„Ein Tag nur für Neugierige“

Untersuchung einer Probe im Rahmen des Bamberger Denkmalpflegeworkshops.
Untersuchung einer Probe im Rahmen des
Bamberger Denkmalpflegeworkshops.
© Benjamin Herges/Universität Bamberg

Die Denkmalwissenschaften sind High-Tech-Disziplinen – und in Bamberg zeigten die Forscher jetzt öffentlich, was sie auf Baustellen hinter verschlossener Tür eigentlich so machen.

Die Szenen in Bambergs Altstadt kennt Paul Bellendorf inzwischen: Mit seinen Studierenden ist er öfters da, sie bauen sich vor dem imposanten Dom auf oder vor einer Klosteranlage und packen ihre 3D-Scanner aus. High-Tech ist das, mit der sie die Fassade exakt vermessen – so, wie es in den Restaurierungswissenschaften eben üblich ist. „Da kommen regelmäßig Passanten vorbei und fragen neugierig, was wir eigentlich machen“, erzählt Bellendorf. „Aber wir sind während dieser Arbeiten häufig so beschäftigt, dass wir das in der aktuellen Situation nicht näher erklären können.“ Genau an dieser Stelle setzten sie jetzt bei den Kleine Fächer-Wochen an: Die Forscher luden alle Interessenten ein, ihnen über die Schulter zu schauen.

Es ist ein hochspezialisiertes Cluster, zu dem sich an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg vier Kleine Fächer aus dem Bereich der Denkmalwissenschaften zusammengeschlossen haben: Paul Bellendorf als Restaurierungswissenschaftler ist dabei, hinzu kommen seine Kolleginnen und Kollegen aus der Denkmalpflege, aus den Digitalen Denkmaltechnologien sowie aus dem Bereich Bauforschung und Bauerhaltung. Dieses Cluster, das neben Geisteswissenschaftlern auch aus Ingenieur- und Naturwissenschaftlern besteht, ist organisatorisch der geisteswissenschaftlichen Fakultät zugeordnet. Die Interdisziplinarität  ist den Denkmalwissenschaften in die Wiege gelegt.

„Hands on – Bambergs Forschung live“ haben die Organisatoren die Veranstaltungsreihe im Rahmen der Kleine Fächer-Wochen überschrieben, in der sich auch die Denkmalwissenschaftler präsentierten. An zwei Samstagen stellten sie sich in der Aula der Universität vor – „unsere Aula ist die frühere Bamberger Dominikanerkirche voller Wandmalereien und mit einem großartigen Baukörper, vor ein paar Jahren erst instand gesetzt“, sagt Paul Bellendorf. In dieser für die beteiligten Fächer so symbolträchtigen Umgebung bauten sie ihr Equipment auf: Die 3D-Scanner, dazu Drohnen, mit denen üblicherweise Stellen an Bauwerken dokumentiert werden, wo man per Gerüst oder Kran nicht hinkommt. Dann Geräte zur Infrarot-Thermographie, mit der man quasi in die Wände schauen kann, ob dort etwa Türen und Fenster zugemauert wurden. Und natürlich Mikroskope, die für Restaurierungswissenschaftler eine wichtige Rolle spielen – „bei uns gibt es regelmäßig naturwissenschaftliche Laborkurse“, sagt Paul Bellendorf. In ihnen werden Proben zum Beispiel auf Farbpigmente und Bindemittel hin untersucht, um Aussagen über eine frühere farbliche Gestaltung von Wandflächen treffen zu können.

Die Veranstaltung in der Uni-Aula haben die Bamberger bewusst offen angelegt: Statt Vorträgen gab es Infotische, statt Rednern auf dem Podium jede Menge Ansprechpartner für neugierige Fragen. „Wir wollten die Aktion so niederschwellig wie nur möglich halten“, sagt Bellendorf – und das Konzept ging auf: Von Studierenden aus den niedrigen Semestern, die im Studium noch sehr theoretisch arbeiten und sich schon einmal informieren wollten, womit sie dann in den nächsten Jahren in Kontakt kommen werden, über Eltern mit wissbegierigen Kindern bis hin zu interessierten Bambergerinnen und Bambergern waren etliche Zielgruppen dabei. „Wir haben den Vorteil, dass wir es in den Denkmalwissenschaften immer mit schönen Objekten zu tun haben, die natürlich dankbar sind für die Vermittlung“, so Bellendorf. In diesem Sinne beteiligte er sich mit seinen Kolleginnen und Kollegen auch am „Marktplatz der Kleinen Fächer“, bei dem sich zahlreiche Disziplinen präsentierten – und zwar zugeschnitten speziell auf angehende Abiturientinnen und Abiturienten, die auf der Suche nach einem passenden Studienangebot sind.

Wenn Paul Bellendorf mit seinen Studierenden das nächste Mal vor dem Bamberger Dom steht und die Gruppe mit ihren 3D-Scannern arbeitet, werden einige der Passanten schon wissen, was genau sie da anstellen – und vielleicht sogar ein wenig stolz sein auf die Kleinen Fächer aus den Denkmalwissenschaften, die es in dieser Kombination nirgendwo anders gibt als hier in Bamberg.

Text von Kilian Kirchgeßner.