Zur Exzellenzvereinbarung II


Entschließung der 7. Mitgliederversammlung vom 24.11.2009

Bund und Länder haben im Juni 2009 die Verwaltungsvereinbarung über die Fortsetzung der Exzellenzinitiative zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen für den Zeitraum von November 2012 bis Ende 2017 beschlossen.


Der Senat der Hochschulrektorenkonferenz hat im Juli 2009 festgestellt, dass die "Exzellenzvereinbarung II" den von der HRK im Mai 2008 formulierten Anliegen im wesentlichen Rechnung trägt:

  • Die doppelte Zielsetzung der Initiative bleibt erhalten, nämlich eine Leistungsspirale in Gang zu setzen, die zum einen Spitzenforschung, zum anderen die Anhebung der wissenschaftlichen Qualität in der Breite zum Ziel hat.
  • Der Mittelansatz wird zwar nicht wie gefordert um 50 %, aber doch insgesamt um 43 % aufgestockt.
  • Die Einbeziehung der Lehre bei den Zukunftskonzepten wird gemäß föderalen Vorgaben verbessert.
  • Finanzielle Vorgaben an die Projekte werden deutlich flexibilisiert.
  • Das Ortsprinzip wird für Cluster und Graduiertenschulen gelockert und der Regionalansatz wird gestärkt.
  • Es wird nur eine Antragsrunde durchgeführt.

Die Mitgliederversammlung der Hochschulrektorenkonferenz hat die Exzellenzvereinbarung II am 24. November 2009 erneut beraten.


Sie bekräftigt das Votum des Senats und nimmt zur Rolle des Exzellenzwettbewerbs im Hochschulsystem sowie zur Umsetzung der Exzellenzvereinbarung II wie folgt Stellung.


I. Zur Rolle der Exzellenzinitiative


Mit der Exzellenzvereinbarung II verlängern Bund und Länder ein dynamisches Instrument zur Förderung der Forschung und des wissenschaftlichen Nachwuchses in den Universitäten. Die Finanzmittel für die Exzellenzinitiative sind insofern kostengünstig eingesetzt, als sie positive Effekte mit Hebelwirkung auslösen:Es werden Schwerpunkte mit kritischer Masse aufgebaut und institutionelle Profile geschärft. Die Förderung der Forschung in den Universitäten wirkt sich positiv auch auf Lehre und Nachwuchsförderung aus. Die Universitäten können ihre herausragende Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen und ihre Kooperationen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen ausbauen. Die Exzellenzinitiative erhöht die internationale Sichtbarkeit der in Hochschulen durchgeführten Forschung und sie fördert die öffentliche Wahrnehmung spezifischer Standorte. Insgesamt wird auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Hochschulsystems gestärkt.


Die besondere Effizienz der Exzellenzinitiative beruht darauf, dass durch die Teilnahme am Wettbewerb die wissenschaftliche Leistung auch jener Teilnehmer zunimmt, die am Ende nicht erfolgreich sind. Die Motivation zur Teilnahme muss daher auf breiter Front gewahrt bleiben. Dies gelingt, sofern im Grundsatz für alle Teilnehmer attraktive Ziele erreichbar bleiben und positive Leistungen innerhalb oder im Umfeld der Initiative gewürdigt werden. Um einen fairen Wettbewerb zu garantieren, sind angesichts der Grundausstattung mancher Universitäten seitens der Länder erhöhte Zuwendungen nötig.


Weil viele Hochschulen durch die Länder keine ausreichende Personal- und Finanzausstattung erhalten, besteht insbesondere bei kleineren und mittleren Universitäten die Sorge, die Exzellenzförderung zugunsten Einzelner könnte die weniger wettbewerbsfähigen Universitäten weiter schwächen und damit ggf. das Gesamtsystem beschädigen.


Den Mitgliedshochschulen der HRK ist aber sehr daran gelegen, untereinander die institutionelle Partnerschaft sowie die Mobilität der Studierenden und Lehrenden bzw. Forschenden nachhaltig zu sichern. Die Hochschulen wollen sich bei aller Differenzierung nicht in unterschiedliche Ligen von "Verlierern" und "Gewinnern" aufspalten lassen. Dies liegt im wohlverstandenen Interesse der Qualitätssicherung des Standorts Deutschland in seiner Breite.


Die im Exzellenz-Wettbewerb erfolgreichen Universitäten sind ihrerseits besorgt, einerseits in eine allzu große Abhängigkeit von Drittmitteln zu geraten und dadurch die nötigen Freiräume zu verlieren, andererseits bei einer zu frühen Einstellung der Förderung mit großen Problemen bei der weiteren Organisation der Forschung konfrontiert zu werden.


Die bereits ausgelösten positiven Effekte der Exzellenzinitiative sind daher nur über eine hinreichende Grundfinanzierung wie auch über eine langfristig angelegte Exzellenzinitiative zu erreichen, die es erlaubt, sowohl durch neue Antragsteller neue Vorhaben anzugehen als auch laufende Vorhaben so lange zu betreiben, bis deren Nachhaltigkeit fachlich wie organisatorisch gewährleistet ist (ggf. durch flankierende Maßnahmen aus den Landeshaushalten).


Eine nachhaltige Exzellenzförderung muss weiterhin und vor allem bezwecken, auf der Basis ausgewiesener disziplinärer Diversität über institutionell verankerte Organisationsformen eine produktive Interaktion der Wissenschaftler in Gang zu setzen.


II. Forderungen zur Umsetzung der Exzellenzvereinbarung II


Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze formulieren die in der HRK zusammenwirkenden Hochschulen sieben Anliegen zur Umsetzung der Exzellenzvereinbarung II an die Deutsche Forschungsgemeinschaft und an den Wissenschaftsrat.

  1. Ausländischen Gutachterinnen und Gutachtern ist das deutsche Wissenschaftssystem und die Rolle der Exzellenzinitiative adäquat zu erläutern. Dabei sind ihnen auch die Auswirkungen ihrer Entscheidungen für die Reputation der Antragsteller bewusst zu machen. Dabei muss klar sein, dass die Mittel der Exzellenzinitiative keinesfalls ausreichen, Universitäten im Sinne amerikanischer Spitzenuniversitäten zu schaffen.
  2. Unbeschadet der hohen Qualifikation der bislang involvierten außereuropäischen Gutachter ist allgemein darauf zu achten, dass sich Gutachter in der europäischen und deutschen Fachliteratur bzw. Wissenschaftslandschaft sehr gut auskennen, insbesondere bei Vorhaben der Geistes- und Sozial­wissenschaften.
  3. Gutachter sollten auch Managementkompetenz aufweisen und in den Anträgen auch die Managementaspekte bewerten, um effiziente Vorhaben zu fördern. Dies gilt auch für die dritte Förderlinie.
  4. Stärken der Universitäten sind unabhängig vom Standort zu fördern. Wo immer es die regionale Konstellation erlaubt, sollen Universitäten eng mit außeruniversitären Einrichtungen zusammenarbeiten, um dadurch den Standort weiter zu stärken. Fehlende außeruniversitäre Partner in der Region sind nicht den antragstellenden Universitäten anzulasten.
  5. Gutachter sollten die Qualität der Lehre und innovativer lehrbezogener Maßnahmen bei ihrer Entscheidung zur Forschungsförderung berücksichtigen.
  6. Die Universitäten verstehen Exzellenzcluster nicht als große und strukturell analoge Sonderforschungsbereiche, sondern als sehr unterschiedlich auszugestaltende Instrumente, um jeweils bedeutende wissenschaftliche Ziele mit Hilfe spezifisch geeigneter Organisationsformen anzugehen. Die Bewertung bedarf daher unter anderem auch einer Einzelfallprüfung in Bezug auf die Stimmigkeit von Forschungsziel und Organisationsform.
  7. Mit der Fortsetzung der Exzellenzinitiative entsteht eine Konkurrenz von Neuanträgen und Fortsetzungsanträgen, die ihrerseits eine fünf- oder sechsjährige Laufzeit aufweisen. Die Universitäten vertrauen auf die ausgewiesene wissenschaftspolitische Erfahrung der Gutachter und der Mitglieder der Gemeinsamen Kommission und bitten diese, unbeschadet ihrer Regelungskompetenz bei Begutachtung und Bewilligung wie folgt vorzugehen:

a. Begutachtung der Anträge getrennt nach den drei Kategorien

b. Rangliste der Anträge innerhalb der jeweiligen Kategorien

c. Bewilligung der Anträge auf Basis eines übergeordneten Vergleichs ohne Vorgabe (Quorum) in Bezug auf die Kategorien nach Maßgabe der verfügbaren Mittel, so dass aus den einzelnen Kategorien möglicherweise unterschiedlich viele, aber jeweils nur exzellente Anträge zum Zuge kommen.

Vgl. Bundesanzeiger Nr. 103 vom 16. 07. 2009, S. 2416 ff.


Mit der Exzellenzvereinbarung II, für die € 2.723,7 Mio. zur Verfügung stehen, werden die Grundzüge der laufenden Exzellenzinitiative fortgeschrieben. Antragsberechtigt und Bewilligungsempfänger sind Universitäten. Die Mittel werden weiterhin von der Deutschen Forschungsgemeinschaft für Projekte mit fünfjähriger Laufzeit zur Verfügung gestellt (einschl. Programmpauschalen), die sich in einem "einheitlichen, projektbezogenen, wissenschaftsgeleiteten und wettbewerblichen Gesamtverfahren" als erfolgreich erweisen. "Dabei soll ein wissenschaftsgeleiteter Wettbewerb zwi-schen bereits geförderten Projekten und Neuanträgen mit gleichen Chancen ermöglicht werden."


Die Exzellenzvereinbarung II berücksichtigt zum einen, dass im Wettbewerb zwischen Neuanträgen und Fortsetzungsanträgen bei den letzteren auch Mittel für eine Auslauffinanzierung anzusetzen sind, und zum anderen, dass im anstehenden 'einheitlichen' Wettbewerbsverfahren eine Überbrückungsfinanzierung für diejenigen Projekte nötig ist, welche bereits in 2006 bewilligt wurden und somit ausnahmsweise über sechs Jahre gefördert werden. Diese Projekte laufen folglich um ein Jahr länger als die in der zweiten Aus-wahlrunde 2007 bewilligten Projekte, deren Fortsetzung beantragt wird.


Unter Abzug der Mittel für Auslauf- und Überbrückungsfinanzierung stehen mit der Exzellenzvereinbarung II gegenüber der Exzellenzvereinbarung I etwa 30 % mehr Mittel für die Bewilligung von Graduiertenschulen, ExzelLenzclustern und Zukunftskonzepten zur Verfügung, wobei Verteilungsspielraum zwischen den beiden ersten Förderlinien besteht. In Bezug auf die dritte Linie, in welcher derzeit neun Vorhaben gefördert werden, wird mit der Vereinbarung ausdrücklich die Förderung von bis zu fünf Neuanträgen bei einer Gesamtzahl von maximal 12 geförderten Zukunftskonzepten "angestrebt".