Die Entscheidung für oder gegen eine akademische Bildung hängt in Deutschland immer noch stark davon ab, ob Eltern in der Lage und bereit sind, ihren Kindern ein Studium zu finanzieren. Die bestehenden staatlichen Förderangebote haben dies nicht wesentlich verändert. Im Gegenteil: Seit Jahren sinkt der Anteil der Studierenden, die Leistungen im Sinne des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) erhalten. Zu viele müssen neben dem Studium in erheblichem Umfang arbeiten und sind strukturell armutsgefährdet. Dies muss sich grundlegend ändern, erklärte die Mitgliederversammlung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) bei ihrer Sitzung vergangene Woche in Magdeburg.
In einer Entschließung fordern die Hochschulleitungen, das BAföG gänzlich neu zu denken. Die HRK-Empfehlungen zielen darauf, das BAföG einer größeren Gruppe von Studierenden zugänglich zu machen, um in der Breite ein erfolgreiches und schnelleres Studium zu ermöglichen. Dazu sollen die Fördersätze auf ein auskömmliches Niveau angehoben, die Elternfreibeträge erhöht, das Antragswesen vollständig digitalisiert und das BAföG insgesamt verlässlich und transparent organisiert werden.
„Seit seiner Einführung in den 1970er-Jahren erreicht das BAföG immer weniger Studierende und ist heute – auch im internationalen Vergleich - auf einem Tiefstand“, erklärt Prof. Dr. Susanne Menzel-Riedl, HRK-Vizepräsidentin für Governance und Hochschulsystem. „Daher muss das BAföG zwingend so angelegt werden, dass ein Studium nicht vom sozialen und finanziellen Hintergrund der Familie abhängt. Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass sie mit der im Koalitionsvertrag zugesagten großen Novelle das BAföG substanziell und nachhaltig verbessert und weiterentwickelt“, so Menzel-Riedl.
Das von der HRK vorgeschlagene Baukastensystem eines strukturell neugefassten BAföG sieht eine unabhängig vom elterlichen Einkommen gewährte Basisförderung von 300 Euro vor. Hier könnte es sich um ein verlagertes und um 50 Euro aufgestocktes Kindergeld handeln. Darüber hinaus soll im Sinne sozialer Gerechtigkeit weiterhin eine elternabhängige Förderungsoption erhalten bleiben. Diese sieht vor, dass Studierende aus einkommensschwachen Haushalten zusätzlich zur Basisversorgung einen nicht zurückzuzahlenden Vollzuschuss von bis zu 700 Euro erhalten. Zusätzlich sollen bedürftige Studierende ein Bildungsdarlehen in Anspruch nehmen können, mit dem die Studienfinanzierung auf insgesamt bis zu maximal 1.300 Euro pro Monat aufgestockt werden kann. Studierende, die wegen der Überschreitung des maximalen Elterneinkommens keinen Anspruch auf BAföG haben, können dem HRK-Vorschlag zufolge ein Bildungsdarlehen in Höhe von maximal 1.000 Euro erhalten.
HRK-Präsident Prof. Dr. Walter Rosenthal erklärte: „Bildungsgerechtigkeit steht als Wert in einem demokratischen Staat für sich – aber auch mit Blick auf den gesellschaftlichen Bedarf nach Fachkräften in Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Kultur müssen wir den Zugang zu hochschulischer Bildung deutlich verbessern. Das BAföG ist hierfür ein Schlüssel.“
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