Empfehlung zur Anerkennung von an anderen Hochschulen erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen


Entschließung des 184. Plenums vom 16./17.Februar 1998



1. In letzter Zeit häufen sich Klagen, daß Fachbereiche und Fakultäten von Studierenden an anderen Hochschulen erbrachte Studien- und Prüfungsleistungen nicht oder nicht angemessen anerkennen. Dies bezieht sich sowohl auf Studien- und Prüfungsleistungen an deutschen Hochschulen wie auch auf Leistungen, die Studierende an ausländischen Hochschulen erbracht haben. In manchen Fällen soll es sogar vorgekommen sein, daß Studien- und Prüfungsleistungen nicht anerkannt wurden, die im Rahmen gegenseitig vereinbarter Austauschverfahren im Rahmen der europäischen Programme ERASMUS und SOKRATES erbracht worden waren.


2. Bei der Anerkennung ausländischer Hochschulabschlüsse wird vielfach darüber geklagt, daß diese Anerkennung formal und nicht auf Inhalte bezogen gehandhabt wird. Insbesondere bei Studierenden aus Hochschulen Südostasiens, Afrikas, aber auch Lateinamerikas wird häufig eine Einstufung in das Grundstudium vorgenommen, obwohl es angebracht wäre, bei inhaltlicher Gewichtung der erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen eine Einstufung in höhere Semester, vorwiegend des Hauptstudiums vorzunehmen. Eine solche formale Betrachtung und Einstufung ohne Berücksichtigung der Inhalte bzw. Überprüfung der tatsächlich erbrachten Leistungen, zum Beispiel durch eine entsprechende Prüfung, haben inzwischen zu Klagen ausländischer Regierungsvertreter bei der Hochschulrektorenkonferenz geführt.


3. Hochschulen, Länder und Bund sind sich darüber einig, daß die Attraktivität deutscher Hochschulen für ausländische Studierende und die Anerkennung ausländischer Studienabschlüsse für ein weiteres Studium oder ein Aufbaustudium an deutschen Hochschulen oder die Promotion an deutschen Universitäten sich wechselseitig bedingen. Dessen ungeachtet sind die Anerkennungsverfahren in den Hochschulen vielfach unzureichend geregelt oder für ausländische Bewerberinnen und Bewerber nicht durchschaubar.


4. Die Anerkennung von an deutschen Hochschulen erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen ist in den meisten Studiengängen grundsätzlich in den von Kultusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz verabschiedeten Rahmenprüfungsordnungen geregelt, bei im Ausland erbrachten Leistungen in Äquivalenzvereinbarungen, Rahmenabkommen zwischen Rektorenkonferenzen oder Vereinbarungen zwischen Hochschulen.


5. Die Verantwortung für die Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen liegt bei den Fachbereichen und Fakultäten. Diese haben dazu vielfach im Rahmen der von Fachbereichen, Fakultäten und Hochschulen beschlossenen und von den Ministerien der Länder genehmigten Prüfungsordnungen Prüfungsausschüsse eingesetzt, denen auch die Anerkennung von an anderen Hochschulen erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen obliegt. Vielfach wird diese Anerkennung jedoch auf einzelne Fachvertreter delegiert. Daraus ergeben sich offenbar zunehmend unzuträgliche und nicht vertretbare Entscheidungen, die auch unter dem Gesichtspunkt angemessener Verfahren und Verfahrenssicherheit, wie sie sich aus Prüfungsordnungen ergibt, fragwürdig erscheinen.


6. Deshalb empfiehlt die Hochschulrektorenkonferenz:


Die Anerkennung von an anderen Hochschulen erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen sollte in den Mitgliedshochschulen der Hochschulrektorenkonferenz jeweils von den Prüfungsausschüssen auf Fachbereichs- oder Fakultätsebene vorgenommen werden. Selbst wenn die Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen auf einzelne Fachvertreter oder den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses delegiert werden kann, bedarf die Entscheidung über Nicht-Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen eines förmlichen Beschlusses dieser Ausschüsse.


Allerdings sind vor Entscheidungen der Prüfungsausschüsse im Zweifelsfall Fachvertreter zu hören. Bei der Anerkennung von an anderen Hochschulen erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen ist kein schematischer Vergleich, sondern eine Gesamtbetrachtung und Gesamtbewertung vorzunehmen. Bei Nichtanerkennung ist die Entscheidung mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.


Anerkennungen von Studien- und Prüfungsleistungen im Rahmen von Prüfungsordnungen sind zumindest teilweise Verwaltungsverfahren, die einer entsprechenden rechtlichen Überprüfung unterliegen könnten. Deshalb und um eine weitere Außensteuerung der Hochschulen durch Entscheidungen von Verwaltungsgerichten zu vermeiden, sollten alle Hochschulen durch Senatsbeschluß auch für Außenstehende durchschaubare Verfahren festlegen, die eine Widerspruchsmöglichkeit gegen von Antragstellern als unzutreffend, unzureichend oder ungerecht empfundene Entscheidungen ermöglichen.


Bei Nicht-Anerkennung von an anderen Hochschulen erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen sollte ein Antrag auf Überprüfung dieser Entscheidung unter Angabe von Gründen bei der Hochschulleitung gestellt werden können. Ein solcher Antrag auf Überprüfung sollte von den an den meisten Hochschulen bestehenden Ständigen Kommissionen für Lehre und Studium unter dem Vorsitz einer Prorektorin/Vizepräsidentin bzw. Prorektors/Vizepräsidenten für Lehre und Studium bzw. bei Doktoranden von der entsprechenden Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs unter Vorsitz einer Prorektorin/Vizepräsidentin bzw. eines Prorektors/Vizepräsidenten für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs behandelt werden.


Alle Hochschulen sollten die Regelungen über die Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen einschließlich der Möglichkeiten, gegen Entscheidungen Widerspruch bei der Hochschulleitung einzulegen, in den Vorlesungsverzeichnissen und in den Informationen für ausländische Studierende veröffentlichen.