Entschließung "Strukturen und Funktionen von Hochschulräten"


Entschließung der 11. Mitgliederversammlung der HRK am 22.11.2011


I. Vorwort


Nachdem die grundlegenden Anforderungen an die Hochschulautonomie im Verhältnis Hochschule - Staat durch die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in eine Entschließung gefasst sind, ist es erforderlich, die notwendigen Voraussetzungen zur Stärkung der Autonomie in einzelnen Bereichen zu konkretisieren. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit Hochschulräten unterschiedlichen Zuschnitts - zum einen mit lediglich beratender Funktion zum anderen aber auch mit Entscheidungskompetenz - sieht es die HRK als unumgänglich an, ihre Position zu den Hochschulräten zu überprüfen und sie, wo es zielführend ist, zu bekräftigen bzw. wo es notwendig ist, anzupassen.

Grundsätzlich wird die Verlagerung von Kompetenzen des Staates auf die Hochschulräte begrüßt, wenn sich daraus ein realer Zuwachs an Autonomie für die Hochschulen ergibt. Forderungen an die Konzeption der Hochschulräte stehen immer im Zusammenhang mit deren Funktion und ihrer Rolle im Prozess der erstarkenden Hochschulautonomie. Ihrer Wirkung als Mittlergremium zwischen Gesellschaft, Staat und Hochschule entspricht die Berücksichtigung von externen Mitgliedern bei der Besetzung der Hochschulräte. In ihrer Bestimmung als Beistand im Zuge der Professionalisierung der Hochschulleitungen ist ein hohes Expertenwissen notwendig. Und in ihrer Einbindung in die Hochschule als eigenständiges Organ ist eine Anbindung an die anderen Hochschulorgane und die Kenntnis von Hochschulstrukturen erforderlich.


II. Forderungen

  1. Der Hochschulrat soll eine strategische Funktion in der Hochschule übernehmen, aber keine operativen Funktionen, insbesondere nicht die Dienstherreneigenschaft.
  2. Der Hochschulrat soll zu mindestens der Hälfte aus externen Mitgliedern bestehen, wobei die akademische Kompetenz der Mitglieder gewährleistet sein muss.
  3. Die Hochschulleitung soll dem Hochschulrat gegenüber rechenschaftspflichtig sein, im Gegenzug muss die Arbeit des Hochschulrates für die Hochschule transparent sein.

III. Hintergrund


In fast allen Hochschulgesetzen der Länder findet sich die Institution des "Hochschulrats". Diese stehen in einer kontinuierlichen Entwicklungslinie aus den Kuratorien und sind beeinflusst von Hochschulverfassungen anderer Staaten. Auch in diesem Bereich der Hochschulverfassung hat der bundesrepublikanische Föderalismus dazu geführt, dass die Modelle der Hochschulräte sich in den Ländern teilweise stark voneinander unterscheiden. Gemeinsam ist allen Modellen zum einen die Zusammensetzen auch aus hochschulexternen Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur, zum anderen die Aufgabenbestimmung, die sich auf Wahl und Kontrolle der Hochschulleitungen und Mitwirkung und Beratung bei der Hochschulentwicklung erstreckt.

Die Diskussion um Strukturen und Funktionen der Hochschulräte kann sinnvollerweise nur unter der Überschrift der autonomen Hochschule erfolgen, wobei besonderes Augenmerk darauf zu legen ist, dass Modelle aus anderen Bereichen, sei es aus der Wirtschaft oder aus der Allgemeinen Verwaltung, auf ihre Tauglichkeit innerhalb der hochschulspezifischen Governancestrukturen zu prüfen sind. Anleihen aus anderen Bereichen können nur dann erfolgreich sein, wenn es gelingt, sie wissenschaftsadäquat umzusetzen. Das sich aus der Körperschaftsstruktur der Hochschulen ergebende Selbstverwaltungsrecht darf durch die Hochschulräte nicht unterminiert werden.

Das Verhältnis von Hochschulen und Hochschulräten ist eindeutiger zu strukturieren und bei aller föderaler Mannigfaltigkeit sind Leitlinien für die Konzeption von Hochschulräten darzustellen, die den Ansprüchen an die Hochschulautonomie gerecht werden, damit die Hochschulräte als strenger Freund der Hochschulen ihre Aufgaben erfüllen können. Dabei ist es notwendig, dass für jede Hochschule ein eigener Hochschulrat besteht.


IV. Strukturen

  1. Der Hochschulrat ist, mindestens zur Hälfte, mit externen Mitgliedern zu besetzen.
  2. Bei der Auswahl der Mitglieder des Hochschulrates muss sichergestellt sein, dass der Hochschulrat als Organ ausreichend akademische Kompetenz besitzt; dies gilt insbesondere für rein extern besetzte Hochschulräte.
  3. Die nähere Zusammensetzung und das Verfahren der Berufung werden zwischen Hochschule und dem zuständigen Ministerium einvernehmlich geregelt.
  4. In der Landesgesetzgebung muss eine Regelung zur vorzeitigen Beendigung der Amtszeit eines Hochschulratsmitglieds vorgesehen werden. Der Hochschule sollte ein Initiativrecht zur Beendigung der Amtszeit eines Hochschulratsmitglieds eingeräumt werden.
  5. Die Vorsitzenden eines Hochschulrats dürfen nicht Dienstvorgesetzte der Präsidentin oder des Präsidenten und der hauptamtlichen Präsidiumsmitglieder sein. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Präsidentin bzw. der Präsident ihre bzw. seine Angelegenheiten in Abstimmung mit den übrigen Organen der Hochschule selbstständig und eigenverantwortlich ordnen kann und daher keine Dienstvorgesetzte bzw. kein Dienstvorgesetzter erforderlich ist.

V. Funktionen

  1. Die Zuständigkeit des Hochschulrats muss sich auf Themen von strategischer Bedeutung beschränken. Die operative Leitung der Hochschule obliegt ausschließlich dem Präsidium.
  2. Der Hochschulrat ist beteiligt an der langfristigen Entwicklung und Finanzplanung der Hochschule.
  3. Das Präsidium ist dem Hochschulrat gegenüber berichtspflichtig.
  4. Die Arbeit des Hochschulrates muss transparent und nachvollziehbar für das Präsidium sein.
  5. Der Hochschulrat ist an der Wahl und Abwahl der Mitglieder des Präsidiums beteiligt (Initiativrecht oder Bestätigung).
  6. Die nähere Aufgabenbeschreibung wird zwischen Hochschule und dem zuständigen Ministerium auf gesetzlicher Grundlage einvernehmlich geregelt.