Qualitätssicherung im Personalmanagement – Umgang der deutschen Hochschulen mit der Europäischen Forschercharta und dem Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern (Charta und Kodex)


Empfehlung der 13. Mitgliederversammlung der HRK am 20.11.2012

Viele deutsche Hochschulen entwickeln zurzeit Strategien, um die internationale Konkurrenzfähigkeit ihrer Personalgewinnung zu sichern und um dem Bedürfnis mobiler Forscherinnen und Forscher nach mehr Transparenz und einer besseren Planbarkeit wissenschaftlicher Karrierewege Rechnung zu tragen. Dabei können auch aktuelle Forderungen der Europäischen Kommission in Bezug auf offene Ausschreibungs- und Einstellungsverfahren und auf die Umsetzung der Europäischen Forschercharta und des Verhaltenskodexes für die Einstellung von Forscherinnen und Forschern sinnvoll mit berücksichtigt werden.

Hintergrund und aktuelle Entwicklungen
Die Europäische Forschercharta und der Verhaltenskodex für die Einstellung von Forscherinnen und Forschern sind eine unverbindliche Empfehlung der EU-Kommission vom März 2005. Die HRK hat diese Empfehlung im Plenum der HRK im Jahre 2005 angenommen und - mit gewissen Vorbehalten (s. Umsetzungsprotokoll) - stellvertretend für alle Mitgliedshochschulen unterzeichnet. Die Bemühungen der HRK, nach der Unterzeichnung deutsche Hochschulen zu einer aktiven Auseinandersetzung mit Charta und Kodex anzuregen, waren jedoch bislang nicht erfolgreich. Von den übrigen deutschen Wissenschafts­organisationen haben bisher lediglich die Alexander von Humboldt-Stiftung und der Deutsche Akademische Austauschdienst die Empfehlung angenommen.

Die EU-Kommission beharrt weiterhin auf dem Anspruch, dass die Befolgung der Prinzipien von Charta und Kodex Voraussetzung für eine Attraktivitätssteigerung des Wissenschaftlerberufs ist, die sie für ein Schlüsselelement in der Entwicklung des Europäischen Forschungsraumes hält. Sie hat einen Qualitätssicherungsprozess für Personalmanagement auf der Basis von Charta und Kodex etabliert. Hochschulen und Forschungseinrichtungen wurden aufgefordert, sich an der Formulierung einer institutionellen Humanressourcen-Strategie für Forscherinnen und Forscher zu beteiligen. Dies ist ein fünfstufiger Prozess nach dessen dritter Stufe bereits ein Logo mit dem Titel „Human Resources Excellence in Research“ von der Kommission vergeben werden kann.

Die EU-Kommission hat Charta und Kodex in ihren zentralen Dokumenten zum zukünftigen achten Forschungsrahmenprogramm „Horizont 2020“ ab 2014 sowie in ihrer Mitteilung von Juli dieses Jahres zur zukünftigen Ausgestaltung des Europäischen Forschungsraums bis Ende 2013 ausdrücklich erwähnt und eine verstärkte Umsetzung gefordert. In einem so genannten „Memorandum of Understanding“ mit der Europäischen Kommission hat sich zudem die Europäische Universitätsvereinigung, EUA, dazu verpflichtet, ihre Mitglieder zur Umsetzung der Prinzipien von Charta und Kodex und zum Erwerb des europäischen Logos zu ermutigen und der Kommission jährlich über Fortschritte auf diesem Gebiet zu berichten.

Einzelne Mitgliedstaaten wie Großbritannien, Spanien und Österreich haben die Umsetzung von Charta und Kodex bereits zu einem Ziel nationaler Politik gemacht haben. Dies erhöht kontinuierlich den Druck auf andere Mitgliedstaaten, die wie Deutschland bisher auf der Freiwilligkeit der Umsetzung beharren.

Für die deutschen Hochschulen sind Fragen der Transparenz und Planbarkeit von Karrierewegen - insbesondere für den wissenschaftlichen Nachwuchs unterhalb von Professorenstellen - in den letzten Jahren ein zunehmend wichtiges Handlungsfeld geworden. Dies hängt auch mit der zunehmenden Notwendigkeit einer Internationalisierung der Hochschulen und ihrer Personalpolitik in Hinblick auf den weltweiten Wettbewerb um hoch qualifizierte Fachkräfte zusammen. Viele Hochschulen arbeiten an Personalstrategien und nutzen öffentlich dokumentierte Qualitätssicherungsverfahren, um ihre Attraktivität für Bewerberinnen und Bewerber zu steigern. Eine Mitwirkung an den europäischen Aktivitäten zur Entwicklung von Strategien für Humanressourcen-Management wird dadurch erleichtert und kann zudem bereits bestehende Aktivitäten der deutschen Hochschulen in diesem Bereich sinnvoll ergänzen.

Am 16. Oktober 2012 veranstaltete die HRK deshalb einen Workshop zum Thema „Intelligenter Umgang mit Charta und Kodex“ für Verwaltungs- und Personalleitungen an Hochschulen. Dabei sprachen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Einrichtung einer durch die HRK organisierten und begleiteten Arbeitsgruppe aus. Diese soll die Interessen der Hochschulen bündeln und eine erfolgreiche und Nutzen bringende Teilnahme der deutschen Hochschulen an der Umsetzungsstrategie für Charta und Kodex der EU-Kommission ermöglichen. Die HRK wird sich zudem im Dialog mit der EU-Kommission dafür einsetzen, dass bereits vorhandene Qualitätssicherungsverfahren, wie z.B. das Audit „familiengerechte Hochschule“ oder auch das Prädikat „Total E-Quality“ als mit Charta und Kodex konform anerkannt werden.