Empfehlung zur weiteren Entwicklung des Bologna-Prozesses


Empfehlung zur weiteren Entwicklung des Bologna-Prozesses


der 1. HRK-Mitgliederversammlung am 4.5.2007


Die Realisierung der Studienreform ist eine der größten Herausforderungen, denen sich die deutschen Hochschulen zu stellen haben. Der Bologna-Prozess bietet die Chance sowohl zur Internationalisierung des Studiums in einem europäischen Hochschulraum, als auch zur Umsetzung von Reformzielen, die national schon lange diskutiert worden waren. Aus einer Reform, die vor allem die Internationalisierung des Hochschulraumes beabsichtigte, hat sich in Deutschland eine grundlegende Reform der Hochschullehre entwickelt, die die Qualität der Studienan-gebote in Deutschland tief greifend verbessern soll.


Die HRK hat sich immer zu den Zielen des Bologna-Prozesses bekannt und ihn auf nationaler und internationaler Ebene entschlossen vorangetrieben. Seit der Entschließung des 183. Plenums vom 10. November 1997 hatte sie eine Vorreiterfunktion, hat die Interessen der Hochschulen gegenüber dem Bund und den Ländern vertreten und sie gleichzeitig durch die Dienstleistungen ihrer Bologna-Projekte und des Projekts Qualitätssicherung in der Reformarbeit unterstützt.


Die Umstrukturierung und Neuorganisation der Studiengänge ist in Deutschland in einer abschließenden Phase angekommen. Gleichzeitig sind Herausforderungen und offene Fragen deutlich geworden, die bis zum Jahr 2010 und darüber hinaus die besondere Aufmerksamkeit erfordern werden. Die Resultate der Reformarbeit sind quantitativ und qualitativ beachtlich. Die Chancen des Prozesses für die deutschen Hochschulen sind deutlich geworden und werden genutzt. Die Förderung der nationalen und internationalen Mobilität, die inhaltliche und methodische Gestaltung der Studiengänge sowie die politischen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Reform werden Schwerpunkte der folgenden Etappe sein müssen. Die Hochschulen formulieren die folgenden Eckpunkte als Richtschnur der Studienreform, aber auch als Forderungen an die Politik nach angemessenen politischen Rahmenbedingungen:


I. Internationale und nationale Mobilität


Die Studienreform muss die Mobilität im Europäischen Hochschulraum ebenso wie innerhalb Deutschlands fördern, nicht behindern. Dies gilt es, bei der hochschul- und länderspezifischen Ausgestaltung von Studienangeboten, insbesondere bei der Studiengangsplanung und bei der Anerkennung von Studienleistungen zu beachten. Auch die Studienfinanzierung muss die Mobilität unterstützen. Unbeschadet der Profilbildung der Hochschulen in der Lehre können gemeinsame fachliche Orientierungen ein Mindestmaß an Vergleichbarkeit zwischen den Studiengängen sichern.


II. Kompetenzorientierung und klare Studienstrukturen


Die verbesserte Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen muss das Ergebnis eines Aushandlungsprozesses zwischen Hochschulen, Arbeitgebern und Studierenden sein. Die Kompetenz- und Lernprozessorientierung der Studiengänge muss verstärkt werden. Sie müssen dazu ein klares, wissenschaftsbasiertes und forschungsorientiertes Profil aufweisen. Die Modernisierung der Lehr-/Lernformen bedarf größerer Aufmerksamkeit. Transparente Studienstrukturen und definierte Schnittstellen zu anderen Bildungs- und Berufsphasen müssen zügige Studienverläufe ermöglichen.


III. Flexible Gestaltung und angemessene Rahmenbedingungen


Um die durch den Reformprozess gesteigerten Qualitätsansprüche zu sichern, benötigen die Hochschulen deutlich erhöhte finanzielle Mittel und eindeutige rechtliche Rahmenbedingungen. Der finanzielle Mehrbedarf, den der Wissenschaftsrat auf mindestens 15% beziffert, ist in der Sache seit langem bekannt und unbestritten. Die Länder sind bis heute dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Damit ist eine Verbesserung der Qualität in der Lehre, die die Hochschulen, aber insbesondere auch die Länder selbst anstreben, nicht realisierbar. Hochschulen müssen ihrerseits aktiv und eigenverantwortlich die ganze Bandbreite der Gestaltungsmöglichkeiten nutzen, um im Rahmen ihres Profils zielführende Studiengänge zu entwickeln. Wo Defizite bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses sichtbar werden, sind Anpassungen in den Hochschulen hin zu klareren Verantwortungs- und Organisationsstrukturen notwendig.