Modernisierung, energetische Sanierung und Neubau von Hochschulen


Entschließung der 40. Mitgliederversammlung der HRK am 13. Mai 2025 in Magdeburg

1. Einleitung
Hochschulen haben eine unverzichtbare Rolle im Zusammenspiel von Bildung, Innovation und Fortschritt. Sie tragen maßgeblich zur Leistungsfähigkeit unseres Landes bei, indem sie forschend Wissen generieren und wegweisend sind für technologische und gesellschaftliche Entwicklungen. Um Forschung und Lehre auf hohem Niveau zu gewährleisten und Innovation voranzutreiben, ist es unabdingbar, dass die Hochschulen in einem sicheren, modernen und funktionalen Umfeld arbeiten können.

Zugleich ist die Infrastruktur vieler Hochschulen in einem dramatischen Zustand: Stark geprägt durch Bauten der 1960er- und 1970er-Jahre, werden die Folgen lange aufgeschobener Sanierungsmaßnahmen sichtbar. Zahlreiche Bauten sind nicht nur veraltet, sondern zum Teil nicht mehr nutzbar oder nicht (mehr) auf die international wettbewerbsfähigen Anforderungen von Forschung und Lehre ausgerichtet. Diese Defizite sind vergleichbar mit der maroden öffentlichen Infrastruktur in anderen Bereichen und führen genauso wie marode Schienen und Straßen zu abnehmender Leistungsfähigkeit von Bund und Ländern.

Finanzielle Defizite und Kapazitätsengpässe im staatlichen Bauen führen zum Ausbleiben dringend erforderlicher Neubau- und Sanierungsmaßnahmen. Sind Maßnahmen dennoch angestoßen, behindern schleppende Planungs-, Genehmigungs- und Ausführungsprozesse effizienten Hochschulbau. Nicht selten vergehen zwischen ersten Planungen für ein neues Gebäude und dessen Errichtung 15 Jahre. Im Ergebnis entsprechen die Gebäude bereits bei ihrer Eröffnung oftmals nicht mehr den gegenwärtigen Bedarfen in Forschung und Lehre und dem erforderlichen Stand der Technik.  


2. Forderungen
Es ist dringend erforderlich – und unaufschiebbar – dass Bund und Länder ihren Beitrag leisten und entschieden in den Hochschulbau investieren. Im Lichte des desaströsen Zustands der Bausubstanz und eines auf mindestens 90 Mrd. € geschätzten Gesamtfinanzierungsbedarfs für die Gebäudeinfrastruktur und energetische Sanierung der deutschen Hochschulen fordert die HRK deshalb von Bund und Ländern:

  1. Die Schnellbauinitiative für die Finanzierung der dringendsten Bau- und Sanierungsbedarfe an deutschen Hochschulen mit einem Umfang von mindestens 38 Mrd. € aus dem Infrastrukturfonds,
  2. eine daran anschließende dauerhafte Finanzierungsarchitektur mit einem Umfang von mindestens 52 Mrd. €, die der gemeinsamen Verantwortung von Bund und Ländern in der Sanierung und Instandhaltung der Hochschulinfrastruktur gerecht wird (Zukunftspakt „Transformative Hochschulen“),
  3. die umgehende kritische Aufarbeitung, Reflexion und Neuorientierung der Planungs- und Genehmigungsverfahren in den Ländern sowie der rechtlichen Rahmenbedingungen für den Hochschulbau unter enger Einbeziehung der Hochschulen mit dem Ziel einer Beschleunigung der Bau- und Sanierungsvorhaben und der Schaffung zukunftsorientierter Gebäudestrukturen,
  4. die Berücksichtigung der Aktivitäten der Hochschulen bei der Umgestaltung der Gebäudeinfrastruktur im Sinne einer ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Nachhaltigkeit in den Verhandlungen der Grundhaushalte und der Hochschulentwicklungspläne der Länder.


3. Begründung
Zu 1.: Da der Gesamtsanierungsbedarf an deutschen Hochschulen für die Gebäudeinfrastruktur und energetische Sanierung auf mindestens 90 Mrd. € geschätzt wird, muss priorisiert werden. Nicht alle Sanierungsfälle können kurzfristig bearbeitet werden. Es müssen vorrangig umgehend von der Schließung bedrohte, nicht mehr funktionstüchtige Gebäude, die für laufende Forschungsarbeiten und die Hochschullehre zwingend benötigt werden, saniert oder ersetzt werden. Idealerweise werden daher wie im Koalitionsvertrag ausgeführt finanzielle Mittel als Schnellbauinitiative bereitgestellt. Dieses Sofortprogramm sollte 38 Mrd. € nicht unterschreiten, dieser Bedarf ergibt sich aus der Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft von 2024 (siehe Übersicht in der Anlage).

Zu 2.: Zwischen Bund und Ländern sollen unter Beteiligung der Hochschulen im Anschluss an die Schnellbauinitiative ein dauerhaftes Finanzierungsmodell und Lösungsansätze für die Optimierung rechtlicher Rahmenbedingungen vereinbart werden: Hochschulbau, energetische Sanierung, Modernisierung und Ertüchtigung stellen eine Ewigkeitsaufgabe dar. Durch die enge Kopplung der infrastrukturellen Anforderungen an wissenschaftliche Nutzungsdynamiken ist die Aufgabe Sanierung und Modernisierung gleichsam nie beendet, sondern erfordert kontinuierliche Nachsteuerung und dezentrale Optimierung in Verantwortung der jeweiligen Hochschule.

Für eine gemeinsame Bund-Länder- Finanzierung und Optimierung des Hochschulbaus im Sinne einer ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Nachhaltigkeit schlägt die HRK im Rahmen des Strukturfonds einen Zukunftspakt „Transformative Hochschulen“ vor: Ein parteipolitische Grenzen übergreifender Grundkonsens für die dauerhafte Finanzierung des Hochschulbaus und der Sanierung hochschulischer Infrastruktur als Grundstein für einen sukzessiven Abbau des Sanierungsstaus im deutschen Hochschulsystem. 

Die HRK spricht sich dabei für die Etablierung eines Finanzierungssystems aus, das den Hochschulbau und die energetische Sanierung dauerhaft, transparent und angemessen vorantreibt, dabei Bund und Länder nicht aus deren jeweiliger Verantwortung entlässt. Bund und Länder stellen jeweils 2,6 Mrd. € jährlich für zehn Jahre als Infrastrukturmittel für den Hochschulbau bereit. Der Umfang wird danach auf der Grundlage einer Evaluation neu justiert. Der Gesamtbedarf ergibt sich aus Fortschreibung einer Studie des Bundesverbandes der deutschen Industrie  (siehe Übersicht in der Anlage; Universitätskliniken, Mensen, Cafeterien, digitale Infrastrukturen und Investitionen in Cybersicherheit sind von diesen Beträgen nicht erfasst.). 

Abb. 1
Schematische Darstellung der Forderungen zu Modernisierung, energetischer Sanierung und Neubau von Hochschulen (Grafik s. PDF-Dokument in der Marginalienspalte)

Zu 3.: Planungs- und Genehmigungsverfahren sind in den Ländern sehr unterschiedlich ausgestaltet. Die Verfahrensdauer muss generell verkürzt werden und gleichzeitig sollte die Planungssicherheit erhöht werden. Frühzeitige Einbindung aller Beteiligten wie Rechnungshöfe, Landesliegenschafts- und Baubetriebe, Landesministerien sowie die vom strategischen Entwicklungsbedarf der Hochschule ausgehende Priorisierung von Bauvorhaben oder Public-Private-Partnerships können beispielhaft sein. Auch Budget-Obergrenzen für die auszuführenden Maßnahmen bei Bauherreneigenschaft, Planungshoheit oder vollständiger Autonomie der Hochschulen können förderlich sein. 

Zusätzlich müssen zukünftige Ansprüche an Hochschulgebäude frühzeitig mit den Hochschulen zusammen prognostiziert und in den Planungen bereits heute bedacht werden. Flexible Raumkonzepte gehören zu einer zukunftsfähigen Hochschularchitektur genauso wie innovative und nachhaltige Konzepte zur energetischen Versorgung und Klimabilanz. Um Good Practice herauszuarbeiten, wird angeregt, einen Austausch zwischen Vertreter:innen aus Bund, Ländern und Hochschulleitungen zu organisieren.

Zu 4.: Die Hochschulen setzen sich bereits jetzt intensiv für die Gestaltung ihrer Gebäudeinfrastruktur im Sinne einer ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Nachhaltigkeit ein. Dies umfasst die gezielte Sanierung bestehender Gebäude, die Nutzung energieeffizienter Technologien und die Optimierung der Wärmedämmung. 

Durch den Einsatz moderner Heiz-, Lüftungs- und Beleuchtungssysteme wird der Energieverbrauch gesenkt, während gleichzeitig der CO2-Ausstoß verringert wird. 

Verstärkt werden Hochschulen auf eine effizientere Nutzung von Gebäuden und Flächen achten, etwa durch flexiblere Raumkonzepte, eine intelligentere Raumnutzung und die Reduktion von Leerständen.

Ziel ist es, sowohl ökologische als auch wirtschaftliche sowie soziale Nachhaltigkeit zu fördern und die Ressourcen der Hochschulen langfristig optimal einzusetzen. Diese Bemühungen müssen bei den Verhandlungen der Grundhaushalte und in den Hochschulentwicklungsplänen der Länder berücksichtigt und durch ein umfassendes Flächenmanagement, Bedarfsplanungen sowie regelmäßige Auslastungsuntersuchungen durch die Hochschulen professionalisiert werden.

Anlage: 
Abb. 2: Übersicht zu geschätzten Bedarfen an Infrastrukturinvestitionen im Hochschulbau (Grafik s. PDF-Dokument in der Marginalienspalte)

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* Datengrundlage der HIS HE im Auftrag der KMK 2023 mit Datenstand von 2020/2021.
** Hochrechnung des Bedarfs für Sanierung, Modernisierung und Neubau der Hochschulen Hamburgs auf die geschätzte Gesamtfläche der deutschen Hochschulen.

Quellen: Institut der deutschen Wirtschaft (IW)/Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) = Sebastian Dullien et al., „Herausforderungen für die Schuldenbremse. Investitionsbedarfe in der Intrastruktur und für die Transformation (IW-Policy Paper 2/2024), Mai 2024, www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/policy_papers/PDF/2024/IW-Policy-Paper_2024-Investitionsbedarfe.pdf, letzter Aufruf: 13.5.2025; Kultusministerkonferenz, „Bericht zur klimagerechten Sanierung der staatlichen Hochschulen in Deutschland“, 23.06.2023, www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2023/2023_06_23-Klimagerechte-Sanierung-Hochschulen.pdf, letzter Aufruf: 13.5.2025; Unveröffentlichte Fortschreitung von: Bundesverband der deutschen Industrie (BDI): Standort D mit Investitionen stärken. Programm für Infrastruktur, Transformation, und Resilienz erforderlich, 12.06.2024. bdi.eu/publikation/news/standort-d-mit-investitionen-staerken, letzter Aufruf: 13.5.2025; Wissenschaftsministerkonferenz, Positionspapier „Wissenschafts-, Forschungs- und Innovationsagenda für ein zukunftsfähiges Deutschland“, 31.01.2025, www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2025/2025_01_31-Positionspapier-Wissenschaftsagenda.pdf, S. 3, letzter Aufruf: 13.5.2025.