, Kaiserslautern, Aachen, Erlangen und Birlinghoven gibt. Dieses bestehende Angebot soll nach Möglichkeit bei entsprechendem Bedarf ausgebaut werden.


Projekt: "Discover Gender: Gender-Aspekte in der Forschung"


Mit diesem vom BMBF geförderten Projekt wird der Ansatz von Gender Mainstreaming im Bereich der Forschung verfolgt. So sollen Gender-Aspekte in Forschungsvorhaben aufgezeigt sowie Wege zu deren Identifikation und Berücksichtigung in unterschiedlichen Themenfeldern sichtbar gemacht werden. Neben der stärkeren Zentrierung von Forschung auf die Bedarfe von Kundinnen und Kunden gehen die Projektverantwortlichen derzeit davon aus, dass eine solch »vielfältig« angelegte Forschung das Interesse von Frauen an Technik und an technisch-naturwissenschaftlichen Studiengängen weckt.


Helmholtz-Gemeinschaft


Die Mission der Helmholtz-Gemeinschaft, große und drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch strategisch-programmatische Spitzenforschung zu bearbeiten, lässt sich nur mit exzellenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verwirklichen. Um diesen Zielen gerecht zu werden, sind Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit wesentlicher Bestandteil der Strategie der Helmholtz-Gemeinschaft.


Die Helmholtz-Gemeinschaft hat eine Reihe von Maßnahmen entwickelt, mit denen gezielt die Hürden zur Verwirklichung der Chancengleichheit gemeinsam angegangen werden:


Einrichtung von W3-Stellen für WissenschaftlerinnenInternational herausragende Wissenschaftlerinnen haben die Möglichkeit, von der Helmholtz-Gemeinschaft und den Zentren eingerichtete W3-Stellen zu besetzen. Ziel dieser Initiative ist es, Frauen, die hervorragende wissenschaftliche Leistungen erbringen, einen geeigneten Rahmen für ihre berufliche Entwicklung zu geben und ihre Arbeit zu fördern.


"Come Back" - Die Stellen für den Wiedereinstieg


Die Helmholtz-Gemeinschaft will es jungen Müttern und Vätern erleichtern, nach der Familienzeit in die Forschung zurückzukehren: Von 2004 bis 2006 förderte sie bis zu 30 Stellen pro Jahr. Die Förderung ist auf zwei Jahre begrenzt. Ab 2007 werden diese Stellen direkt und vollständig von den Zentren zu Verfügung gestellt.


Das Netzwerk Mentoring-Programm


Die Helmholtz-Gemeinschaft bereitet junge Wissenschaftlerinnen und administrativen Führungsnachwuchs auf anspruchsvolle Positionen vor und fördert ihre Vernetzung untereinander. Seit 2006 werden pro Jahr bis zu 20 Teilnehmerinnen des Mentoring-Programms für ein Jahr von einer Führungskraft aus einem anderen Zentrum individuell bereut und in der Karriereplanung unterstützt.


Flexible Arbeitszeiten


Die Helmholtz-Gemeinschaft unterstützt und fördert alle Initiativen der Zentren zu flexibleren Arbeitszeiten. Insbesondere Lösungen gefragt, die über die klassische Gleitzeit hinausgehen. Die Zentren sind bemüht, durch flexible, auch einzelfallbezogene Arbeitszeitgestaltungen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.


Kinderbetreuung


Alle Helmholtz-Zentren bieten Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren an. Dieses Angebot an die Eltern ist eine Grundvoraussetzung, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten.


Hochschulrektorenkonferenz


Im letzten Jahrzehnt fand ein Paradigmenwechsel in der Hochschulpolitik statt, dessen Auswirkungen auf die Gleichstellungspolitik zu beachten sind. Der Detaillierungsgrad staatlicher Steuerung wurde reduziert, die Entscheidungsverantwortung der Hochschulen nahm zu. An die Stelle staatlicher Vorgaben traten Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen und die nachgelagerte Berichterstattung der Hochschule über ihre Vorgehensweise und den Grad der Zielerreichung. Das bedeutet, dass die Hochschulen nicht länger auf die Wirksamkeit staatlicher Förderprogramme setzen dürfen, sondern gefordert sind, eigene Konzepte zur Verwirklichung von Chancengleichheit zu entwickeln.


Gleichstellungspolitik ist eine Leitungsaufgabe der Hochschulen. Die gleichberechtigte Beteiligung von Männern und Frauen, vor dem Hintergrund eines streng qualitätsgeleiteten Auswahlprozesses, muss integraler Bestandteil des Selbststeuerungskonzeptes jeder Hochschule sein und in ihrem Mission Statement, im Strategie- und Strukturkonzept sowie in der Grundordnung zum Ausdruck kommen.


Die Hochschulleitung muss die Durchsetzung besserer Beteiligungswerte im Zusammenspiel mit den Fakultäten- und Fachbereichen durchsetzen. Gleichstellungspolitische Ziele müssen sowohl Eingang in die hochschulinterne Mittelverteilung finden als auch Gegenstand von Zielvereinbarungen mit den Fachbereichen sein. Während mit Hilfe der Mittelverteilungsindikatoren ein genereller Anreiz zur Steigerung der Frauenanteile gesetzt werden soll, müssen im Rahmen der Zielvereinbarungen systematisch spezifische Zielwerte für die einzelnen Fächer oder Fächergruppen definiert werden, die innerhalb eines vorher festgelegten Zeitraumes realistischerweise erreicht werden können und über einen längeren Zeitraum nachhaltig gesteigerte Beteiligungswerte sicher stellen.


Besonderes Augenmerk ist auf die Entwicklung der Zahl und des Anteils von Frauen an den Promotionen und der Qualifikation für eine Professur sowie auf den Frauenanteil an den Professuren zu legen.


Im Bereich der von Männern überproportional nachgefragten Studiengänge der Ingenieur- und Naturwissenschaften ist aber auch der Anteil der Studienanfängerinnen ein wichtiger Indikator.


Der gleichstellungspolitische Prozess in der Hochschule muss transparent gestaltet werden. Im Rahmen der hochschulinternen Qualitätssicherung muss ein systematisches gleichstellungspolitisches Monitoring stattfinden.


Das System individueller Förderbeziehungen, das für die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses kennzeichnend ist, muss durch ein Konzept der aktiven und vorausschauenden Personalentwicklung abgelöst werden.


Im Bereich der Medizin und Laborfächer müssen Konzepte für einen sinnvollen Einsatz von Schwangeren unter Berücksichtigung von Beschäftigungsverboten erfolgen.


Die Berufungsverfahren sollten mit dem Ziel der Objektivierung der Auswahl neu gestaltet werden. Im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Elternschaft und Karriere stehen die Hochschulen als Arbeitgeber im Wettbewerb mit den Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung. Sie müssen die Beschäftigungsbedingungen so gestalten, dass sie im Hinblick auf die Vereinbarkeit konkurrenzfähig sind.


Leibniz-Gemeinschaft


In der Leibniz-Gemeinschaft haben sich 84 wissenschaftlich, rechtlich und wirtschaftlich eigenständige Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung in Deutschland zusammengeschlossen. Die Leibniz-Gemeinschaft ist damit keine Trägerorganisation. Sie koordiniert vielmehr gemeinsame Interessen der Mitgliedseinrichtungen und vertritt diese in der Öffentlichkeit. Sie stärkt die Zusammenarbeit in Forschung und Wissenschaft und entwickelt gemeinsame Instrumente zur Qualitätssicherung und Effizienzsteigerung ihrer Mitglieder. Dabei wird die Selbstverpflichtung der 84 Institute gewahrt, was allerdings zur Folge hat, dass geeignete Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit innerhalb der Gemeinschaft nicht zentral gesteuert werden können. Hinzu kommt, dass die Leibniz-Gemeinschaft bislang noch nicht über einen zentralen Strategie-Fonds verfügt, der es ermöglichen würde, Konzepte zur Frauenförderung und zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf finanziell umzusetzen.


Die Leibniz-Gemeinschaft ist dennoch bemüht, die Förderung von Frauen programmatisch zu unterstützen und fördert die Chancengleichheit seit 1998 gemäß den "Rahmenempfehlungen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Leibniz-Gemeinschaft". Dazu gehört auch die aktive Umsetzung der Grundzüge des Bundesgleichstellungsgesetzes, die in der "Ausführungsvereinbarung Rahmenvereinbarung Forschungsförderung über die Gleichstellung von Frauen und Männern" (AV-Glei) festgelegt sind. Damit verpflichten sich die Institute beispielsweise zur Wahl einer Gleichstellungsbeauftragten, die die Einhaltung von Kriterien der Chancengleichheit bei Bewerbungen, Einstellungen und Karrierebeförderungen im Institut überwacht.


Karrieren werden durch soziale Netzwerke vermittelt. Diese sind heutzutage noch überwiegend männlich dominiert d. h. das Frauen in Entscheidungsgremien, Berufungsausschüssen und in das System wechselseitiger Förderungen noch nicht stark genug eingebunden sind. Um hier Abhilfe zu schaffen, strebt die Leibniz-Gemeinschaft an, ein Mentoring Programm aufzubauen. Ziel dieses Programms ist der Aufbau eines konkreten Netzwerkes für Frauen in der Leibniz-Gemeinschaft. Es soll eine Plattform zum Austausch von Erfahrungen, Generierung von Kooperation und Bildung von Förderung im besten Sinne bieten, sowie die Führungskultur von Frauen auch besonders der jüngeren Generation verbessern. Im Vorwege hat sich die Leibniz-Gemeinschaft an einer vom BMBF ausgerufenen Pilotphase eines Peer-Mentoring-Projekts beteiligt. Als Ergebnis der Pilotphase wurde befürwortet, das Peer Mentoring in die Leibniz-Gemeinschaft oder bestehende Institutsnetzwerke zu implementieren. Die Leibniz-Gemeinschaft stellt fest, dass Frauennetzwerke nicht nur die Chancengleichheit in einem Institut fördern, sondern auch die Reputation der jeweiligen Forschungseinrichtung erhöhen.


Die Nachhaltigkeit solcher Maßnahmen hängt allerdings auch wesentlich von der Nachwuchsförderung ab. Zwar nimmt die Leibniz-Gemeinschaft bei den Doktoranden mit einer Frauenquote von über 42 Prozent eine exzellente Ausgangsposition ein, möchte aber auch hier deutliche Verbesserungen erzielen. Deswegen beteiligen sich Leibniz-Institute an verschiedenen Bildungsmaßnahmen wie dem bundesweiten "Girls-Day", der junge Mädchen bereits im Schulalter für Naturwissenschaften sensibilisieren soll.


Der Anteil von Frauen im wissenschaftlichen Bereich ist in Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft seit 1999 von 27 Prozent auf heute knapp 32 Prozent angestiegen. Damit ist der Frauenanteil innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft im Vergleich mit anderen außeruniversitären Einrichtungen überdurchschnittlich.


Dennoch hat sich die Leibniz-Gemeinschaft zum Ziel gesetzt, aktiv vermehrt Wissenschaftlerinnen, vor allem für Leitungspositionen, zu gewinnen. Dies soll durch Umsetzung unterschiedlicher Maßnahmen erreicht werden. So ist Chancengleichheit selbstverständlich ein Bestandteil des Berichts- und Datenteils und der Bewertung bei der regelmäßigen Evaluierung der Leibniz-Institute. Die Begehungsgruppen der Evaluierung überprüfen dezidiert, wie die Chancengleichheit an einem Institut gelebt wird. Über das Instrument der Evaluierung wird somit Chancengleichheit in der Leibniz-Gemeinschaft berücksichtigt und verpflichtend gesteuert.


Als weitere steuernde Maßnahme hat die Leibniz Gemeinschaft im Rahmen des Paktes für Innovation und Forschung den Vorgaben der BLK entsprechend eine eigene Förderlinie zum Aufbau von Forschungsgruppen unter der Leitung von qualifizierten Wissenschaftlerinnen aufgenommen. Bei der Förderlinie handelt es sich um die Etablierung von Forschergruppen, die finanziell unterstützt werden mit auf diesen Zweck bezogenen Personal- und Sachmitteln und die von Frauen geleitet werden. Dies ist ein klares Signal und bietet einen deutlichen Anreiz für Frauen, eine Leitungsposition in Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft zu übernehmen. Für das wettbewerbliche Paktverfahren des Jahres 2007 wurden drei Anträge im Rahmen dieser Förderlinie gestellt und nach externer Begutachtung mit einem Gesamtfördervolumen von 1.26 Mio. Euro bewilligt. Sollten die, für das Wettbewerbsverfahren zur Verfügung stehenden Mittel verstärkt werden, wird auch die Zahl der von Frauen selbstständig geleiteten Forschergruppen erhöht.


Die Max-Planck-Gesellschaft


Die Max-Planck-Gesellschaft versteht die Förderung von Frauen als zentrale Aufgabe der strategischen Entwicklung. Bereits 1997 hat sie ihre ersten Programme zur Förderung von Wissenschaftlerinnen in Kraft gesetzt. Dass die Gesellschaft inzwischen auf einen der höchsten Anteile von Wissenschaftlerinnen am wissenschaftlichen Führungspersonal verweisen kann - 12,9 Prozent der W2- und W3- (C3-/C4-) Stellen sind mit Frauen besetzt -, spricht für die Wirksamkeit der Instrumente und ist für die Max-Planck-Gesellschaft Ansporn, diesen Anteil weiter zu erhöhen. Dazu nimmt sie verstärkt auch die Rahmenbedingungen in den Blick. Als erste komplette Wissenschaftsorganisation wurde die Max-Planck-Gesellschaft 2006 mit dem von der Hertie-Stiftung ins Leben gerufenen Audit "beruf und familie" zertifiziert.


Um weitere und größere Fortschritte zu erzielen, hat die Max-Planck-Gesellschaft kontinuierlich Strategien erarbeitet, um Karrierehindernissen von Wissenschaftlerinnen entgegenzuwirken. Es wurde ein Ansatz entwickelt, der verschiedene Lebensbereiche, Berufsgruppen und "Karrierestufen" - angefangen von Schülerinnen - umfasst. Diese Initiativen werden fortgesetzt und ausgebaut:


Sonderprogramm zur Förderung von hervorragenden Wissenschaftlerinnen (W2-Sonderprogramm) Nach strengem Auswahlverfahren Förderung besonders viel versprechender Nachwuchswissenschaftlerinnen; durch die Bereitstellung von Personal- und Sachressourcen für 5 Jahre erlangen diese Frauen Führungserfahrung und frühe wissenschaftliche Selbständigkeit.


Sonderprogramm zur Förderung von Wissenschaftlerinnen in Leitungspositionen (W3-Sonderprogramm)Ermöglicht werden sollen vorgezogene Berufungen oder Berufungen zusätzlicher Wissenschaftlerinnen, die die Arbeitsgebiete der Institute ergänzen. Die Berufung erfolgt nach den allgemeinen für die MPG geltenden Regeln und erfordert die Beteiligung von Berufungskommission, Sektion und Senat der MPG. Ganzheitlicher Ansatz zur Vereinbarkeit von Familie und BerufEinführung konkreter Maßnahmen wie Kinderbetreuung, Familienservice, Möglichkeiten der Teilzeit- und Telearbeit, flexible Arbeitszeitkonzepte, Unterstützung von dual career couples.Audit "beruf und familie": Auditierung und kontinuierliche Begleitung in der Weiterentwicklung umfassender Maßnahmen durch externe Berater.


MentoringMentoring-Netzwerk für Doktorandinnen und Postdocs (Minerva FemmeNet), aktive Integration in Mentoring-Netzwerke mehrerer Bundesländer, Mentoring und Training für Postdocs und Habilitandinnen (MuT).


Strukturierte Bearbeitung versteckter und unbewusster DiskriminierungenLeitfaden zum konstruktiven Umgang zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.


Wissenschaftsrat


Verstärkte Mitwirkung von Wissenschaftlerinnen in den Ausschüssen und Arbeitsgruppen


Der Wissenschaftsrat verpflichtet sich mit dieser Erklärung, den Anteil an Wissenschaftlerinnen in den Ausschüssen und Arbeitsgruppen des Wissenschaftsrates maßgeblich zu steigern. Ziel ist, den Anteil von derzeit durchschnittlich 16,6 Prozent bis zum Jahr 2011 auf 25 Prozent zu erhöhen. Auch in den folgenden Jahren (ab 2011) wird der Wissenschaftsrat dieses Bemühen fortsetzen und gegebenenfalls ein neues Etappenziel festlegen. Die Steigerung soll in erster Linie durch die vermehrte Rekrutierung von Wissenschaftlerinnen in der Funktion als auswärtige Sachverständige erreicht werden. Dieses Ziel trägt der Maßgabe Rechnung, dass der Wissenschaftsrat auf die Benennung seiner eigenen Mitglieder keinen Einfluss nehmen kann.


Der Wissenschaftsrat wird jährlich über die Beteiligung von Wissenschaftlerinnen in den Ausschüssen und Arbeitsgruppen berichten.