Zum Forschungsrating des Wissenschaftsrates


Empfehlung der 16. HRK-Mitgliederversammlung am 13.5.2014

I. Ausgangslage

Zur vergleichenden Bewertung von Forschungsleistungen, die in Ergebnisklassen dokumentiert werden, hat der Wissenschaftsrat am 25.10.2013 Empfehlungen zur Zukunft des Forschungsratings verabschiedet (WR Drs. 3409-13). Das neue Verfahren ‚Forschungsrating‘ hatte der Wissenschaftsrat ab 2005 in vier Pilotstudien (Chemie; Soziologie; Elektrotechnik; Anglistik und Amerikanistik) systematisch erprobt. In den Empfehlungen schlägt der Wissenschaftsrat vor, das Forschungsrating über alle Fächer turnusmäßig auszuweiten und dauerhaft einzurichten, auch wenn das Rating ein methodisch und organisatorisch hoch anspruchsvolles und komplexes und somit für alle Beteiligten aufwändiges Verfahren darstelle. Nach Ausschöpfung aller Einsparpotenziale ließen sich die jährlichen direkten Kosten für ein umfassendes Forschungsrating über 22 Fächer in fünf Fächergruppen (einschließlich der begleitenden externen Evaluation) auf etwa €2,5 Mio. reduzieren. Der Wissenschaftsrat sehe beim Forschungsrating keine Daueraufgabe für sich, werde aber im gegeben Falle den ersten Bewertungszyklus verantworten.

II. Stellungnahme

1. Dank und Würdigung

Die Hochschulrektorenkonferenz dankt allen Beteiligten, die sich bei der Entwicklung des neuen Verfahrens ‚Forschungsrating‘ engagiert haben. Als wissenschaftsgeleitetes Verfahren und in methodischer Hinsicht wird das neu entwickelte Instrument nach Auffassung der Hochschulen im internationalen Vergleich bislang am besten den Anforderungen an vergleichende Forschungsbewertungen gerecht.

2. Rahmenbedingungen
Die HRK steht deshalb dem Vorschlag des Wissenschaftsrates offen gegenüber, das Forschungsrating als Verfahren der vergleichenden Forschungsbewertung in der konzipierten Weise umfassend und dauerhaft zu etablieren, sofern dafür angemessene Rahmenbedingungen gewährleistet sind. Von besonderer Bedeutung sind dabei die folgenden sieben Punkte:

1. Hochschulische und außerhochschulische Einrichtungen, die in fraglichen Fächern jeweils Forschung betreiben, werden sämtlich und gleichermaßen einbezogen.

2. Die Finanzierung erfolgt nicht durch die betroffenen Einrichtungen und umfasst neben den zentralen Kosten auch die lokalen Kosten in voller Höhe.

3. Ein standardisierter ‚Kerndatensatz Forschung‘ ist zuvor als systematische Grundlage flächendeckend zu implementieren, um Aufwand und Kosten möglichst gering zu halten.

4. Unterschiedliche Fachgebiete bzw. Fachkulturen erfahren jeweils spezifische Ratingverfahren. Fachübergreifende Vergleiche sind gemäß Verfahrensdesign systematisch nicht angemessen.

5. Bei der politischen Würdigung der Ratingergebnisse ist zudem die finanzielle und rechtliche Ausgangslage der Institutionen zu berücksichtigen.

6. Gutachter(innen) stehen in ausreichender Anzahl und ohne Gefährdung anderweitiger Bewertungsaufgaben zur Verfügung.

7. Der Wissenschaftsrat behält dauerhaft die Verantwortung für das Forschungsrating. Die Hochschulen beteiligen sich nicht an kommerziellen Ratingverfahren.

3. Empfehlungen
a) Für die Hochschulen kann der Einsatz von Forschungsratings im Kontext von Steuerungsentscheidungen sinnvoll sein. Allerdings liegen zu jedem Zeitpunkt selbst bei vollständiger Umsetzung der Empfehlungen des Wissenschaftsrates stets nur wenige aktuelle Bewertungen vor, so dass Steuerungsmaßnahmen erst noch bewertete und nicht-bewertete Fächer in ein angemessenes Verhältnis zu setzen haben. Ohnehin liefern Ratingergebnisse Informationen nur zu einem Sachstand in der Vergangenheit. Steuerungsentscheidungen hingegen sind an Evaluationsergebnissen und Prognosen auszurichten.
Die HRK empfiehlt daher, das vorgeschlagene Konzept um eine prognostische Komponente zu ergänzen.

b) Das Forschungsrating als spezifisches Instrument kann bei Beachtung der erforderlichen Rahmenbedingungen auch unabhängig von dem Vorschlag einer umfassenden und dauerhaften Einrichtung immer dann unterstützend eingesetzt werden, wenn ein hinreichender übergeordneter Anlass besteht, beispielsweise wenn ein ausgewähltes Fachgebiet einer Evaluation unterzogen werden soll.
Die HRK empfiehlt dabei zu beachten, dass die Steuerung von Hochschulen auch und gerade die Zusammenarbeit der Fächer in den Blick zu nehmen hat und dass bei interdisziplinären Herausforderungen ein Rating nur auf indirekte Weise Unterstützung liefern kann.

c) Um zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen, empfiehlt die HRK, jedes Fächerspektrum im gegeben Falle institutionenübergreifend so zu erfassen, dass die willkürliche Aus- oder Einbeziehung von Personen, Themen und Leistungen unterbunden wird.
In diesem Zusammenhang ist sicherzustellen, dass in und zwischen den Fakultäten bzw. Institutionen gemeinsame Forschungsanstrengungen nicht etwa belastet würden, sondern weiter befördert werden(1).

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(1) Die HRK hat auch die Erfahrungen der britischen Hochschulen mit dem abgeschlossenen ‚Research Assessment Exercise‘ bzw. dem laufenden ‚Research Excellence Framework‘ berücksichtigt. Diese spezifischen Verfahren, die mit dem Rating des WR nicht unmittelbar verglichen werden können, geben gleichwohl Anlass für die hiesige Diskussion festzuhalten, dass bei knapper Haushaltslage a) Ratings allzu leicht als Rankings interpretiert werden und b) die Bewertung von Leistungen nicht zu Förder-, sondern zu Sparmaßnahmen führt.