EU-Konsultation zur EU 2020-Strategie


Stellungnahme der 17. HRK-Mitgliederversammlung am 7.11.2014

Europa tritt auf der Stelle – Die budgetären Prioritäten ändern

Die grundsätzliche Feststellung der EU 2020-Strategie, dass Innovationen der Rohstoff Europas sein müssen, um die europäische Wirtschaft zukunftsfest zu machen, ist richtig. Die Europäische Union sollte auch weiterhin das Ziel verfolgen, die Rahmenbedingungen für die Akteure von Forschung und Innovation – wie die Hochschulen – zu verbessern. Jedoch müssen die 2010 vorgeschlagenen Maßnahmen der Innovationsunion und deren Umsetzung kritisch hinterfragt werden, denn sichtbare Resultate sind bisher ausgeblieben.

Es ist bereits absehbar, dass Europa zentrale Ziele der EU 2020 Strategie, wie das sogenannte 3%-Ziel, verfehlen wird – auch wenn einzelne Mitgliedstaaten wie Deutschland hier gut abschneiden. Zwar ist Europa laut Strategie der Bundesregierung zum Europäischen Forschungsraum (2014) mit einem Anteil von knapp einem Drittel an der weltweiten Wissensproduktion noch immer gut gerüstet, um seine Zukunftsfähigkeit als „Kontinent der Ideen“ zu wahren. Doch während Asien seine Investitionen in Forschung und Innovation nach aktuellen Schätzungen der deutschen Bundesregierung rasant steigert (2012: 561 Mrd. USD; 2014: 632 Mrd. USD) stagnieren die Ausgaben in Europa (2012: 350 Mrd. USD; 2014: 351 Mrd. USD).

Die erste Handlungspriorität der „Innovationsunion“, auch in haushaltspolitisch schwierigen Zeiten weiter in Bildung, Forschung, Entwicklung und Innovation zu investieren, wurde bis auf wenige Ausnahmen wie in  Deutschland nicht umgesetzt.

Die ambitionierten budgetären Ziele von EU-Kommission (80 Milliarden Euro) und EU-Parlament (100 Milliarden Euro) für das Forschungsrahmenprogramm Horizont 2020 (2014-2020) wurden nicht erreicht, sondern es wurde eine Summe von lediglich 68 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. In Anbetracht der Tatsache, dass mit diesen Geldern auch Programme finanziert werden, die vorher nicht Teil des Forschungsrahmenprogramms waren, kann dieses Ergebnis nur als ein Inflationsausgleich gegenüber dem vorhergehenden 7. Forschungsrahmenprogramm (2007-2013) angesehen werden. 

Noch immer gibt die EU mehr als fünf Mal so viel Geld für die europäische Landwirtschaft aus als für Forschung und Innovation.

Für das Jahr 2015 haben die Mitgliedstaaten im EU-Rat vorgeschlagen, die Zahlungsverpflichtungen für Forschung um eine Milliarde Euro zu kürzen, während es bei den Landwirtschaftssubventionen praktisch keine Kürzungen geben soll. Bei der Konsolidierung der Haushalte in den EU-Krisenstaaten wurde besonders stark in den Bereichen Bildung und Forschung gespart. Dabei wären gerade Investitionen in Bildung, Forschung und Innovation mittelfristig die besten Mittel zur Haushaltskonsolidierung, weil sie zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum beitragen und durch Innovation Arbeitsplätze schaffen.

Die budgetären Prioritäten sind falsch gesetzt. Eine Umsetzung der in der Innovationsunion angekündigten Maßnahmen ist nur mit den entsprechenden Mitteln zu erreichen. Die HRK fordert deshalb, den politischen Zielsetzungen und Ankündigungen finanzpolitische Taten folgen zu lassen.

Der Europäische Forschungsraum - Vielfalt als Stärke begreifen
Die „Innovationsunion“ nimmt zahlreiche Bezüge auf die Ziele des europäischen Forschungsraums. Generell begrüßt die HRK den Prozess und die fünf Prioritäten des Europäischen Forschungsraums: effektivere nationale Forschungssysteme, optimale transnationale Kooperation und Wettbewerb, ein offener Arbeitsmarkt für Forschende, Geschlechtergleichstellung in der Forschung und optimale Zirkulation von Wissen.

Die HRK betont in diesem Zusammenhang, dass die Vielfalt der Wissenschaftssysteme eine Stärke Europas und keine Schwäche ist und dass der Europäische Forschungsraum darauf aufbauen sollte. Hier sollte die EU-Kommission in Zukunft die unterschiedlichen europäischen Lösungsansätze genauer analysieren, gruppieren und präsentieren. Die so gewonnene Transparenz in der Vielfalt ließe sich für die erfolgreiche und europäisch abgestimmte Weiterentwicklung der nationalen Systeme nutzen. In der Verbreitung von bestehenden Erfolgsmodellen sehen wir eine wichtige Rolle der EU, um innovationsschwache Mitgliedstaaten bei der Stärkung ihrer Wissenschaftssysteme zu unterstützen.

Harmonisierende gesetzliche Maßnahmen auf europäischer Ebene hält die HRK nicht für sinnvoll. Für die deutschen Hochschulen erscheint die Nationale Strategie der Bundesregierung zum Europäischen Forschungsraum und die Bündelung solcher Strategien auf europäischer Ebene, wie jetzt politisch beschlossen, als der am besten geeignete Weg, um das deutsche Wissenschaftssystem in einem gemeinsamen Europäischen Forschungsraum weiterzuentwickeln.

Der Europäische Forschungsraum - Vielfalt als Stärke begreifen
Die „Innovationsunion“ nimmt zahlreiche Bezüge auf die Ziele des europäischen Forschungsraums. Generell begrüßt die HRK den Prozess und die fünf Prioritäten des Europäischen Forschungsraums: effektivere nationale Forschungssysteme, optimale transnationale Kooperation und Wettbewerb, ein offener Arbeitsmarkt für Forschende, Geschlechtergleichstellung in der Forschung und optimale Zirkulation von Wissen.

Die HRK betont in diesem Zusammenhang, dass die Vielfalt der Wissenschaftssysteme eine Stärke Europas und keine Schwäche ist und dass der Europäische Forschungsraum darauf aufbauen sollte. Hier sollte die EU-Kommission in Zukunft die unterschiedlichen europäischen Lösungsansätze genauer analysieren, gruppieren und präsentieren. Die so gewonnene Transparenz in der Vielfalt ließe sich für die erfolgreiche und europäisch abgestimmte Weiterentwicklung der nationalen Systeme nutzen. In der Verbreitung von bestehenden Erfolgsmodellen sehen wir eine wichtige Rolle der EU, um innovationsschwache Mitgliedstaaten bei der Stärkung ihrer Wissenschaftssysteme zu unterstützen.

Harmonisierende gesetzliche Maßnahmen auf europäischer Ebene hält die HRK nicht für sinnvoll. Für die deutschen Hochschulen erscheint die Nationale Strategie der Bundesregierung zum Europäischen Forschungsraum und die Bündelung solcher Strategien auf europäischer Ebene, wie jetzt politisch beschlossen, als der am besten geeignete Weg, um das deutsche Wissenschaftssystem in einem gemeinsamen Europäischen Forschungsraum weiterzuentwickeln.

Die 3-Prozent-Zielmarke höher setzen und flexibilisieren
In Deutschland wurde das 3%-Ziel von Investitionen in Forschung und Innovation am Anteil des Brutto-Inland-Produktes bereits erreicht, während in anderen Mitgliedstaaten ein Erreichen dieser Zielmarke bis 2020 nicht zu erwarten ist. Um die dynamische Entwicklung in Deutschland zu erhalten und andere Mitgliedstaaten nicht zu entmutigen, fordert die HRK, das 3%-Ziel zukünftig flexibler zu formulieren, damit erfolgreiche Länder weitere politische und finanzielle Anreize zu Investitionen in Forschung und Innovation erhalten. Die neue Zielmarke könnte eine Steigerung der Ausgaben in Forschung und Innovation bis 2020 um 0,5% des Gesamt-BIP gegenüber dem Wert des Jahres 2015 sein. Das würde für Deutschland eine Zielmarke von 3,5 Prozent bis zum Jahre 2020 bedeuten.

Daten sorgfältiger erheben und Leistungsindikatoren ständig überprüfen
Prof. Ann Glover, „Chief Scientific Advisor“ des ehemaligen Kommissionspräsidenten Barroso, warf Ende Mai dieses Jahres der Kommission vor, die Faktenanalyse und Datensammlung häufiger dem „politischen Imperativ“ unterzuordnen. Die Prozesse der Faktenanalyse und der politischen Gestaltung müssten unbedingt administrativ sauber voneinander getrennt werden.
Bei der Erhebung von Daten und der Definition von Leistungsindikatoren sollten größte Sorgfalt und Vorsicht an den Tag gelegt werden, um politische Fehlinterpretationen und -steuerungen zu vermeiden. Die Erfahrungen der deutschen Hochschulen mit dem ERA-Survey 2013 und 2014 haben gezeigt, dass wir bessere Analysemethoden brauchen, um die unterschiedlichen Bedingungen in den Mitgliedstaaten tatsächlich abzubilden.

Regionalspezifische Innovationsstrategien unter Einschluss der Hochschulen weiterentwickeln
Die HRK begrüßt, dass die EU-Kommission den Hochschulen und der Wirtschaft durch ihre Mitwirkung bei den sogenannten Smart Specialisation Strategies (Regionalspezifische Innovationsstrategien) eine zentrale Rolle bei der Programmierung der Strukturfondsgelder im Bereich der Innovation zuweisen möchte. Tatsächlich wurden die Hochschulen jedoch in den einzelnen deutschen Ländern und anderen europäischen Regionen in sehr unterschiedlichem Maße in den Prozess einbezogen.

Inzwischen ist die Programmierung der Strukturfondsmittel vielerorts abgeschlossen und für die nächsten sieben Jahre sind die Programme festgeschrieben. Wo die Beteiligung unzureichend war, ist dies kaum mehr zu korrigieren. Die HRK fordert daher, dass zukünftig die Operationellen Programme, ebenso wie das Forschungsrahmenprogramm der EU, in der Mitte der Laufzeit einer Revision unterzogen werden.

Gleichzeitig sollte die EU-Kommission, wie zurzeit angedacht, dann gemeinsam mit der European University Association (EUA) gute Beispiele präsentieren, um erfolgreiche Modelle der Gestaltung von  innovationsorientierten Smart Specialisation Strategies unter Einbeziehung der Hochschulen zu propagieren.

Die Autonomie der Hochschulen stärken
Die „EU 2020“-Strategie stellt die Autonomie der Hochschulen als wichtigen Wert und als Ziel an prominenter Stelle heraus und fordert, dass die europäischen Hochschulen von Überregulierung und Detailmanagement befreit und im Gegenzug voll rechenschaftspflichtig werden. Diese Ziele sind aktueller denn je, doch sind dieser Ankündigung in den letzten fünf Jahren nicht genügend Aktivitäten gefolgt. Die HRK fordert die EU-Kommission deshalb auf, erfolgreiche europäische Modelle der Hochschulautonomie systematisch zu sammeln, auszuwerten, zu gruppieren und als „gute Praxis“ zu präsentieren.

Die zentrale Rolle der Hochschulen im Zentrum des Wissensdreiecks anerkennen
In innovationsstarken Mitgliedstaaten wie Deutschland stehen die Hochschulen als Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung im Zentrum des Wissenschaftsdreiecks von Forschung, Lehre und Innovation. Zahlreiche Hochschulen unterstützen mit ihren Forschungsaktivitäten lokale und regionale Unternehmen, die auf dem Weltmarkt erfolgreich tätig sind. Die Hochschulen forschen gemeinsam mit den Unternehmen in Technologiezentren auf dem Campus oder in Projekten. Viele Studierende sind bereits während des Studiums im Kontakt mit Unternehmen.

Es ist bedauerlich, dass die EU-Kommission diesen Zusammenhang bisher weitgehend ignoriert, auch wenn er in der EU nicht überall Standard ist. Die HRK fordert deshalb, die zentrale Rolle der Hochschulen für Innovationen in Zukunft besser zu würdigen und die Hochschulen als Institutionen in den politischen und organisatorischen Strukturen der Kommission abzubilden. Die EU-Kommission behandelt Hochschulen als Institutionen nur noch im Bildungsbereich. Das wird ihrer Rolle nicht gerecht.

Die Mobilität von Wissenschaftlern durch die bessere Koordinierung der nationalen Zusatzversorgungssysteme erleichtern
Es ist verständlich, dass die EU-Kommission die Übertragbarkeit der zusätzlichen Alterssicherung von Forschern, die einen Teil ihrer Karriere im Ausland verbringen, durch einen europäischen Zusatzrentenfonds für Wissenschaftler („RESAVER“) verbessern möchte. Die HRK weist aber gleichzeitig auf das große Potential hin, das eine bessere Koordinierung der nationalen Zusatzversorgungssysteme zum Nutzen der Wissenschaftler entfalten würde. Hier müssen sich vor allem die nationalen Zusatzversicherungen darauf einigen, die gesammelten Rentenansprüche mobiler Arbeitnehmer nutzerfreundlich zu erfassen und auszuzahlen. Hierfür bedürfen sie der energischen Unterstützung durch die Mitgliedstaaten.

Eine von der EU-Kommission unterstützte bessere Koordinierung der existierenden nationalen Versorgungsträger untereinander würde die Diversität der Zusatzversorgungssysteme in Europa erhalten und zudem schnell mehr Transparenz und eine Vereinfachung der Übertragbarkeit von Zusatzversorgungsansprüchen herstellen.

Die eigenständige Forschungsleistung als europäisches Markenzeichen der Promotionsphase erhalten und stärken

Die EU hat in der Innovationsunion ihr Interesse an einer Erhöhung der Qualität der Promotionsphase zum Ausdruck gebracht. Die deutschen Hochschulen fordern in diesem Zusammenhang, dass bei allen Diskussionen um  Verbesserungen und Anpassungen der Promotionsphase die eigenständigen Forschungsleistung der Promovierenden  den Kern der Promotionsphase darstellt. Diese Forschungsleistung bildet die wissenschaftliche Denk- und Arbeitsweise des Nachwuchswissenschaftlers heraus und stärkt die Kreativität des europäischen Innovationssystem. Europa sollte an diesem Modell der Promotionsphase festhalten

Führende Forscher ohne aufenthaltsrechtliche Hürden nach Europa holen
Die HRK begrüßt das Ziel der Innovationunion, hochqualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten nach Europa zu holen und hier zu halten. Dafür müssen die entsprechenden Regelungen fortlaufend daraufhin überprüft werden, ob sie auch für Forscher aller Karrierestufen attraktiv sind. Promovierende als „first stage researchers“ haben beispielsweise andere Bedürfnisse als bereits etablierte Fachkräfte in MINT-Berufen. Die derzeit verhandelte Zusammenführung der Forscher- und Studierendenrichtlinien in einer „REST-Richtlinie“ darf nach Auffassung der HRK nicht dazu führen, dass die in den Mitgliedsstaaten bereits im Rahmen der EU-Hochqualifiziertenrichtlinie umgesetzten Erleichterungen durch neue, restriktivere Regelungen wieder zunichte gemacht werden.

Die bürokratischen Hürden in Zusammenhang mit dem Forschervisum sollten so gering wie möglich gehalten werden, da dieser Aufenthaltstitel sonst sein Ziel verfehlt und an Attraktivität verliert. Zudem muss darauf geachtet werden, dass parallel existierende Regelungen auf europäischer Ebene, wie zum Beispiel das Forschervisum und die Blaue Karte EU, sich nicht gegenseitig in ihrer Wirkung behindern.