Künftiger Beitrag des Bundes zur Finanzierung der Hochschulen


Entschließung des 124. HRK-Senats am 11.6.2013

I. Einleitung

Das deutsche Hochschulsystem steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen: Bis zum Jahr 2020 werden die Studierendenzahlen über die ohnehin schon prognostizierte Erhöhung hinaus noch ansteigen und auch danach auf einem hohen Niveau verbleiben. Gleichzeitig laufen in den nächsten Jahren wichtige Vereinbarungen der Wissenschaftspolitik aus (Pakte für die Wissenschaft) – und die im Jahr 2019 wirksam werdende Schuldenbremse wird die finanzielle Bewegungsfähigkeit der Länder weiter einengen. Gegenwärtig erlaubt das Grundgesetz keine Beteiligung des Bundes an der Grundfinanzierung der Hochschulen und im Bereich der Lehre. Das sog. Kooperationsverbot muss dringend aufgehoben werden, um längerfristig eine auskömmliche Finanzierung der Hochschulen zu erlauben. Der 120. Senat der HRK hat bereits in seiner Resolution im Jahr 2012 die angestrebte Verfassungsänderung des Artikels 91 b GG und damit die Revision des so genannten „Kooperationsverbots“ begrüßt (1). Die Grundfinanzierung der Hochschulen sollte durch Bundesmittel gestärkt und die sich bei einer Grundgesetzänderung ergebenden Finanzierungsmöglichkeiten des Bundes konkretisiert werden.

II. Entschließung
Der Senat der Hochschulrektorenkonferenz fordert zeitnah eine signifikante Anhebung der Grundfinanzierung der Hochschulen durch eine dauerhafte, verlässliche Beteiligung des Bundes an der Hochschulfinanzierung. Dies sollte u.a. auch durch Abschaffung des sogenannten Kooperationsverbots sichergestellt werden. So sollten Mittel bereitgestellt werden, mit denen die Hochschulen Professuren einrichten und die baulich-technische Infrastruktur verbessern können. Des Weiteren sollte die Programmpauschale für DFG- und bundesfinanzierte Forschungsprojekte auskömmlich gestaltet werden.
 

III. Begründung für diese Maßnahmen
Die Hochschulen sind seit nunmehr nahezu 20 Jahren einer Stagnation ihrer Grundfinanzierung ausgesetzt. Mittelsteigerungen sind alleine im Bereich der Drittmittel zu verzeichnen. Defizite im Bereich des Grundhaushaltes, die durch steigende Studierendenzahlen und die Entwicklung der Betriebskosten erzeugt werden, können so nicht kompensiert werden.

•    Bundesprofessuren
Es wird vorgeschlagen, in den nächsten 10 Jahren an den deutschen Hochschulen 3.000 Bundesprofessuren kapazitätsneutral einzurichten. Für diese Bundesprofessuren sind die gleichen Rechte und Pflichten wie für Landesprofessuren vorzusehen, sie werden aber vom Bund finanziert, und er ist maßgeblich an ihrer Einrichtung beteiligt. Sie sollen den Hochschulen auf Dauer zur Verfügung stehen, also auch dauerhaft – und auf Lebenszeit – besetzt werden können.
Die Bundesprofessuren stärken die Profilbildung der Hochschulen in Lehre und Forschung. Zudem verbessert die Schaffung von 3.000 neuen Dauerstellen die Karriereaussichten des wissenschaftlichen Nachwuchses deutlich; und schließlich ist diese Form der Bundesbeteiligung hochschuladäquat, denn die Professur ist der zentrale Baustein des Wissenschaftssystems an den Hochschulen.
Die Bundesprofessur sollte nicht als Ersatz für wegfallende oder demnächst freiwerdende Landesprofessuren dienen, denn dann würde die Bundesfinanzierung zu einem „Lückenbüßer“ werden, der nur den Rückgang der Landesprofessuren ausgleicht. 

Für die Vergabe der Bundesprofessuren wird ein mehrjähriges Programm vorgeschlagen. Konkret sollen die Bundesprofessuren über 10 Jahre geschaffen werden. Über die Laufzeit des Programms können jährlich im Durchschnitt 300 Professuren eingerichtet werden; nach zehn Jahren wäre der Endausbau erreicht.

•    Sicherstellung einer auskömmlichen Programmpauschale für DFG- und bundesfinanzierte Forschungsprojekte

Die DFG-Programmpauschale muss auch nach 2015 fortgeführt und vom Bund finanziert werden. Damit wird der Weg in die Vollkostenfinanzierung der Forschung konsequent fortgesetzt. Die Pauschale zur Deckung der indirekten Kosten von drittmittelfinanzierten DFG-Forschungsprojekten sollte schrittweise  erhöht und spätestens im Jahre 2020 bedarfsgerecht bereitgestellt werden. Da die indirekten Kosten der Forschungsprojekte tatsächlich bei 50 bis 70% der direkten Kosten liegen, ist zumindest die Erhöhung in zehnprozentigen Schritten in den Jahren 2015, 2017 und 2019 erforderlich. Analog sollte die Höhe der Programmpauschale auch bei bundesfinanzierten Drittmittelprojekten angepasst werden.
Bisher wird den Hochschulen seit 2007 eine Programmpauschale in Höhe von 20 Prozent der direkten Kosten von DFG-Projekten über die so genannte zweite Säule des Hochschulpaktes gewährt. Die Finanzierung wird zu 100 Prozent vom Bund getragen. Erfolgreiche Einwerbungen von DFG-Programmen belasten derzeit den Grundhaushalt der jeweiligen Universität zusätzlich. Die Programmpauschale ist ein wichtiges Element der Forschungsförderung, da sie dazu beiträgt, die indirekten Kosten der Forschungsförderung (Infrastruktur, Administration) aufzufangen.
Die DFG kommt bereits 2009 in ihrem Erfahrungsbericht zur Gewährung von Programmpauschalen zu dem Schluss, dass die Pauschale den tatsächlichen Bedarf, also die indirekten Kosten, nicht annähernd deckt. Erfolgreiche Drittmitteleinwerbungen führen weiterhin dazu, dass Einsparungen an anderer Stelle des Hochschulhaushaltes notwendig werden.
Außerdem sollte die Forschung an Fachhochschulen durch eine schrittweise Aufstockung der entsprechenden Bundesprogramme gestärkt werden. Auch diese Programme sind analog so zu gestalten, dass sie die vollen Kosten der bewilligten Projekte abdecken.

•    Stärkeres und längerfristiges Engagement zur Sicherung der baulich-technischen Infrastruktur

Die dauerhafte Beteiligung des Bundes am Hochschulbau - auch über 2019 hinaus - ist erforderlich.
Die für den Hochschulbau bereitstehenden Mittel (derzeit 695 Millionen Euro) müssen in Anbetracht des Bedarfs verdoppelt werden. Die im Jahre 2013 auslaufende Zweckbindung der Bundesmittel für den Hochschulbau muss verlängert werden.
Die baulich-technische Infrastruktur von Hochschulen ist ein wesentlicher Faktor für deren wissenschaftliche Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit. Sie ist eine strategisch außerordentlich wichtige Ressource für die Hochschulentwicklung in Bund und Ländern. Der Sicherung der in der Phase der Hochschulexpansion seit 1960 in Deutschland entstandenen und damit nunmehr am Ende ihres ersten Lebenszyklus stehenden Bauten kommt deshalb gegenwärtig ebenso wie dem Ausbau der IT-Infrastruktur besondere hochschulpolitische Bedeutung zu.
Die Finanzierung des Hochschulbaus ist derzeit aber nicht sichergestellt. Zwar ist das Programm der Forschungsbauten nach Art. 91b GG unbefristet angelegt; eine Finanzierung des allgemeinen Hochschulbaus, der für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Hochschulen die Voraussetzung darstellt, ist indes auf dem Niveau von 2007 bereits nach 2013 nicht sichergestellt. Die vom Bund bereitgestellten Mittel müssen nur bis 2013 zweckgebunden verwendet werden. Eine Übergangsregelung im Grundgesetz (Art. 143 c GG) sieht in beendeten Gemeinschaftsaufgaben eine weitere Finanzierung durch den Bund bis 2019 - aber ohne Zweckbindung - vor (Art. 143 c GG i. V. m. § 1 Entflechtungsgesetz). Hinzu kommt, dass viele bauliche Maßnahmen in den letzten Jahren mit Mitteln des befristeten Konjunkturpaktes II durchgeführt wurden.

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(1) Resolution "Bund und Länder gemeinsam für die Hochschulen: Verfassungsänderung überfällig" des 120. Senats am 13.3.2012