Zur Organisation des Promotionsstudiums


Entschließung des 199. Plenums vom 17./18. Februar 2003


A. Anlass


Zur Organisation des Promotionsstudiums hat sich die HRK mit der Plenarentschließung "Zum Promotionsstudium" vom 9.7.1996 ausführlich geäußert. Darin wird für geeignete Fächer u.a. die Einführung von 'Zentren für Doktorandenstudien' in Ausweitung der mit den 'Graduiertenkollegs' gemachten positiven Erfahrungen empfohlen. Die Kernpunkte dieser Stellungnahme haben grundsätzlich weiterhin Gültigkeit; insoweit werden sie bekräftigt und unter Berücksichtigung der seither eingetretenen Entwicklungen unten um "Prüfpunkte" an die Adresse der Universitäten und Länder ergänzt.


Der Wissenschaftsrat hat im November 2002 Empfehlungen zur Doktorandenausbildung verabschiedet, in denen die zentralen Anliegen der HRK aufgegriffen und ausgearbeitet sowie aktuelle statistische Informationen bereitgestellt werden. Auf wesentliche Empfehlungen des Wissenschaftsrates wird im folgenden teils mittelbar teils unmittelbar eingegangen.


Beide Empfehlungen vermitteln Anregungen für eigenverantwortete Maßnahmen in den Universitäten und wichtige Appelle an die Politik von Bund und Ländern, um die hohe Anerkennung, die ein in Deutschland erworbener Doktorgrad besitzt, auf Dauer zu erhalten oder auszubauen. Als direkte, generalisierbare Organisationsempfehlungen für alle Arten von Promotionen werden sie von der HRK nicht verstanden. Die HRK unterstreicht die Bedeutung der Arbeit der Doktorandinnen und Doktoranden für den wissenschaftlichen Fortschritt und den wirtschaftlichen Wohlstand, uns sie gibt zu bedenken, dass diese Leistung der Doktoranden finanziell zu gering vergütet wird.


I. Wissenschaftspolitische Entwicklungen der letzten Jahre


Seit Verabschiedung der genannten HRK-Empfehlungen waren die folgenden drei wissenschaftspolitischen Entwicklungslinien zu beobachten:

  1. Die Empfehlungen der HRK von 1996 zur Einführung von Doktorandenstatus und Doktorandenstudien sind inzwischen in das Hochschulrahmengesetz aufgenommen worden. § 21 HRG sieht nunmehr vor, dass Personen, die eine Doktorarbeit anfertigen, als Doktorandinnen oder Doktoranden der Hochschule eingeschrieben werden. Außerdem haben die Hochschulen mit Promotionsrecht den Auftrag, institutionell auf die wissenschaftliche Betreuung ihrer Doktorandinnen und Doktoranden hinzuwirken, den Erwerb von akademischen Schlüsselqualifikationen zu ermöglichen und insbesondere forschungsorientierte Studien anzubieten. Insgesamt steigt die Bedeutung der Promotion für die Erneuerung des Lehrkörpers. Damit erhöht sich die institutionelle Verantwortung der Hochschulen und Fakultäten für eine angemessene Förderung auch der Doktorandinnen und Doktoranden.

  2. Der sich herausbildende "Europäische Hochschulraum" ist charakterisiert durch ein Zusammenwachsen der Forschungsrahmenprogramme der Europäischen Union mit dem sogenannten "Bologna-Prozess". Bei den EU-Forschungsrahmenprogrammen zeichnet sich eine deutliche Tendenz ab, zunehmend mehr Finanzmittel zur Förderung der Doktoranden und deren Mobilität zu reservieren, und zwar über Individualstipendien wie auch über institutionenbezogene Maßnahmen. Eine angemessene Partizipation hierbei wird den deutschen Hochschulen auf Dauer nur gelingen, wenn sie international wahrnehmbare und vernetzte Organisationseinheiten und -formen bereithalten. Der Bologna-Prozess greift, auch unabhängig von finanziellen Fördermaßnahmen, von den ersten beiden Studienphasen zunehmend auf die Promotionsphase als forschungsbezogener Stufe über. Im Wettbewerb um die besten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler unternehmen die Universitäten aber zunehmend auch über Europa hinaus große Anstrengungen (Marketing) zur konkurrenzfähigen und profilbildenden Ausgestaltung ihrer Doktorandenausbildung. In einem dreistufigen und auf individuelle Forschungsqualifikation angelegten Studienmodell kann die zweite Ausbildungsphase systematisch enger mit der ersten Stufe oder mit der dritten Stufe verbunden werden. Weltweit scheint sich das US-Modell der integrierten Graduiertenausbildung, die als solche auf dem College-Abschluss bzw. der ersten Studienphase aufbaut, als eine Variante immer mehr durchzusetzen.

  3. Auf der Basis auch der HRK-Empfehlungen von 1996 und in Übereinstimmung mit den Vorgaben des HRG sind in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen eingeleitet oder schon umgesetzt worden, bei denen in der Regel Fachvertreter die Initiative ergriffen und von Dritten bereitgestellte Förderinstrumente - in Ergänzung zu den von der HRK seinerzeit besonders thematisierten Graduiertenkollegs - genutzt haben. Unbeschadet zahlreicher Einzelinitiativen seien in diesem Zusammenhang exemplarisch genannt: die Landesprogramme in Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, das bundesfinanzierte Programm "Promotion an Hochschulen in Deutschland" (PHD-Programm von DAAD und DFG), die International Max Planck Research Schools an Hochschulen und nicht zuletzt Stipendienprogramme von Stiftungen.

Gleichwohl ist bislang ein noch nicht allzu großer, im einzelnen schwer quantifizierbarer Anteil der promotionswilligen Nachwuchswissenschaftler(innen) in strukturierte Promotionsprogramme eingebunden. Auch ist davon auszugehen, dass ohne eine Strukturierung und Optimierung der Doktorandenausbildung auch und gerade hervorragend qualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler an ausländische Universitäten, oder aus der Forschung ganz abwandern.


II. Defizite in der Doktorandenausbildung und HRK-Vorschläge von 1996


Wenn auch abgeschwächt, so bestehen von der HRK 1996 festgestellte strukturelle Defizite in der Doktorandenausbildung noch fort. Das zentrale Problem der Doktorandenausbildung liegt in einem Mangel an Organisationsformen - und einem Mangel an Ressourcen für den Aufbau entsprechender Einheiten -, mit denen für die Zukunft die besten Nachwuchswissenschaftler(innen) für eine Promotion an deutschen Universitäten gewonnen werden können. In der Diskussion über Verbesserungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten in der Doktorandenausbildung wird - zumal von ausländischer Seite - das deutsche Modell häufig als 'Lehrlingsmodell' bezeichnet (und abgewertet), in welchem die Funktionen der Auswahl, Zulassung, Betreuung und Prüfung zu eng verbunden oder auf intransparente, oder gar inadäquate, Weise organisiert seien.


Hinzu kommt häufig die Funktion des Vorgesetzten bzw. Untergeordneten in einem Beschäftigungsverhältnis, das nicht immer im Wettbewerb und unter Berücksichtigung des Qualifikationsaspekts ausgeschrieben werde. Deshalb, aber auch weil die zweite Ausbildungsphase hierzulande hauptsächlich unter Bezug auf die Reform des traditionellen Grund- und Hauptstudiums, und zu wenig mit Blick auf die Förderung der individuellen Forschungsqualifikation, ausgestaltet wird, fällt die Einbeziehung gerade der besten ausländischen Graduierten in den Ausbildungsbetrieb deutscher Universitäten nach dem ersten Studienabschnitt vergleichsweise schwer. Nicht zuletzt in dieser Hinsicht werden sich die deutschen Universitäten im internationalen Wettbewerb noch besser aufzustellen haben.


Zur Beseitigung der strukturellen Defizite nahm die Hochschulrektorenkonferenz mit der Entschließung "Zum Promotionsstudium" vom Juli 1996 ausführlich Stellung und empfahl die Einführung von 'Doktorandenstudien'. Ungeachtet der inzwischen eingetretenen Entwicklungen und der zumal vom Wissenschaftsrat weitergeführten Vorschläge, bildet jene Stellungnahme auch heute noch eine wichtige Quelle für konstruktive Maßnahmen (von der Empfehlung zur wettbewerblich organisierten Auswahl der Doktoranden bis zur Empfehlung zur Promotionsprüfung als Disputation).


In der Entschließung heißt es summarisch: "Die forschungsbezogene Ausbildung von Doktoranden aufgrund einer kompetitiven Zulassung in Zentren für Doktorandenstudien bringt nicht nur den Doktoranden Vorteile einer intensiven interdisziplinären und zeitlich berechenbaren Betreuung. Sie bietet auch strukturelle Vorteile für die Universitäten und ihre Fakultäten/Fachbereiche, indem hochqualifizierte junge Wissenschaftler in einem transparenten Verfahren gewonnen und dadurch international wettbewerbsfähige, profilbildende Schwerpunkte in Forschung und Nachwuchsförderung gegründet oder gestärkt werden können."


Nach Maßgabe der verfügbaren Grundausstattung dürfen (Dritt-)Mittelgeber erwarten, dass die von ihnen für Zwecke der Doktorandenförderung bzw. Graduiertenförderung bereitgestellten Mittel heutzutage überwiegend in hinreichend organisierte und erkennbare Hochschulstrukturen gehen, innerhalb derer die jeweiligen Fördermaßnahmen (u.a.a. Graduiertenkollegs) ihren systematischen Platz im Ausbildungsprofil der Hochschule finden. Damit werden individuelle, auch externe Wege zur Promotion aber nicht ausgeschlossen.


B. Prüfpunkte


Mit Blick auf die Optimierung des Promotionswesens in Deutschland besteht zwischen den Beteiligten in vielen Fragen eine große Übereinstimmung. Die Universitäten werden mögliche Lösungswege unter dem Aspekt der Profilbildung institutionell eigenverantwortlich angehen. Die Hochschulleitungen werden dabei gemeinsam mit den Fakultäten bzw. Fachbereichen an einschlägigen Konzepte arbeiten. Die HRK geht davon aus, dass auch die Fakultätentage und Fachgesellschaften mit Vorschlägen auf die Hochschulleitungen zugehen.


Die Promotion bestätigt eine individuelle Qualifikation. Das Promotionsrecht als zentrales Alleinstellungsmerkmal der Universitäten impliziert eine über alle Fächer geltende institutionelle Verantwortung für die Qualifizierung der Doktoranden. Die HRK hat 1996 festgestellt: "Dementsprechend ist es Aufgabe der Universitäten, ihrer Fakultäten/Fachbereiche und damit ihrer Professoren, die wissenschaftliche Selbständigkeit der Doktoranden aktiv und unmittelbar zu fördern. Dies bedeutet Vermittlung und Erwerb einer wissenschaftlichen Kompetenz, die der Beschleunigung des wissenschaftlichen Fortschritts und auch der zunehmenden Interaktion zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit angemessen sein muss. Erforderlich ist die Herausbildung einer fortdauernd wirksamen Fähigkeit, schnell wechselnde Themenstellungen und ständig komplexer werdende Fragestellungen fachübergreifend zu definieren und mit adäquater Methodik zu bearbeiten.


Die Befähigung der Doktoranden zur selbständigen wissenschaftlichen Arbeit ist daher über die Erstellung der Dissertation hinaus wesentliches Ziel einer Promotion. Die Dissertation als unverzichtbarer Nachweis eigenständiger Forschungsleistung bleibt Kernstück der Promotion." Der Wissenschaftsrat formuliert das 'Qualifikationsprofil von Promovierten' im Jahr 2002 mit den Begriffen: Vermittlungskompetenz, interdisziplinäre Bearbeitung eines Forschungsthemas, Projektmanagementfähigkeit, Mitarbeiterführung, internationale Forschungskooperation, berufsfeldrelevante Schlüsselqualifikationen.


Um dieses Ziel weiterhin zu gewährleisten, werden Universitäten und ihre Fakultäten bzw. Fachbereiche bei der autonomen Umsetzung weiterer Maßnahmen insbesondere die folgenden sechs Prüfpunkte, die auch die Politik betreffen, in den Blick nehmen.


1. Feste Strukturen


Die institutionelle Verantwortung bei der Doktorandenausbildung gilt für alle Fächer und bezieht sich allgemein auf das Erreichen eines angemessenen Qualifikationsprofils, das jede Fakultät und somit auch jede Universität unter Einsatz ihrer Reputation mit dem Doktorgrad bestätigt.


Die jeweils optimale Vermittlungsform indes richtet sich einerseits nach wissenschaftlicher Thematik und Fachkultur und andererseits nach Anspruch bzw. Kompetenz der Betreuer und ihrer Doktoranden sowie Qualität bzw. Akzeptanz des im globalen Markt angestrebten Qualifikationsniveaus. Die dem Qualifikationsprofil angemessene Ausbildung der Doktoranden kann dementsprechend durch unterschiedliche Ausbildungsschwerpunkte erreicht werden, im einen Falle eher durch individuelle Mitwirkung an größeren Projekten im Sinne eines Berufs(einstiegs) - also in vertretbarem Maße auch über das Erlernen der erforderlichen Dienstleistungskompetenz -, im anderen Falle durch die individuelle Durchdringung eines Forschungsfeldes, in beiden Fällen aber ergänzt durch zusätzliche fachübergreifende Lernprogramme.


Entscheidend im Wettbewerb ist primär, dass die Verantwortung für die Ausbildung transparent und überindividuell geregelt ist, institutionell verlässlich wahrgenommen und nach außen dokumentiert wird. Die institutionelle Verantwortung bezieht sich auf alle Personen, die den Doktorandenstatus besitzen; und sie bezieht sich insbesondere auf die Dauer, die bis zur Feststellung der geforderten Qualifikation vergeht. Für eine Promotion sollte regelmäßig ein Zeitraum von ca. drei Jahren vorgesehen werden.


Für diese Zwecke können in Ergänzung zu den Instituten oder Fakultäten feste Organisationseinheiten grundsätzlich hilfreich sein. Von diesen wird verantwortet:

  • kompetitive Auswahl der (in- und ausländischen) Doktoranden nach festgelegten Kriterien;

  • Betreuung und Begleitung der Doktoranden durch mehrere erfahrene Wissenschaftler, ggf. aus mehreren Wissensgebieten ('Mehr-Fach-Betreuung');

  • Zwischenbewertungen des Fortschritts der Ausbildung und der Dissertation (besonders bei Doktoranden, die nicht über Stellen eingebunden sind);

  • Einhaltung der Ausbildungsfristen seitens der Hochschule (besonders bei Doktoranden, die nicht über ohnehin befristete Stipendien finanziert sind);

  • themenzentrierte Ausbildung, die breiter ist als das Thema der Dissertation, zur Abrundung der individuellen Qualifikation und institutionellen Einbindung aller Personen mit Doktorandenstatus;

  • ggf. Einbeziehung fakultätsferner Prüfer.

Einen guten Ansatzpunkt für den Aufbau international agierender Einheiten bilden Sonderforschungsbereiche oder andere schon vorhandene Schwerpunkte, in denen sorgfältig ausgesuchte Nachwuchswissenschaftler mitwirken (sollen).


2. Graduiertenschulen


Eine umfassend angelegte und hochkompetitive Variante fester Organisationseinheiten bilden 'Graduate Schools', in denen auch schon an die erste Ausbildungsphase angeknüpft werden kann. Insoweit sind sie in Deutschland (noch) nicht für alle Fächer gleichermaßen geeignet. Andererseits weist die integrierte Graduiertenausbildung eine Reihe von Vorzügen auf, so dass sie erprobt werden kann.


Der Gefahr, durch zusätzliche Lernprogramme für Doktoranden deren Ausbildungszeit in bester Absicht ungewollt zu verlängern, begegnet die Graduate School durch den frühen Beginn der Förderung begabter Nachwuchswissenschaftler(innen) mittels stark forschungsbezogener Lerninhalte, die im Laufe der Ausbildung an Spezialisierungsgrad zunehmen, an zeitlichem Umfang indes abnehmen.


Graduate Schools sind mit den meisten ausländischen Ausbildungssystemen kompatibel und erlauben die Einbeziehung hochqualifizierter ausländischer Graduierter. Graduiertenschulen erleichtern durch ihr Ausbildungskonzept die Zulassung von inländischen und ausländischen Absolventen mit unterschiedlicher inhaltlicher Vorbildung. Dadurch erleichtern sie vor allem einen interdisziplinären systematischen Ansatz zur Bearbeitung eines größeren Themenfeldes.


Auch Graduierte mit höherem Studienabschluss müssen grundsätzlich in das Ausbildungsprogramm für Doktoranden integriert werden können. Die Universitäten setzen die Bedingungen für die Übergänge zwischen den drei Ausbildungsstufen jeweils autonom fest, und sie entwickeln auch damit ihr Profil als Forschungseinrichtungen.


3. Qualitätsmanagement


Je forschungsintensiver sich eine Universität profiliert, desto bedeutsamer wird es für sie sein, unabhängig von den einzelnen fachlichen Lehr- und Forschungsaktivitäten zumindest für eine Koordinierung der einzelnen fachorientierten Maßnahmen in der Doktoranden- oder Graduiertenausbildung zu sorgen und eine angemessene Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Hierfür empfiehlt es sich, ausgewiesene Persönlichkeiten oder kompetent zusammengesetzte Gremien mit entsprechenden Aufgaben zu betrauen und sie damit als Teil der, oder nahe bei der, Hochschulleitung zu installieren.


Aktives Qualitätsmanagement erhöht die Wettbewerbsfähigkeit und sichert den optimalen Einsatz der Ressourcen. Die Akkreditierung als Sicherung von Mindeststandards ist in der global orientierten forschungsbezogenen Ausbildung im Einzelfall diskussionswürdig; hingegen sind Evaluierungsmaßnahmen zur permanenten Optimierung von Forschung und Lehre unverzichtbar.


Die Zusammenarbeit mit Begabtenförderungswerken ist besonders geeignet, den Aufbau der gewünschten Strukturen zu erleichtern und das angestrebte Qualifikationsniveau zu wahren. Zwischen Aufnahme als Doktorand und Vergabe des Stipendiums lässt sich generell ein zielführender Konnex herstellen.


Qualitätssicherung beinhaltet unbedingt und als Minimalforderung die Einhaltung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis. Jede Hochschule trägt dafür Sorge, dass diese Regeln über die Fakultäten vor dem Beginn einer Dissertation vermittelt wurden und dass auch geeignete Maßnahmen zum Umgang mit möglichem wissenschaftlichem Fehlverhalten etabliert sind.


4. Externe Promotion und Kooperation mit externen Forschungseinrichtungen


Unbeschadet der dringenden Notwendigkeit zur stärkeren Strukturierung der Promotionsphase als einer Ausbildungsphase gilt, dass mit der Verleihung des Doktorgrades von einer Fakultät eine bestimmte Qualifikation festgestellt wird. Es ist Angelegenheit der Fakultät zu entscheiden, unter welchen Bedingungen und Risiken für ihre Reputation, sie eine Promotion vornimmt. Deshalb ist jede Fakultät frei, auch Promotionsverfahren bei Kandidaten einzuleiten, die nicht - oder nur ein Stück weit - in das eigene Ausbildungsprogramm eingebunden waren.


Der Regelfall 'externer Promotionen' betrifft Doktoranden, die große Teile ihrer Dissertation an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung fertigen und dementsprechend dort einen Teil ihrer Ausbildung erhalten. Auch in diesem Zusammenhang - und im Sinne der Ergebnisse der jüngsten Systemevaluation der deutschen Forschungslandschaft - kann das Modell der 'research universities' der USA Vorbildfunktion einnehmen, insoweit dort vielfach die einzelnen Hochschulen mit nichthochschulischen Partnern profilbildend strategische Allianzen bilden (teilweise auf dem eigenen Campus) und diese unter Dach und Namen der Universität als Kompetenzzentren mit starker internationaler Anziehungskraft etablieren.


Die anstehende verstärkte Strukturierung der Doktorandenausbildung, vor allem über das Modell der Graduate Schools, kann dazu genutzt werden, die im internationalen Vergleich feststellbare Aufsplitterung der Forschungsaktivitäten hierzulande aufzufangen, indem Ressourcen gebündelt und enge strategische Allianzen zur Förderung der Ausbildungsqualität wie der Forschungskraft gebildet werden. Zumal mit den verschieden Formen von International Max Planck Research Schools und Forschergruppen sind erste positive Erfahrungen gemacht worden. Die Universitäten werden mit der Max Planck Gesellschaft und ihren Instituten nach Möglichkeiten suchen, diese Form der Kooperation auszubauen und auch als Marketinginstrument der Hochschule einzusetzen.


5. Besetzung von Stellen


Um speziell auch promovierende wissenschaftliche Mitarbeiter in das jeweilige Ausbildungsprogramm einzubinden, empfiehlt der Wissenschaftsrat, die Besetzung von Doktorandenstellen künftig mit der vorangehenden Aufnahme des Doktoranden in ein 'Promotionskolleg' (als der festen Organisationseinheit) zu verknüpfen.


"Langfristig sollte auch erwogen werden, Planstellen für wissenschaftliche Mitarbeiter überwiegend an diejenigen Hochschullehrer zu vergeben, die durch wissenschaftliche Exzellenz und Engagement in der Nachwuchsförderung - nicht zuletzt in Promotionskollegs - ausgewiesen sind. Dass eine leistungsbezogene Umverteilung von Qualifizierungsstellen unter den Professoren zu Ungleichgewichten in der Stellenausstattung führen kann, wäre dabei eine akzeptierte Konsequenz."


Diese Empfehlung, obschon nicht für alle Fächerkulturen gleich geeignet, verdient als zielgerichtete praktische Maßnahme zur Erfüllung des institutionellen Auftrags der Hochschulen die Beachtung der Universitätsgremien.


6. Finanzen


Die Umsetzung der HRK-Empfehlungen von 1996 ist nicht zuletzt wegen fehlender Finanzmittel noch nicht in der gewünschten Breite erfolgt. Der Wissenschaftsrat stellt in seinen "Empfehlungen zur Doktorandenausbildung" von 2002 fest: "Die vorliegenden Empfehlungen folgen dem Gedanken, dass im Gegenzug für dokumentierte Leistungssteigerungen zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden sollten. Investitionen in die Doktorandenausbildung sind dabei besonders lohnend, da mit einem begrenzten Mittelaufwand viele positive Veränderungen ermöglicht werden können."


Leistungssteigerungen und Kostensteigerungen betreffen vorwiegend zusätzliche Lehrangebote dort, wo fachübergreifendes Lernen der Doktoranden strukturell ausgestaltet ist. Es ist den Universitäten nur dann möglich, für Doktoranden einen international wettbewerbsfähigen forschungsbezogenen Lehrbetrieb zu organisieren, wenn die dort geleistete Lehre auf das Lehrdeputat angerechnet - oder zusätzlich finanziert - wird.


inen besonderen Kostenfaktor bilden Stipendien für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aus dem Inland, aber vor allem auch aus dem Ausland, weil es über Stipendien regelmäßig einfacher ist, kurzfristig junge Spitzenkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. "Beschäftigungsverhältnisse können nach Auffassung des Wissenschaftsrates nur dann ihre Qualifizierungsfunktion erfüllen, wenn die für eine erfolgreiche Durchführung des Promotionsvorhabens erforderliche Ausstattung an Sach- und Reisemitteln gewährleistet ist. Der Wissenschaftsrat appelliert an Länder und Hochschulen, dem Leistungs- und Qualitätsbezug bei der Vergabe von Promotionsstellen durch eine angemessene Ausstattung der Stellen und der Promotionskollegs Rechnung zu tragen."


Kosten entstehen auch durch den Aufbau und Erhalt der administrativen und räumlichen Infrastruktur organisatorischer Einheiten, zumal derjenigen, die als Zentrum oder Dach mehrerer Kollegs fungieren. Indes entstehen auch für jedes einzelne Kolleg Kosten insbesondere für internationale Ausschreibungen und Auswahlverfahren wie auch für intensive Betreuung auf hohem Niveau.


Eine Kostenersparnis kann sich, zumal beim Modell der Graduiertenschulen, dadurch ergeben, dass Doktoranden vergütete Lehraufgaben übernehmen, soweit dies mit dem Qualifikationsziel ('Wissenschaft als Beruf') verträglich ist.


Jedoch erhöhen sich die Kosten für die Gesamtheit der Maßnahmen in dem Maße, wie die Verstärkung des Qualifizierungsaspekts in der Promotionsphase den Umfang kostengünstiger Dienstleistungen der Doktoranden einschränkt und folglich diese Dienstleistungen, da sie regelmäßig unentbehrlich für die Aufgabenerfüllung der Fakultät oder Hochschule sind, nach fairen Preisen bezahlt werden müssen.


Diejenigen Hochschulsysteme werden die besten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler gewinnen, welche diesen sowohl wissenschaftlich als auch wirtschaftlich die besten Angebote machen.